SPUREN MITTELALTERLICHER LANDWIRTSCHAFT IN LEIPZIG Von Herbert Kiias I. Die Rannische Vorstadt Als die Stadt Leipzig um 1165 gegründet wurde, umschloß das Weichbild der Stadt die Kreuzung zweier alter Handelsstraßen. In der Stadtummauerung der folgenden Jahrzehnte gab es deshalb vier Haupttore. Das Tor in der Nord westecke der Stadt hieß, dem westlich gelegenen Ort Markranstädt ent sprechend, das „Rannische Tor“, das anschließende außerhalb der Mauern gelegene Wohnviertel „die Rannische Vorstadt“ am Ranstädter Steinweg. Die Zerstörung dieses Wohnviertels durch Fliegerangriffe im letzten Weltkrieg war so total, daß nach Beseitigung der Trümmer 1951/52 auf beiden Seiten des Ranstädter Steinwegs langgestreckte Wohnblocks errichtet werden konnten. Die Baugruben boten Gelegenheit zu intensiven Beobachtungen, die ich mit Zustimmung des Instituts für Bodendenkmalpflege Dresden durch führte. In Heft 1 der Stadtgeschichtlichen Forschungen „Aus Geschichte und Neuaufbau der ehemaligen Rannischen Vorstadt Leipzigs“ gab ich 1952 einen Vorbericht, dem jetzt ausführlichere Darstellungen, zunächst über mittel alterliche Landwirtschaft, folgen sollen. Um diese aus den örtlichen Gegeben heiten zu verstehen, ist es nötig, sich die geographische Lage dieser Siedlungen zur Zeit der Stadtgründung im 12. Jahrhundert zu vergegenwärtigen (Abb. 1). Die Ebene, auf der die beiden erwähnten Fernstraßen sich kreuzen, ist durch Flußtäler gegliedert. An der Stelle, an der sich die Elster-Pleißen-Aue nach Westen der Saale zuwendet, durchbricht die von Osten zufließende Parthe das östliche Hochufer des breiten Stromtales. Die von Westen kommende via regia überquerte die Elster-Pleißen-Aue, zog aber dann auf das südliche Parthenufer hinauf. Hier wurde sie von der via imperii gekreuzt, nachdem diese im Norden die Parthensenke überquert hatte. Im Südwestviertel dieser Kreuzung lag, wie die Ausgrabungen auf dem Matthäikirchhof 1 ) ergeben haben, die um die Jahrtausendwende gegründete deutsche Burg, von der aus mithin beide Straßen kontrolliert werden konnten. Herrn Stadtarchivar i. R. Dr. Ernst Müller, Leipzig, zu seinem 65. Geburtstag gewidmet. 1) Grabungsbericht von Herbert Küas und Lisedore Langhammer, in: Stadtkernforschung in Leipzig. Die Ausgrabungen auf dem Matthäikirchhof, Teil I. Forschungen zur Vor- und Frühgeschichte, Nr. 4, J. A. Barth, Leipzig 1960.