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Zahl ergeben haben. Rechteckige bis 0,70 m in die Erde eingetiefte Hausgrundrisse 34 35 ) sind neben den aus dem Frühstadium der Tripoljekultur bekannten Zemljanki und Halbzemlj anki charakteristische Elemente der späten Siedlung. Auf Grund der in den Erdgruben erhaltenen Reste von Kuppelöfen, Lehm- und Steinpackungen dürften erstere zum Teil als Herdgruben benutzt worden sein. Für die auch in der Band keramik noch zu klärende Wohngrubenfrage muß von Interesse sein, daß in der Tripoljekultur im allgemeinen Zemljanki und Rechteckbauten nur in getrennten Siedlungen angetroffen werden 36 ). Der zur Errichtung der Tripoljegroßhäuser zwei felsohne große Lehmbedarf hat aber nirgends innerhalb der Siedlung Spuren von Lehmgruben hinterlassen. Ebenfalls muß die Deutung der Gruben als Schweine kuhlen abgelehnt werden, da gerade mit dem fast vollständigen Rückgang der Schweinezucht der Zemljankatypus herrschend wird. Dürfte auch das Rätsel um die „Wohngrube“ erst durch weitere speziell dieser Frage gewidmete Untersuchungen zu lösen sein, so ist doch das von Paret 36 ) zur Diskussion gestellte Argument einer widerspruchsvollen Entwicklung von bäuerlicher Lebensweise und der in not dürftigen Hütten wohnenden Bevölkerung durch die Ergebnisse der Tripoljefor- schung stark entkräftet worden. Die mit der wirtschaftlichen Umschichtung zusam menfallenden Veränderungen in der Haus- und Siedlungsform lassen die primäre Bedeutung der ökonomischen Struktur für das Gesamtbild der Tripoljekultur er kennen. Da keine direkten Zusammenhänge zwischen der durch fast ein halbes Jahr tausend voneinander getrennten Früh- und Spätstufe bestanden haben, kann allein die sich in beiden Perioden in erster Linie auf Jagd und Viehzucht stützende Wirt schaft die in Siedlung und Kulturinventar zum Ausdruck kommenden Beziehungen erklären 37 ). Hielten Chwoiko und andere ursprünglich die Erdgrube stets für die ältere Form, so erwies sich später, daß die von ihm untersuchten Kiever Zemljanki nicht den Ausgangspunkt, sondern eine späte Entwicklungsphase der Tripoljekultur darstellen. Somit ist auch in der Keramik die Entwicklung, nicht wie Chwoiko annahm, von einer primitiven Grübchen- und Schnurverzierung über die schwarze Bemalung zur polychromen Spiralornamentik gegangen, sondern muß in umgekehrter Richtung verlaufen sein 38 ). Diese so klar ersichtliche Kulturverarmung, das allmähliche Ver schwinden aller bisherigen Hauptmerkmale der Tripoljekultur, ist auf das engste mit dem Rückgang von Bodenbau und der Zuwendung zur Viehzucht verknüpft. Kann man zwar für das Endstadium der Tripoljekultur und den Übergang zur Bronze zeit den Einfluß fremder Elemente, wie Schnurverzierung, Kugelamphoren, Loch äxte, Steinkisten u. ä., nicht leugnen, so weist doch der sich in der Wirtschafts- und Siedlungsform anbahnende Kulturwandel auf teilweise bodenständige Ursachen hin. 34) L. Kozlowski, Mlodsza epoka kamienna w Polsce, Lw6w 1924, S. 142, Abb. 5. Ebenfalls ist die Verwendung von Steinplatten zur Ofenkonstruktion (Bua) oder als Wand fundament (Usatovo) erstmalig aus der Spättripolje-Stufe belegt. 35) Eine Ausnahme bilden die in der späten Siedlung Gorodsk gemeinsam vorkommenden „reduzierten Ploäcadki“ und Zemljanki. Eine weitere wahrscheinlich als Herdgrube verwendete Zemljanka wurde in der Nähe der durchwegs aus Rechteckbauten bestehenden Siedlung Vladimirovka frei gelegt. 36) 0. Paret, a. a. 0. S. 54 ff. 37) Auch für Ungarn haben sich gewisse Parallelen zwischen der frühneolithischen Körös-Kultur und der zur Bronzezeit überleitenden Stcin-Kupfer-Zeit sowie Badener Kultur ergeben, die ebenfalls auf teilweise gleichartigen wirtschaftlichen Verhältnissen beruhen dürften. Vgl. J. Banner, Das Tisza-, Maros-, Körös-Gebiet bis zur Entwicklung der Bronzezeit. Szeged 1942, S. 56 ff. . 3S ) Zu dem gleichen Resultat waren bereits früher H. Schmidt und II. Schroller durch stratigraphische Beobachtungen in Cucuteni und Erösd gekommen. Vgl. H. Schmidt, Cucuteni, Berlin 1932, S. 79ff. H. Schroller, Die Stein- und Kupferzeit Siebenbürgens, in Vorgeschichtliche Forschungen II. 8, Berlin 1933, S. 50.