vergenzerscheinung sehen will, die zu verschiedenen Zeiten und an verschiede nen Plätzen ohne genetischen Zusammenhang auftritt, dann ist allerdings das Suchen nach kulturellen Entwicklungslinien einer selbständigen Blattspitzen kultur mit verschiedenen Entwicklungsphasen unangebracht. Die ungarische Paläolithforschung hat für die zweiflächig bearbeitete Blattspitzen führende Kultur in ihrem Lande die Bezeichnung Szeletien in Anwendung gebracht, die heute im östlichen Europa allgemein üblich wurde. Durch diese Benennung ist mit dem viel jüngeren Solutreen westeuropäischer Prägung namentlich keine genetische Kontinuität angedeutet, wozu die Bezeichnung Proto- und Präso- lutreen verleiten könnte. In einem neuen, ansprechenden Lösungsvorschlag zum „Problemkreis des Szeletien“ hat L. Vrtes die Blattspitzen durch be stimmte Jagdmethoden und gleichartige Siedlungsräume zu erklären ver sucht. Die verschiedenen Menschengruppen des mittleren und oberen Paläoli- thikums „schaffen all jene Werkzeugtypen und kulturellen Erscheinungen — auch wenn sie nirgends zu übernehmen sind — konvergent und selbständig, im Augenblick, wo ihre darauf bezüglichen Ansprüche sich entwickelt haben“ 9 ). Die Träger der Blattspitzenkulturen waren Höhlenbärenjäger, die vornehmlich in höhlenreichen Gebieten angetroffen werden. „Ihr hauptsächliches Jagd gerät war der mit Blattspitze versehene Wurfspeer“ 10 ). Bei Vergleichen der Wolftitzer Blattspitze mit den gleichen Typen aus der grauen Fundschicht von Ranis 11 ) ist unverkennbar, daß bei den Raniser Arte fakten der Querschnitt dünner ist und die Oberflächen eine sehr sorgfältige Flächenretuschierung aufweisen, wo die muschelförmigen Absplisse nur ganz flach cingetieft sind. Besonders die saubere, oft durch nebeneinanderliegende Retuschen erzielte Randgestaltung fällt bei den Raniser Blattspitzen in die Augen. Dagegen sind die Ränder bei der Spitze aus Wolftitz in ihrem Verlauf ungleichmäßiger. Ob sich in dieser geringen, aber doch wahrnehmbaren Ver schiedenheit der Bearbeitungsweise ein zeitlicher Unterschied erkennen läßt, der zwischen den Blattspitzen aus dem micoqueartigen Horizont der Linden- thaler Hyänenhöhle und den jüngeren Blattspitzen der grauen Schicht aus Ranis auch geologisch besteht, ist an dem hier beschriebenen Einzelstück nicht zu überprüfen. Eine sichere Zuordnung zu einer Stufe der Blattspitzen - kultur im Sinne von L. F. Zotz erscheint uns gewagt. Immerhin ist durch den Blattspitzenfund von Wolftitz im Kreis Geithain der zur Zeit nördlichste Punkt im Streuungsbereich der mitteleuropäischen Blattspitzen, die sich als ein zusammenhängendes Gebiet auf der von L. F. Zotz gegebenen Ver breitungskarte 12 ) abzeichnen, festgelegt. ’) L. Verles, Problemkreis des Szeletien, in: Slovensk Archeolögia 4, 1956, S. 330. 10 ) L. Vrtes, a. a. 0., S. 339. 11) Vgl. J. Andree, a. a. 0., Abb. 180, 181, 182. 12) L. F. Zotz, a. a. 0., S. 143, Bild 71.