Großmutter der Kundin noch Kind war, kam er, auf die Spindel gesteckt, bei einer Fußbodenreparatur unter der Türschwelle zum Vorschein. Damit erweist sich der Fund als Hausopfer bzw. Hauszauber, wie er auch mittels anderer Dinge und verschiedener Tiere als weltweiter Brauch bekannt und auch für das Leipziger Land mehrfach bezeugt ist. In Sachsen scheint die Spindel im Sinne dieses Brauchtums nur noch einmal in der Oberlausitz ver treten zu sein. Sie fand sich, jedoch ohne Spinnwirtel, 1880 beim Umbau des Forsthauses zu Olbersdorf bei Zittau in einer vermauert gewesenen Wand nische 3 ). Für Leipzig ist außer dem Reudnitzer Fund eine im Gemäuer des Alten Rathauses 1910 gefundene Katze zu nennen, ferner eine bleierne St.-Georgs-Medaille, die in der Seeburgstraße um 1900 unter der Dielung einer Stube zum Vorschein kam 4 ). Liegt der gewaltsamen Einmauerung des Tieres die Annahme zugrunde, das Haus gewönne auf diese Weise einen schützenden Dämon, wie ihn das vor geschichtliche Haus dank pietätvoller Bestattung des Familienhauptes am Herde gewann, so wirkt in der Medaille der schützende Heilige nur noch in effigie. Andere Hausopfer von talismanischem oder magischem Charakter sollten wohl die in ihnen jeweils vermuteten spezifischen Kräfte auf Haus und Bewohner emanieren. So mochte vom Ei unter der Schwelle die Fruchtbar keit auf das Leben im Hause übertragen werden. Oder es mochte die am Haus eingang vergrabene Holzasche vom Aschermittwoch ihre Heilskraft in dem Sinne ausstrahlen, daß Feuersgefahr vom Hause ferngehalten wurde. Und von der vermauerten Spindel, die vordem unermüdlich Fadenvorräte produziert hatte, ließ sich annehmen, daß das ihr eigentümliche Produktionsvermögen dank magischer Ausstrahlung zu analogem Reichtum in der häuslichen Wirtschaft führen werde. Diese Auffassung wird zwar nicht von den alten Chronisten als Volksmeinung bezeugt. Doch sind uns aus Altertum und Mittelalter zauberische Praktiken mit Spindel und Wirtel überliefert, die an deren magischem Einsatz auch im Hausopfer keinen Zweifel übriglassen. So schützten in Böhmen Brot, Spindel und Faden, als Opfer ins Wasser geworfen, vor dem Wassermann 5 ). Im Gebiet von Lubenz, Böhmen, brachte man inißwachsene Kinder zur Heilung, wenn man mit einer „abgestorbenen“ Spille die Schlinge von einem Gehängten öffnete und die Kinder bei abnehmendem Mond dreimal hindurchzog 6 ). In der Schweiz vermochte ein an die Wiege gehängter Spinnwirtel das Doggi, 3) Geschenk des Revierförsters Richter an Dr. A. Moschkau für dessen 1879 gegründetes Oybin- Museum. 4) Mitteilung des Studienrates F. Mann an den Verfasser. 5) Grohmann, Aberglauben und Gebräuche aus Böhmen und Mähren, Prag 1844, S. 163 f. 6) Zeitschrift für österreichische Volkskunde, Bd. II, 1896, S. 287.