Wir gehen nicht auf die Frage ein, ob das Dresden von 1216 schon den vollen Umfang der mittelalterlichen Stadt hatte oder kleiner war (Koch: eine kleine Stadtsiedlung um die Frauengasse; Rauda: ein engerer Wallring, der das Barfüßerkloster außerhalb der Umwallung ließ), sondern betrachten nur den überlieferten Grundriß der Stadt. Der Stadtgrundriß (Tafel 35 rechts und 36 links) Wenn die Stadt auch nicht mit einem Schlag fertig dastand, so ist sie doch von vornherein nach dem wohlerwogenen Plan eines erfahrenen Städtebaumeisters angelegt worden. In klarem Zug führt die Nordsüdachse zur Burg des Markgrafen, der sich dadurch unmißverständlich als Herr der Stadt bezeichnet. Parallele Straßen kreuzen sich rechtwinklig und laufen gleichmäßig von Ost nach West und Nord nach Süd. Die Ostwestachse fehlt allerdings. Im Mittelpunkt liegt der Markt. In gleichem Abstand gehen die Gassen von ihm ab. Zu diesem Zweck wurden die Bau blöcke, die auf der Westseite nach Osten verlaufen, auf der Nord- und Südseite nordsüdlich gerichtet. Betrachten wir die Häuser an der Kundigen- (Breiten) Gasse nicht als ursprünglich, so finden wir in symmetrischer Gliederung zwei Bau blöcke am Markt, zwei südlich, zwei nördlich von ihm. Vor dem Taschenberg aber blieb zunächst ein freier Raum, der erst später bebaut wurde; hier lag der Taschen bergtümpel, durch den in der Richtung der Schloßstraße ein Knüppeldamm gelegt wurde. Am letzten Hauptportal des Schlosses (am ehemaligen Schössereiturm, dessen Ringmauern im Schloßkeller noch sichtbar sind) erleidet aber die Schloß straße einen Knick, der das reizvolle Straßenbild schuf, das bis 1945 berühmt war. Dieser Richtungswechsel wurde durch die alte Brücke veranlaßt, nicht durch den Ostflügel der Burg, der erst im 14. Jahrhundert erbaut wurde und an den Nordflügel nicht im rechten, sondern in einem spitzen Winkel anstößt. Der Hauptteil der Schloß straße und damit der Gesamtplan der Stadt ist nach dem Nordteil der Burg orientiert, die sich damit nicht nur als Befehls- und Verwaltungsstelle der Stadtgründung, sondern zugleich als die Grundlinie der ersten Stadtvermessung darstellt. Wir er kennen außerdem daraus die zeitliche Reihenfolge der Bauten: Zuerst wurde die Burg mit ihrem Nordflügel, dann die Schloßstraße vom Markt her, darauf die Brücke erbaut und der gebrochene Nordtrakt der Schloßstraße angelegt. Daß die Burg schon vor der Stadt errichtet wurde, erschließen wir aus den Knochenfunden im Taschenbergtümpel. Das regelmäßige Gitterwerk der mittelalterlichen Stadt wird aber auf der Ostseite gestört. Die Frauengasse weicht vom Parallelismus ab und zeigt durch ihre Krüm mung, daß sie älter als die Stadt ist. Dazu kommt die Lage des Frauentors. Dem Seetor im Süden entspricht zwar das Elbtor im Norden; das Wilische Tor (am heutigen Postplatz) hat aber kein Gegenstück im Osten. Die uns so selbstverständ liche Verbindung vom Postplatz zum Pirnaischen Platz fehlte jahrhundertelang; erst 1885 bis 1888 wurde die blind endende Badergasse durchgebrochen und die Ostwestachse geschaffen. Das Osttor wird ersetzt durch das Frauentor als Zugang zur Frauenkirche, die seltsamerweise nicht mit in die Umwallung aufgenommen worden ist. Der alte Elbübergang an der Frauenkirche zwang den gesamten Durch gangsverkehr durch dieses Tor, das deshalb besondere Bedeutung erhielt. Das führte aber zugleich zur Vernachlässigung des Südostens, des sog. Loches (1391). Der Name Loch beschränkte sich zunächst auf eine Bodenvertiefung nahe der alten Ratsbadcrei. Später wurde die Bezeichnung auf den ganzen Stadtteil übertragen, zumal es hier auch einige nasse Stellen gab, wie der 1874 erfolgte Fund alter Knüppel-