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Demgegenüber hat Sprockhof die Vermutung geäußert, daß die Baalberger Gruppe ein Bestandteil eines nichtnordischen, mitteleuropäischen Kulturkreises sei 29 , zu dem er auch die anderen nichtmegalithischen Teile der Trichterbecherkultur rechnen möchte. Die eingehende und sorgfältige Untersuchung der Nordgruppe durch Becker 30 ergab jedoch, daß die gesamte Trichterbecherkultur einen einheitlichen Komplex darstellt, der freilich nicht nordischer, sondern (südost-?)mitteleuropäischer Ent stehung ist. Nur ihr Nordteil ist dann später im Verlaufe der Entwicklung unter fremden Einfluß gekommen und zur Megalithkultur umgebildet worden. Damit entfallen die bisher vertretenen zeitlichen und genetischen Folgerungen. Die Trichter- becherkultur Mitteleuropas ist nicht jünger als die des Nordens, sondern gleich alt oder sogar älter, und sie stellt nicht etwa eine Beeinflussung seitens des Nordens, sondern eine ursprüngliche Kulturgruppe dar. Unklar sind noch immer die Beziehungen der Baalberger Kultur zu Südwestdeutsch land, insbesondere zur Micheisberger und zur Aichbühler Kultur. Schon Kupka 31 und Reinerth 32 haben sie gesehen, freilich mit durchaus entgegengesetzter Aus deutung. Auch Benesch 33 glaubt an eine wurzelhafte Verbindung, doch ist seine Hypothese einer nordwestdeutschen Entstehung der Micheisberger Gruppe nicht durch Funde begründet und daher nicht überzeugend. Beachtung verdienen dagegen die Hinweise Forssanders auf die nahe Verwandtschaft des „westischen Kreises“ mit der Erteböllekultur des Nordens 34 . Wie weit diese Beziehungen chronologisch auswertbar sind, kann heute noch nicht gesagt werden. Bei der dringend erforder lichen Nachprüfung dieser Fragen ist auch auf das Verhältnis der Baalberger Kultur zur Altheimer Gruppe Süddeutschlands einzugehen, in der sich möglicherweise noch ein Zweig der Trichterbecherkultur verbirgt. Eine Möglichkeit zur Erklärung der Gemeinsamkeiten aller dieser Gruppen ist an anderer Stelle aufgezeigt worden 35 . Die Kanne aus dem Baalberger Grabe des Hügels 6 zeigt gewisse Züge, die sie aus dem üblichen Rahmen der Baalberger Gruppe herausfallen lassen. Da sind vor allem der breite und verhältnismäßig dünne Bandhenkel und der gut geglättete Ton, aber auch der im Verhältnis zum Hals kleine Unterteil 36 zu erwähnen, die das Gefäß denen der Salzinünder Gruppe annähern. Es ist wohl als Verbindungsglied zwischen den Baalberger und Salzmündef (Opperschöner) Kannen aufzufassen. Auch einige andere Funde sind als Zwischenformen anzusehen und sprechen für die Möglichkeit, daß es sich bei den Salzmünder Kannen um typologische Fortbildungen der Baal berger Kannen handelt 37 . Auch sonst bestehen ja starke Verbindungen zwischen Baalberg und Salzmünde. Die Siedlungskeramik beider Gruppen ist nicht zu tren nen, die Trichterrandschalen nur, wenn sie verziert sind 38 . Die durchweg unverzierten 20 E. Sprockhoff, Die nordische Megalithkultur, Berlin/Leipzig 1938, S. 114. 1111 Aarbager 1947, S. 202 ff. 31 Beiträge zur Geschichte und zur Landes- und Volkskunde der Altmark 4, 1915/23, S. 375 ff. 32 H. Reinerth, Die Chronologie der jüngeren Steinzeit in Süddeutschland, Augsburg 1923, S. 37 ff. 33 E. Benesch, Die Festung Hutberg, Halle 1941, S. 44 ff. 34 Winther-Festskrift, Kopenhagen 1938, S. 15 ff. (J. E. Forssander). 33 G. Mildenberger, Studien zum mitteldeutschen Neolithikum, Leipzig 1953, S. 85 ff. 30 Während das Verhältnis von Hals zu Bauchteil bei den Baalberger Kannen 1: 2 bis 1: 3 und bei den Salzmünder Kannen 1: 1 bis 1,5: 1 beträgt, steht, die Kanne aus Grab 1 mit einer Verhältnis zahl von 1 : 1,5 in der Mitte. ” Wallendorf-Hutberg (F. Benesch, Die Festung Hutberg, Halle 1941, Tafel 15, Abb. 6); Polleben (Mannus 29, 1937, S. 160, Abb. 4c, P. Grimm). 38 Jahresschrift Halle 29, 1938, S. 3 (P. Grimm). Vgl. hierzu auch Arbeits- und Forschungsberichte zur sächsischen Bodendenkmalpflege 1950/51, S. 19 f. (G. Mildenberger).