Volltext Seite (XML)
DIE KERAMIK Zuerst wollen wir ganz kurz Material und Technik kennenlernen. Die fertigen, meist glänzenden Gefäße besitzen einen feinen, dünnen Überzug, feine bis mittlere Magerung (teilweise mit Glimmergehalt) und mittelharten Brand. Als Farbe herrscht gelbbraun, teilweise mit grauen bis schwarzgrauen Flecken vor, auch eine leicht braunrote Färbung tritt bisweilen auf. Zur Feststellung der Heimat des Tones müßten Dünnschliffe hergestcllt werden, die ja auch in anderer Beziehung Hinweise geben könnten 231 . Der Gefäßaufbau kann als ziemlich einheitlich be zeichnet werden. Der Boden wurde für sich geformt, darauf ist bisweilen lap penartig das Unterteil bis zum Umbruch aufgesetzt, Schulter und Hals sind aus übereinanderliegenden Ringwülsten gebildet, ein Verfahren, das auch meist für den Aufbau des Unterteils angewendet wurde. Ein klares Beweisstück für den getrennten Aufbau von Boden und Gefäßkörper stellt der Eitopf von Dresden- Ubigau (Tafel 49, 3) dar. Bei diesem Stück ist der Gefäßkörper im wahrsten Sinne des Wortes in den Boden „hineingesetzt“ worden 232 . Am unteren Ende des ein gesetzten Stückes ist noch deutlich ein Fingerabdruck sichtbar. Die Ansatzstelle wurde vom Boden her verstrichen. Auch die Verstrichstellen am Bauchumbruch und am Halsansatz sind sehr oft leicht zu erkennen. Der ringartige Aufbau von Schulter und Oberteil liegt bei Gefäßen mit abgeplatztem Überzug frei. Die Rau- hung der Gefäße 233 geschah durch einen besonderen Schlicküberzug über die ent sprechenden Teile des fertigen und getrockneten Topfes, wofür abgeplatzte Schlick- plättchen und Gefäßstellen, deren Schlickung durch Beschädigungen nach dem Brande und bei der Grabung absprang, deutlich sprechen. Durch einfachen Dau menverstrich, oft auch Verstrich mit den vier Außenfingern der Hand, kam eine gewisse Musterung zustande, ebenso durch „Besenstrich“, d. h. Verstrich oder Auf rauhung mit Zweigbündeln. Die Leisten oder horizontalen Verstärkungsrippen an der größten Bauchweite 234 möchten wir nicht allein auf das Schmuckbedürfnis zurückführen 235 , sondern sehen darin vor allem ein sehr willkommenes Mittel zur Festigung des Gefäßes gerade an seiner gefährdetsten Stelle 236 . Der ganze Aufbau des Gefäßes ging in einzelnen Etappen vor sich, und das Gefäß wurde aus einzelnen Teilen langsam aufgestockt. Henkel und plastische Verzierungen wurden erst nach Fertigstellung des ganzen Gefäßes angebracht. Viele Beobachtungen der Sprünge 231 w. Buttler, Nachr. bl., 9, 1933, S. 186/188; Buttler/Obenauer, Forschungen und Fortschritte, 10, 1934, S. 246/47. 232 Dresden-Übigau, 5. 233 Besonders beim späten eiförmigen Topf, hohen Topf, Doppelkegelunterteil, Terrinenunterteil, Vorratsgefäß. 234 Doppelkegel, hohe Töpfe, ja sogar Kannen und Terrinen. 236 Fast jede Leiste ist irgendwie verziert: Kerben, Fingertupfen, Dellen, dazu gekniffene Leisten. 236 Der Gefäßbauch bzw. der Umbruch ist die Stelle des stärksten Druckes. Wer selbst einmal einen bauchigen Topf formte, wird wissen, welch liebevoller Behandlung gerade dieser weiteste Teil bedarf, und wer einmal die vor dem Brennen gescheiterten Töpfe einer Werkstatt näher besah, hat sicher erkannt, daß diese Ausfallstücke meist an irgendeinem „Bauchleiden“ zugrunde gingen.