Volltext Seite (XML)
Mittelalter Feuer ungleich seltener erzeugt als vielmehr gehegt und beim Erlöschen an anderem Feuer neu entzündet wurde. Mit Asche zugedeckt, solange die Flamme nicht benötigt wurde, blieb im mittelalterlichen Hause die Glut bis zu neuer Entfachung ununterbrochen erhalten wie noch heute in russischen Bauernhäusern. Erlosch gleichwohl aus Unachtsamkeit einmal das unter der Asche glimmende Holz, so half die Nachbarin mit Glut von ihrem Herde aus. Für den weiteren Bereich der Völkerkunde sei nur eine Beobachtung des Paters Schebesta herangezogen, die er bei den Bambutis in Afrika machte. „Man hat im Ituriwald so gut wie gar keine Gelegenheit, Zeuge der Feuerbereitung zu sein, da man allgemein jedes neue Feuer von einem bestehenden anzündet und es von Ort zu Ort trägt. Man hat auch kaum je Gelegenheit, die zur Feuerbereitung nötigen Geräte zu sehen, es sei denn, daß man danach fragt. Dann allerdings kommt hier und dort ein Feuer- quirl zum Vorschein, aber nur bei den Negern. Die Bambuti sind samt und sonders nicht im Besitze von Feuerquirlen. Trotzdem wissen sie ebensogut wie die Neger, daß und wie man das Feuer durch Quirlen erzeugen kann 10 ). Wir dürfen die Verhältnisse im alten Europa kaum viel anders sehen. So wenig man nun nach Maßgabe obiger Schilderung erwarten kann, in einigen Hunderten oder Tausenden von Jahren noch Feuerbohrhölzer heutiger Pri mitiver zu finden, so wenig ist anderseits zu erwarten, in Europa solche Geräte aus der Steinzeit oder auch aus jüngeren Perioden selbst in geringer Zahl ans Tageslicht kommen zu sehen. Mit dem Funde von Zauschwitz wie wohl auch mit dem von Moosseedorf liegt nun doch ein solch außerordentlicher Glücksfall vor. Denn es kann nach den oben erwähnten Vorkommen von Bohrhölzern ohne Binne und Kerben kaum Zweifel mehr bestehen, daß das. Fundstück von Zauschwitz in der Tat ein Feuerbohrholz darstellt. Wollte man, da hier Verkohlung der Bohrgrübchen nicht sicher zu erweisen ist, nun doch an dieser Verwendung zweifeln, so bleibt noch die Möglichkeit offen, das Brettchen als ein Widerlager für den Bohrquirl anzusehen. Ein Widerlager war, parallel der Bohrunterlage, am anderen Ende des Bohrstabes, anzusetzen, wenn nicht der mit flachen Händen gequirlte Bohrstab zur Anwendung kam, sondern der mit einem Strick umwundene und gedrillte Stab, der zur Führung des Strickes auch beider Hände bedurfte und am oberen Ende ein Widerlager — Knochen oder Brettchen — forderte, das mit der Brust gehalten und gegen den Bohrstab von oben her gedrückt wurde. Auch wenn statt eines Strickes die Sehne eines Bogens um den Bohrstab gewunden wurde und so mit einer Hand das Bohren bewirkt werden konnte, bedurfte es des Widerlagers, das mit der freien Hand wie auch mit der Brust gehalten werden konnte. Wie in die Unterlage bohrte der Stab auch in das. 1°) Schebesta, Bambuti, 1921, S. 264, nach Sture Lagercrantz, a. a. 0., 13,4.