Die Bodenfunde gestatten, den Beginn dieser Besiedlung weit hinaufzusetzen, weiter, als das nur mit Hilfe der urkundlichen Quellen möglich sein würde. Als 973 das Bistum Prag gegründet wird, bleibt das Egerland beim Bistum Begensburg. Zwischen 920 und 930 gehört es zum bayrischen Nordgau. Diese Angaben lassen auf bayrische Siedler spätestens für den Anfang des 10. Jahrhunderts schließen. Auf Grund des archäologischen Befundes kommen wir bis in das 9. und 8. Jahrhundert. Franz und Dinklage stützen sich nur auf Donnersdorf und Triesenhof. Durch das Vergleichs stück zu Zauschwitz aus Krachenhausen angeregt, war es mir möglich, dieser Beweis kette noch einige Glieder anzufügen. Bauchige Töpfe nach Zauschwitz-Krachen- hausener Art — nur etwas weniger auffällig ausgebaucht — sah ich in den Museen zu Komotau und Saaz; sie stammen aus Tschern bei Komotau (abgebildet von H. Preidel), Stankowitz und Ferbenz bei Saaz (von Ferbenz leider nur ein Bruch stück erhalten). Die drei Gefäße würden nach den von Dinklage gegebenen Kenn zeichen in das 9. Jahrhundert zu setzen sein. Bayrische Bauern haben sich an scheinend bald auch im übrigen Nordböhmen niedergelassen. Bauchige Töpfe vom Krachenhausener Typus konnte ich noch in den Sammlungen zu Teplitz, Aussig, Leitmeritz a. E. feststellen; sie stammten aus Aussig (Landesamt für Vorgeschichte Teplitz; Museum Aussig-Türmitz) und Leitmeritz (vom Kasernenbau 1887; Museum Leitmeritz), ferner aus Lobositz und Welboth (Museum Teplitz). Für Nordwest-Sachsen werden wir wohl zu einer etwas späteren zeitlichen Ansetzung kommen müssen. Das Zauschwitzer Gefäß ist seiner ganzen Machart nach ohne Zweifel das älteste unter den Stücken der ersten Fundgruppe. Der schräg abgeschnittene Halsrand ist nach Dinklage das typische Kennzeichen der bayrischen Tonware des 9. Jahrhunderts — nach Reinecke (S. 201) kommt er bereits in der provinzialrömischen Zeit Rhätiens vor —, und dementsprechend könnte an sich der Zauschwitzer Fund, ebenso wie die Egerländer Gefäße, unbedenklich in den gleichen Zeitraum gesetzt werden. Aber in eben dieser Zeit ist das Elster-Pleiße- Gebiet noch unbestrittener slawischer Besitz, und es ist kaum anzunehmen, daß sich bayrische Bauern hier unter volksfremder Herrschaft niedergelassen haben sollten. Die Möglichkeit deutscher Siedlung ergibt sich erst nach der Rückeroberung des ostmitteldeutschen Bodens durch König Heinrich I., also nach 9297). Um 950 wird nach E. O. Schulze der Beginn der Germanisierung des Ostens angenommen; mithin wäre frühestens für die 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts die Zuwanderung einzelner oberpfälzischer Bauernfamilien denkbar. In diesen Siedlern hätten wir dann gleichsam die Vorläufer der großen Kolonisationsbewegung seit der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts zu erblicken. Die Witznitzer Gefäße liegen wahr scheinlich etwa 11/2 Jahrhundert später und beweisen durch ihr Dasein sowie durch ihre Zeitstellung, daß die Zauschwitzer Stücke nicht als bloß vereinzelte Zufalls funde angesehen werden können. Die Fundstelle mit dem Brennofen und seiner Ke ramik liegt im Gelände der wüsten Mark Abtsdorf; dieses Dorf ist kurz nach 1100 vom Kloster Pegau angelegt und vermutlich in den Hussitenkriegen verlassen worden. Die beiden Gefäße sind mithin in den Zeitraum zwischen 1100 und 1200 einzuordnen. Wir sehen hier klarer, wenn wir uns im folgenden der zweiten Fund gruppe zuwenden. Innerhalb der zweiten Gruppe kommen für die Betrachtung vor allem die Stücke in Betracht, die K. Tackenberg 1935 in Kleinbardau bei Grimma (Mbl. 44/4842; Abb. 4) ausgegraben hat. Siegehören—wie die WitznitzerTöpfe — zu einem 7) Aus der reichen Literatur zu dieser Frage sei hier nur auf folgende beiden Arbeiten verwiesen: E. O. Schulze, Die Kolonisierung und Germanisierung der Gebiete zwischen Saale und Elbe (1896) 60, 93; R. Kötzschke und H. Kretzschmar, Sächsische Geschichte 1 (1935) 47 f.