Teil dagegen wurden die älteren Schichten aus der Vorklosterzeit in ungestörter Lagerung vorgefunden, was für die künftige Grahung von Bedeutung sein wird. Reste der teilweise auf dem zugefüllten Burggraben stehenden spätgotischen Hallen kirche wurden gleichfalls berührt. An der Kirchennordwand, zwischen der nach unten sekundär verlängerten Kirchenmauer und den Strebepfeilern, befanden sich mehrere Familiengrüfte. Diese wurden bei der Kirchenerneuerung nach dem 30jährigen Krieg für die durch Stiftungen den Kirchenbau fördernden Leipziger Bürger errichtet und wahrscheinlich bei einer späteren Kirchenerneuerung Ende des 19. Jahrhunderts wieder zugefüllt. Andere im Kirchenbezirk nur oberflächlich freigelegte Bruchstein mauern konnten bisher auf ihre Zugehörigkeit zu einer älteren Bauphase, möglicher weise noch zur Burgzeit, nicht untersucht werden. Ein weiterer Schnitt am Nordwestrand des Grabungsgeländes gegen den heutigen Dittrichring zu zeigte die im Laufe eines Jahrtausends erfolgten Umformungen des Westabhanges. Über einer allmählich auskeilenden Schicht mit slawischen Scherben liegen die vorwiegend blaugraue Ware enthaltenden Aufschütten des frühen Mittel alters. Unter einem dem 18. bzw. 19. Jahrhundert zuzurechnenden Straßenpflaster wurden die Reste der früheren Stadtbefestigung angeschnitten. Doch spricht die überaus unregelmäßige Struktur des von Nordosten nach Südwesten verlaufenden Mauerzuges dafür, daß es sich um wiederverwendete Bauteile einer bereits älteren Bauanlage handelt. Eine endgültige Klärung der im Bereich der Stadtmauer vor sich gegangenen Veränderungen kann aber selbstverständlich nicht von einem einzigen Suchgraben erwartet werden. Die bisherigen Untersuchungen auf dem Matthäikirchhof in Leipzig sind keinesfalls abgeschlossen, sondern nur als der Anfang zu neuen, hoffentlich in größerem Maßstab durchzuführenden Arbeiten anzusehen. Da man heute im Gegensatz zu 1950 bereits zahlreiche Anhaltspunkte für die in verschiedenen Epochen erfolgte Besiedlung besitzt, besteht nun die Möglichkeit einer stärkeren systematischen Planung der weiteren Forschungsarbeiten. Vor allem muß eine flächenmäßige Abtragung der unter späteren Bauresten liegenden älteren Siedlungsschichten angestrebt werden. Nur so wird es möglich sein, die Spuren ganzer Hausgrundrisse sowie eventuell vor handener Befestigungswerke aufzudecken. Als besonders geeignet für die flächen- hafte Abtragung erweisen sich die nicht unterkellerten Teile des Refektoriums sowie der verhältnismäßig wenig gestörte Klosterhof. Die weitere Untersuchung des Um fassungsgrabens und der Gesamtausdehnung der Burganlage wird, soweit möglich, mit der Flächengrabung verbunden werden. Da anzunehmen ist, daß der spät gotischen Hallenkirche eine kleinere, einschiffige Kirche vorherging, ist durch einen weiteren zur Kirchenachse senkrecht stehenden Schnitt die Breite des Burggrabens sowie Lage und Ausdehnung des ältesten Kirchenbaues festzustellen. Um auch alle späteren Bauvorgänge mit gleicher Intensität zu verfolgen, ist entsprechend dem komplexen Charakter der Stadtkernforschung eine noch stärkere Fühlungnahme mit der Stadt- und Kunstgeschichte notwendig. Die jetzt noch offenstehenden Probleme können erst nach der Weiterführung der Grabungsarbeiten (ab Sommer 1953) ihrer Lösung nähergebracht werden, um damit unsere Kenntnisse der geschicht lichen Entwicklung der Stadt Leipzig weiter zu vervollständigen.