Anthropologische Untersuchungen von IO Leichenbränden. Von Ursula Thieme. Der Aufsatz ist der Gemeinschaftsarbeit entnommen, die von Studenten und Studentinnen der Vorgeschichte der Universität Leipzig für den Aeicks-Lcistungs- kampf IyZ7 geschaffen worden ist. l. Teil. Fragestellung und Methode der Leichenbranduntersuchungen. Anthropologische Untersuchungen von Leichenbränden sind bisher nur in sehr geringem Umfang vorgenommen worden, da die vom Brand übrig gebliebenen Rnochenstücke nach allgemeiner Ansicht für eine anthropologische Beurteilung kaum zu gebrauchen seien. Diese Annahme ist aber von Or. meä. Larl Rrumbein durch seine Leichenbranduncersuchungen widerlegt worden, die gezeigt haben, daß die Möglichkeit einer anthropologischen Auswertung der Brände durchaus besteht, daß allerdings die Untersuchungsmethoden einer beträchtlichen Verfeinerung und Erweiterung bedürfen. Diese Aufgaben hat er nach An deutungen in seinem Bericht über „Anthropologische Untersuchung der Leichen brände des Gräberfeldes von Gölten (Rreis Recklinghausen)" in der Zeitschrift „Westfalen" 20.Iakrg. 1yZ5, Heft 5, schon in Angriff genommen. Leider gelang es uns vorläufig nicht, eine nähere Renntnis über die Anwendung der neuen Methoden zu erhalten, besonders der röntgenologischen, die eine verfeinerte Altersbestimmung auf Grund der Entwicklung und des Wachstums der Zähne und Gchädelnähte zulassen soll. Go mußten wir uns bei der vorliegenden Arbeit auf die einfachste Untersuchung methcde beschränken, die in dem versuch der Be stimmung der einzelnen Rnochen bzw. Rnochenbruchstücke besteht. Dabei kam es weniger darauf an, die Rnochenreste bis auf das letzte Glück einzuordnen, als vielmehr die Bestimmung im Hinblick auf die Beantwortung folgender Fragen durchzuführen: l. Die Frage nach der Anzahl der in der Urne bestatteten Individuen; 2. nach dem Alter; Z. nach dem Geschlecht. Inwieweit uns eine einigermaßen befriedigende Lösung der Fragen gelungen ist, wird der zweite Teil dieser Ausführungen, die Beschreibung der einzelnen Brände, zeigen. Etwa die Größe oder gar die Rassenzugehörigkeit der Individuen fest zustellen, war bei der Beschaffenheit unserer Brände unmöglich.