Der angebliche Mendengott Flins. von Leonkard Franz, Leipzig. Mit 8 Abbildungen. Erwin Wienecke hat in seinen „Untersuchungen zur Religion der West slawen" (Leipzig lh^S) gezeigt, daß die mittelalterlichen Berichte über die Religion der alten Slawen auch dann nicht vorbehaltlos hingenonnnen werden dürfen, wenn ibre Verfasser Gelegenheit hatten, slawische Verhältnisse aus eigener An schauung kennenzulernen. Zur Eigenart dieser Berichte gekört das, was Wienecke Interpretativ ecclesiastica nennt: die Berichterstatter haben heidnische Vor stellungen von der christlichen Vorstellungswelt her betrachtet. Das bat u. a. dazu geführt, daß die mittelalterlichen Mönche zur Schilderung des Heidentums Be griffe verwendet haben, die den heidnischen Erscheinungen in keiner weise ent sprechen; die Mönche haben vielfach biblische Vorstellungen in das von ihnen beschriebene slawische Heidentum kineingetragen. Aus christlicher Tendenz erklärt sich die Neigung, die heidnischen Gottheiten als möglichst grauenerregend und zahlreich zu schildern, um dadurch die Verwerflichkeit des Heidentums zu unter streichen und den Sieg des Lkristentums als besonders kerrlich erscheinen zu lassen. Dazu kommt, daß die deutschen Mönche der slawischen Sprache gegenüber mir Schwierigkeiten zu kämpfen Karten, vor allem aber Kat die mittelalterliche Berichterstattung nicht das Bestreben gekabt, objektiv oder gar kritisch zu sein, vielmekr konnte sie sich der im Mittelalter besonders üppigen Fabulicrfreudigkeit auch dann nicht ganz entzieken, wenn sie sich den Anschein von Wissenschaftlichkeit geben wollte, von der auch heute noch beobachtbaren, nur bei Menschen mit besonderer Selbstzucht unterdrückten Schwäche, Gehörtes oder Gesekenes entstellt oder übertrieben weiterzuerzäklen, sind die alten Berichterstatter eben auch nicht frei gewesen, von den in Wieneckes Werk vorgefükrten Beispielen ist besonders eindrucksvoll, wie aus einem sprachlichen Mißverständnis der dreiköpfige Gott Triglav entstanden ist, dem dann sehr bald vier-, fünf-, sogar siebenköpfige Gott- keiten an die Seite gestellt worden sind. Das unbewußte Leitmotiv all dieser Literatur finde ich in einem Satze, den Tkietmar von Merseburg bei Er- wäknung einer Spukgeschichte niedergeschrieben Kat: „Weil alles Seltene be wundert wird, kabc ich von einer Sache, die in unserer Zeit gescheken ist, so aus fükrlich sprechen müssen". Die mittelalterlichen Nachrichten über die Religion der keidnischen Slawen sind also keine ungetrübten (Duellen. Das gilt nicht nur bezüglich der Autoren aus deutschen Gebieten, sondern auch für die im Gpätmittelalter einsetzende polnische Historiograpkie, die nicht auf die ältesten (Duellen zurückgekt und deren in Interpretativ Komana vorgefükrte Götter vielleicht nur Gestalten der