Frühdeutsche Tonware des 10.-12. Jahrhunderts n.Z. im nordwestlichen Sachsen Von Johannes Kretzschmar, Leipzig Mit 6 Abbildungen Über die sächsische Keramik des 13. Jahrhunderts besitzen wir heute hin reichende Klarheit. Wir wissen, daß spätestens mit dem Beginn dieses Zeit abschnittes die Behandlung des Tones mit Graphit einsetzt und daß wir kurz nach 1200 die sogenannte „blaugraue“ Tonware annehmen dürfen. Der Etzoldshainer Topf enthielt zahlreiche Brakteaten auch von Herren, die vor 1208 gelebt und ihr Münzrecht ausgeübt haben. Wenn man die Vermutung ausgesprochen hat, daß der Topf nach Ausweis der übrigen Brakteaten um 1230 vergraben worden sei, so wird es sich dabei wahrscheinlich um die letzte Vergrabung gehandelt haben; denn der Topf kann sehr wohl durch mehrere Jahrzehnte hindurch als Sparbüchse benutzt worden sein. Blaugraue Färbung läßt an einzelnen Stellen auch das münzdatierte Kugelgefäß von Poppitz noch erkennen; es enthielt bei der Auffindung neben vielen jüngeren Brakteaten auch zwei ältere Stücke aus den beiden ersten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts, und da es möglicherweise ebenfalls durch längere Zeit hindurch als Sparbüchse gedient hat, so kann eine erste Vergrabung um 1220, die letzte um 1250 angenommen werden 1 ). Außer der Behandlung mit Graphit sind auch andere Kennzeichen feststellbar. Die Gefäße werden bei uns in zunehmendem Maße mit Henkeln versehen; die gehenkelten Töpfe gehen ungefähr in gleicher Zahl neben den henkellosen her, bis dann im 14. Jahrhundert die Anbringung von Henkeln die Regel wird. Weiterhin wird im 13. Jahrhundert der Halsrand mehr ausgestaltet und schärfer profiliert; besonders hervorzuheben sind das Lippenprofil mit Einkehlung an der Innenseite, der schräg nach innen geneigte „Kragen“, der Steilrand mit doppelter Furchung. Völlige Unklarheit herrschte demgegenüber bisher über die Beschaffenheit der in Sachsen vor 1200 liegenden Tonware. Sie kann nicht besonders zahlreich gewesen sein, wie sich aus den Funden schließen läßt, und in Thüringen sowie im Harzgebiet verfügt man ohne Zweifel über wesentlich reicheres Material. In Sachsen schließt sich fast durchweg die blaugraue Keramik unmittelbar an die spätslawische an; das bedeutet also, daß die sorbischen Töpfer seit der Rückeroberung des ostmittel deutschen Volksbodens (929) bis zur Zuwanderung der städtischen Töpferhandwerker aus dem Mutterlande (gegen Ende des 12. Jahrhunderts) in der Hauptsache die 1) Zur blaugrauen Keramik Sachsens im allgemeinen s. J. Kretzschmar, Die Leipziger Keramik im Zeitalter der Ostkolonisation und ihre Beziehungen zum deutschen Mutterland. SachsensVorzeit 1 (1937) 156; 162f.; zu Etzoldshain und Poppitz s. J. Kretzschmar, Münz datierte frühmittelalterliche Gefäße aus dem nordwestlichen Sachsen. Sachsens Vorzeit 3 (1939) 89 ff.