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Punkt 8 Dr. Günther: Ist für die anderen Dünnpfennige des beginnenden 12. Jh. die Frage, ob nicht hier und da auch in zwei Arbeitsgängen geprägt wurde, überhaupt schon erörtert worden? Haupt: Sämtliche mir in Wirklichkeit und in Abbildungen vorgekommenen Dünn pfennige sind mit einem Schlage geprägt; die Verwirrung der Bilder ist entstanden, weil das Metall des Schrötlings beim Prägevorgang sich nicht ausschließlich in die Vertiefung des jeweiligen Stempels schmiegte, sondern auch infolge seiner Dünne vor dem Druck des jeweiligen Stempels in die Vertiefungen des Gegenstempels auswich. Punkt 9 Dr. Günther: Meine Untersuchungen und Überlegungen zur Frage der Herkunft der Brakteatenform in der mittelalterlichen deutschen Münzprägung gingen ja nur auf die sozial-, geistes- und handwerksgeschichtlichen Grundlagen ein, aus denen heraus man, wie ich glaube, die plötzliche blühende und gelegentlich mit so seltsamen Einzelheiten aufwartende Erscheinung der Münzbrakteaten kurz vor 1150 sehen muß. Ich untersuchte nicht die Frage des Zeitpunktes und Ortes der tatsächlich frühesten Prägung wirklicher Brakteaten und nicht die Frage nach den besonderen Umständen, unter denen sie zustande kam. Wenn Sie diese beiden Fragen durch Ihre Interpretation des Kaschwitzer Fundes geistreich mit dem Hinweis auf Bautzen und auf die einzigartige Behelfstechnik bei der Prägung der jüngeren Pfennige dieses Fundes beantworten, dann kann ich das akzeptieren, ohne es als Widerspruch zu meinen Anschauungen zu empfinden. Denn wenn das Bautzener Beispiel mit solcher Schnelligkeit in weiten Teilen Deutschlands Schule machen konnte, muß doch die Brakteatenform für die Münzprägung gleichsam „im Zuge der Zeit“ gelegen haben. Worauf aber dies beruhte, vermag ich nur in tieferen Zusammenhängen zu ver stehen, wie ich sie eben in den von mir entwickelten Thesen deutlich zu machen ver suchte. So lassen Sie mich versuchsweise in Ihre Anschauungen eintreten, sie sind einnehmend genug, und ich brauche also dafür nicht einmal die meinen aufzugeben; denn beide ließen sich bei geringfügiger Modifikation leicht vereinigen und gewönnen vielleicht dabei. Ich würde also in Ihrem Sinne, wie ich glaube, zusammenfassend formulieren: Wenn die ältere Gruppe der Bautzener Dünnpfennige Heinrichs von Groitzsch in einem Arbeitsgange geprägt ist, die wenig spätere jüngere Gruppe jedoch seltsamerweise in zwei Arbeitsgängen, so kann dies doch in solchem Extrem nur ein Einzelfall sein, der durch die in Sachen Münzprägung völlige Unbeholfenheit desjenigen erklärt ist, den Heinrich von Groitzsch später mit der Prägung allein betrauen konnte. Er hatte sonst niemanden, und warum er nicht — wie für die erste Prägung — sich einen Kundigen aus Pegau kommen ließ, können wir nur vermuten. Mit der tollen Behelfstechnik dieses Mannes, hier am fernsten und östlichsten Punkt deutscher Münzprägung, lief sich der Dünnpfennig tot, gerade dieser doppelte, im Ergebnis unsinnige Arbeitsgang ließ hier zuerst auf den zweiten Prägeschlag ver zichten, also den „Brakteaten“ entstehen. Und von hier aus, von der Oberlausitz als alleinigem Ausgangszentrum, hat dann die Brakteatentechnik mit Windeseile sich westwärts verbreitet und dort mit der gehobeneren Kunstfertigkeit Mittel- und Westdeutschlands alsbald die Kunstbrakteaten ab 1150 ergeben. Wenn Sie nicht so argumentieren: so müßten Sie argumentieren, um ganz konsequent zu folgern. Wenn Sie nicht an Bautzen als alleinigem Ausgangszentrum für die Brakteaten-