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Eine halbe Stunde ostwärts davon steht das Schloß des Ritterguts Burkersdorf (Langburkersdorf) — im Gegensatz zu dem einstmaligen Wehrturme auf dem Ulbersdorfer Burghügel — seltsamerweise in einer ausgehobenen viereckigen Grube mit senkrechten, gemauerten Wänden von 43 m Länge (W—0), 40 m Breite (N—S) und 1,50—2 m Tiefe, die mindestens bis zum Jahre 1902 (s. Meßtischblatt Nr. 69 von 1882 und 1911) mit Wasser gefüllt war, das das Untergeschoß des Gebäudes un mittelbar umspülte. Auch Steche * 10 ) erwähnt 1882, daß der Bau „von Wassergräben umgeben“ sei. Hier gelangt man ebenfalls auf einer gewölbten Steinbrücke, die zu einer etwa 3,50 m hohen Terrasse erweitert worden ist, über den westlichen Schloß graben, in dem ein Paar Rehe gehegt werden, nach dem Portal des Herrenhauses im achteckigen Treppenturme, der sich an die Mitte der Längsseite anlehnt. Eine weitere Brücke aus Holz führt jetzt an der Südseite die Gäste — die Landes versicherungsanstalt Sachsen als Besitzerin des Ritterguts hat das Schloß als Mütter erholungsheim der NSV. eingerichtet — zu behaglichem Aufenthalte in den schattigen Park. Neuerdings ist (wohl zur Fütterung der Rehe) an der Nordostecke ein Zugang in die Grabenanlage geschaffen worden. Als zweite Sicherungsanlage zieht sich ein 135 m langer und 10 m breiter Graben mit einem Wasserstande von etwa 1 m, den der Abfluß eines südostwärts davon gelegenen Teiches speist, der früher auch den Schloßgraben durch eine Röhrenleitung füllte, an der Nordseite des Schloßhofes und -parkes entlang. Langburkersdorf (Ort und Rittergut) wird 1413 als Burgharsdorff 11 ), das ist Dorf des Burkhard, zuerst urkundlich genannt. Die Wasserburgen Polenz und Burkersdorf lagen unmittelbar an der alten, belebten Salz- oder Glasstraße, auf der das unentbehrliche schneeweiße Gewürz von Halle über Leipzig, Wurzen, Oschatz, Boritz an der Elbe, Großenhain, Radeburg, Radeberg, Stolpen, Neustadt, Hainspach, Schluckenau, Rumburg bis nach Prag und die begehrten böhmischen Glaswaren in umgekehrter Richtung befördert wurden und die schon 1483 (bzw. 1436) urkundlich nachzuweisen ist, 7 km (Polenz) bzw. 4 km (Burkersdorf) von der böhmischen Grenze entfernt. Da sie in Kriegszeiten zugleich ein wichtiger Einfalls- und Ausfallsweg der Heere aus Böhmen nach Sachsen und umgekehrt (Prag—Dresden) war, so haben die benachbarten Güter seit dem Dreißigjährigen Kriege eine ähnliche bewegte Geschichte. Durch Truppendurchmärsche, Einquartierungen, in der Nähe aufgeschlagene Feldlager, Lebens- und Futtermittellieferungen, Brandschatzungen, Plünderungen hatten sie beide viel zu erdulden. Am 6. November 1632 brannten Kroaten vom Regimente des berüchtigten Obersten Peter Loßi das Rittergut Polenz, wo sie im Quartier gelegen, beim Abmarsch gänzlich nieder, worüber ein Bericht des damaligen Pächters Zitzner an den Gutsherrn Hans von Ponickau, Amtmann in Torgau, im Archiv ausführlich und anschaulich erzählt. Zwei Tage später legten andere kaiserliche Völker im Rittergute Burkersdorf an vier Stellen Feuer an, das aber durch die Dorfbewohner rechtzeitig gelöscht werden konnte. Im Sieben jährigen Kriege brachten Preußen und Österreicher, die die Straße auf- und abwärts zogen und sich wiederholt Scharmützel in unserm Grenzgebiete lieferten, neue Leiden für die Höfe. Zu Beginn des Bayerischen Erbfolgekrieges marschierte Prinz Heinrich von Preußen in den Tagen vom 28. Juli bis 1. August 1778 mit dem Heere Friedrichs des Großen in Stärke von 80000 Mann auf unserer Verkehrsader nach Böhmen. Während des Befreiungs krieges hielten abwechselnd russische, preußische, französische und österreichische Ein quartierungen vom Beginn des Frühlings bis in den Herbst des Jahres 1813 in ununter brochener Folge an, worüber uns für Burkersdorf in dem Knopfe des Schloßturms auf bewahrte handschriftliche Aufzeichnungen unterrichten. Bekannte Truppenführer nahmen dabei Wohnung in den Herrenhäusern der beiden Rittergüter. So weilte vom 12. bis 16. Mai der russische Oberst Graf Orloff mit seinem Stabe, am 10. September der polnische Fürst 10) R. Steche, Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, H. 1: Amtshauptmannschaft Pirna (Dresden 1882) 43. ll ) A. Meiche a. a. O. (Anm. 1) 21.