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Das zeitliche Verhältnis der schnurkeramischen und der Kugelamphoren-Nach bestattung ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Es wurde oben klargelegt, daß über dem Zentralgrab I ein kleinerer Hügel errichtet worden war. Dieser ist später, wohl bei der Anlegung einer Nachbestattung, erweitert worden. Schon die Tatsache, daß in dem Westteil des Hügels, der bei dieser Erweiterung erst entstanden ist, aus schließlich schnurkeramische Funde gemacht worden sind, spricht dafür, daß die Hügelerweiterung im Zusammenhang mit der Anlage der schnurkeramischen Nach bestattung II (und III?) steht, die nunmehr im Mittelpunkt des neuen Hügels liegt. Auch der Ostteil des Hügels ist bei dieser Gelegenheit erhöht worden. So fand sich im Ostsüdost-Sektor nur 2 m westlich des Grabes V der Kugelamphorengruppe in 0,50 m Tiefe eine schnurkeramische Scherbe (Tafel 12 unten links). Gleichfalls der Schnurkeramik zuzuweisende Scherben fanden sich in 0,40 bzw. 0,70 m Tiefe im Nord steg in der Nähe des Mittelpunktes. Diese Funde beweisen, daß der Hügel durch die Schnurkeramiker vergrößert worden ist. Die Kugelamphorengräber liegen nun in gleicher Tiefe oder nur wenig tiefer als die schnurkeramischen Streufunde. Sie können also erst angelegt worden sein, als der Hügel bereits vergrößert war. Damit hat sich für unseren Hügel die zeitliche Abfolge Schnurkeramik—Kugelamphoren ergeben, ein Befund, der allerdings den meisten bisherigen stratigraphischen Überschichtungen beider Gruppen widerspricht 40 ). Dazu ist freilich zu bedenken, daß auch die Deutung Niklassons nicht unbedingten Anspruch auf Gültigkeit hat. Im Derfflinger dürfte doch, Möllers Annahme entsprechend, eine schnurkeramische Erweiterung eines älteren Hügels vorliegen 41 ); freilich wäre dann zu schließen, daß das Baalberger Grab im sogenannten „Dolmenbau“ in einem zweiten alten Hügel lag, der mit dem ersten durch die Erweiterung zusammengefaßt wurde 42 ). Damit ist aber eine einwandfreie Aussage über das zeitliche Verhältnis zwischen den schnurkeramischen Gräbern und der Kugelamphoren-Steinkiste dieses Hügels unmöglich geworden. Auch im Pohls- berg 43 ) könnte die Überbauung eines Baalberger Hügels durch die Schnurkeramiker vorliegen, womit die angenommene Zeitfolge Kugelamphoren—-Schnurkeramik zweifel haft würde. Im Schneiderberg von Baalberge 44 ) scheint sie dagegen sicher zu sein. Die für das Harthgrab erwiesene, für Derfflinger und Pohlsberg immerhin mögliche Erweiterung eines älteren Hügels durch die Schnurkeramiker konnte auch im Spitz berg bei Landsberg 45 ) nachgewiesen werden. In den Grabhügeln mit mehreren Be stattungen ist also nicht immer mit eigentlichen Nachbestattungen zu rechnen, sondern oft auch mit Aufhöhen und Erweitern des Hügels aus Anlaß der Anlage neuer Gräber. W. Schulz hat für Mitteldeutschland schon darauf hingewiesen 46 ). Auch in Norddeutschland und den Niederlanden haben neuere Ausgrabungen zweifelsfrei die mehrfache Aufhöhung von Grabhügeln bei neuer Benutzung ergeben 47 ). Die angeführten Beispiele zeigen, daß Kugelamphorengräber sowohl unter als auch über schnurkeramischen liegen. Das dürfte dafür sprechen, daß beide Gruppen mindestens teilweise gleichzeitig sind. Auch das häufige Vorkommen von Schnur verzierung auf Gefäßen der Kugelamphorenkultur spricht für eine gewisse Über schneidung beider Gruppen, die wohl so zu verstehen ist, daß die Kugelamphoren kultur während der Zeit der Schnurkeramik einsetzt und mit deren jüngerem Teile noch gleichläuft. Die von Nowothnig 48 ) und Grimm 49 ) angeführten Funde, die für 40) Mannus 16, 1924, S. 46f. (N. Niklasson). 41) A. Möller, Der Derfflinger Hügel bei Kalbsrieth, Jena 1912, S. 42 ff. 42) Zeitschrift f. Ethnologie 47, 1915, S. 52 (H. Mötefindt). 43) Jahresschrift Halle 1, 1902, S. 39ff. (P. Höfer). 44 ) Jahresschrift Halle 1, 1902, S. 16f. (P. Höfer). 45) Jahresschrift Halle 35, 1951 im Druck (G. Mildenberger). 46) W. Schulz, Vor- und Frühgeschichte Mitteldeutschlands, Halle 1939, S. 63. 17) Vgl. die von G. Körner angeführten Beispiele: Hammaburg Bd. 2, 1950 (H. 4), S. 59f. 8) Mannus 28, 1936, S. 437 (W . Nowothnig). ®) Mannus 32, 1940, S. 387 (P. Grimm). 23