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hauses sind, die 20 bis 25 cm hohen und bis zu 2 m großen kreuzförmigen Tische, die in einzelnen Siedlungen, wie Vladimirovka, zur obligaten Wohnungseinrichtung gehören. Ihr überaus sorgfältiger Brand, wie die schalenartig verzierte und teilweise rot bemalte Oberfläche, bestärken die Annahme, daß wir es mit Gegenständen der durch zahlreiche Idole bezeugten Kultausübung, vielleicht einer Art Opfertisch, zu tun haben (Tafel 14). Die Kreuzform, die auch in der Gefäßbemalung auftritt, glaubt Passek aus den sich gleichfalls in anderen Gegenständen abzeichnenden kretisch mittelmeerischen Beziehungen ableiten zu können. Die um diese Kultplätze zahlreich herumstehenden bemalten Tongefäße dürften aber nur zum Teil sakrale Bedeutung besessen haben. Außer diesen kreuzförmigen Gebilden wurden in Vladimirovka auch viereckige, mit Lehmplatten ausgelegte und von einem Gesims umrahmte Podeste angetroffen, deren analoge Formen sich in den Häusern von Erösd finden 18 ). Weitere Rückschlüsse auf den Hausbau lassen die im Bereich der Tripoljekultur auf gefundenen Hausmodelle zu. Obwohl ihre runde Form und die das Modell stützenden Tonfüße nicht den archäologischen Tatsachen entsprechen, hat sich andererseits der „Hausgedanke“ in der Wiedergabe des im Modell nach gebildeten Kuppelofens mit Ofenbank, des kreuzförmigen Opfertisches und der auf dem Boden stehenden Vor ratsgefäße bis in Einzelheiten bestätigt gefunden (Tafel 15). Zugleich wird damit die von Oelmann vertretene Gleichsetzung der Hausurnen mit Speicherbauten, wenig stens für die von ihm in seine Untersuchung mit einbezogenen neolithischen Haus modelle in Frage gestellt 19 ). Neben den bereits früher publizierten, doch jetzt in ihrer Bedeutung erst voll erkennbaren Modellen aus Suskovka, Cicirkozovka und Popudnja haben die gleichfalls im Buggebiet durchgeführten Grabungen in Vladi mirovka ein ähnliches, aber die Inneneinrichtung vernachlässigendes Exemplar ergeben 20 ). Dieses ist außen wie innen mit mehrfarbigen Streifen kurvolinear verziert und weist zusammen mit den auf Mauerresten wahrgenommenen Farbspuren auf eine in der gesamten Kultur herrschende Farbfreudigkeit, wie sie nur an den Glanz- stücken polychromer Keramik zu verfolgen ist. Ein weiteres leider nur unvollständig erhaltenes Hausmodell aus Kolomyscina II erinnert mit seinem fast viereckigen Grundriß und den plastisch wiedergegebenen Sparren eines Walmdaches an die in der bulgarisch-rumänischen Gumelnitzakultur und der mährisch-bemalten Keramik vor kommenden Formen. Das Tripoljewohnhaus ist der Typus des Großfamilienhauses, der in der gesamten donauländischen Kultur zu Hause ist. Die Ergebnisse der südosteuropäischen Sied lungsforschung haben endgültig alle noch vorhandenen Zweifel über den Charakter der bandkeramischen Rechteckbauten beseitigt und die Unhaltbarkeit der Deutung als Scheunen bewiesen. Welche erstaunlichen Ausmaße diese Häuser erreichen konn ten, zeigt ein im vergangenen Jahr in Nordwestböhmen bei Postoloprt freigelegter Grundriß der jüngeren Linearbandkeramik mit einer Länge von 41 m und einer Breite von 7,5 m 21 ). In jenen Großbauten spiegelt sich die wirtschaftliche und soziale Einheit ihrer in Sippenverfassung lebenden Bewohner, deren mutterrechtliche Orga nisation in der hohen wirtschaftlichen Bedeutung der Frau im Pflanzbau verwurzelt liegt. Mehrere wahrscheinlich der gleichen Sippe angehörende Familien haben in gemeinsamer Arbeit das durch die Erfordernisse des Bodenbaus vorgezeichnete Gehöft errichtet. Zur Durchführung der Feldbestellung benötigte man nicht nur den 18) Diese in Erösd freigelegten Kleinstplattformen wurden von Lszl für Herde angesprochen. Vgl. F. Lszl, in Dolgozatok V, 1914, S. 279 ff., Abb. 23 u. 28. 19) F. Oelmann, Hausurnen oder Speicherurnen?, in Bonner Jahrbuch II. 134, 1929, S. 16/17, Abb. 6. 20) K. Majewski, Glinjanc modele chat kultury ceramiki malovanej na Ukraine, in wiatowit XVI, Warszawa 1936, S. 155 ff. T. S. Passek, Tripolskie modeli ilia, in Vestnik drevnej istorii Nr. 4, 1938, Abb. 7—11. 21 ) B. Soudsky, M. Buchwald, Zächranny vyskum na sidliti lidu volutov kerainiky v Postoloprtech, in Archeologicke Rozhledy Jg. II, H. 3—4, S. 208ff.