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michen, Merseburg, Nauberg, Hildagesburg bei Wolmirstedt und Gehren bei Luckau. Gegen Hülle wendet Hensel ein, daß die Chronologisierung nach den keramischen Funden in früh-, mittel- und spätslawische unbefriedigend und insbesondere die Datierung der Gründung einiger seiner Meinung nach mittelslawische Keramik ent haltender Burgen in das 9. Jahrhundert u. Ztr. bestimmt falsch (zu spät) sei. Seit dem 7. Jahrhundert sind bei den Sorben Anfänge der Staatsbildung geschicht lich bezeugt. Hülle sagt selbst, daß die sorbischen Stämme die Burgwallorganisation schon in ihren Ursitzen gekannt haben, woher sie sie mitbrachten, und nicht von den westlichen Nachbarn entlehnten. Soweit die Inbesitznahme neuer Gebiete durch die Slawen planmäßig erfolgte (z. B. östlich der Saale), geschah das schon durch organi sierte Stammesgruppen; nach der Besetzung des neugewonnenen Territoriums mußten sie natürlich ihre Position festigen. So verfuhren u. a. auch die Bulgaren. Die These, daß erst nach einer längeren Zeit der Stabilisierung die Erbauung von Burgen erfolgt sei, ist unhaltbar. Man muß annehmen, daß die Burgen schon im 6. und 7. Jahrhundert erschienen, nur weiß man nicht, welchen Typus diese Be festigungen aufwiesen. Die Forschung hat noch zu ergründen, wann in den Wehr bauten der Sorben die Bekleidung der Holz-Erde-Wälle mit steinernen Mauern beginnt. Nach dem bisherigen Material zu urteilen, kann man mit voller Objektivität sagen, daß das spätestens im 9. Jahrhundert geschehen ist. Wir finden also in dem Zeitraum vor dem 10. Jahrhundert auf dem sorbisch-lausitzischen Gebiete zwei Um wallungstypen: nämlich Wälle mit Holz-Erde-Konstruktion und Steinverkleidung (an der Außenseite), diese ohne Mörtelverwendung oder auch mittels Lehm oder Gipsmörtel verbunden, und nur aus Holz und Erde konstruierte Wälle. Die erstere Art kommt hauptsächlich im westlichen Teile des Gebiets vor und ist zweifellos ein Ergebnis auswärtiger Einflüsse. Die Holz-Erde-Wälle, besonders mit Kastenkonstruk tion, sind bisher weniger erforscht, aber sicher älter und heimischer Herkunft. Von Witold Hensel enthält auch der bereits erwähnte XVI. Band der polnischen „Archäologischen Berichte“ eine Spezialarbeit über „die frühgeschichtliche Burg in Kletzko im Kreise Gnesen“. Es wird zunächst die Lage dieses Objekts und die Ge schichte seiner Erforschung geschildert. Die Burgstätte Kletzko liegt an einer Furt: ein Flüßchen verbindet zwei Seen. Sie war nicht ein Gaumittelpunkt, schützte viel mehr, dank ihrer strategischen Lage, den Zutritt zu dem damals bereits staatlich organisierten Stammesgebiet der Polanen und bildete eine Schlüsselstellung im Ver teidigungssystem dieses Gebiets. Später, als Gnesen einer der Hauptfürstensitze Polens wurde, lagen in Kletzko wahrscheinlich landesherrliche Besatzungen; denn schon zu Beginn des 11. Jahrhunderts wissen wir von der Existenz einer Kirche, deren Patrone lange Zeit hindurch die polnischen Könige waren. Von der Bedeutung Kletzkos zeugt auch die frühzeitige Erbauung eines gemauerten Schlosses. Der Ort verlor seine Wichtigkeit erst, als das Staatszentrum nach Krakau verlegt wurde. Nach ihrer Verwüstung durch die Kreuzritter 1331 wurde die alte Burg nicht wieder aufgebaut. Aus der Tatsache der Errichtung eines Walles um das Suburbium und der Auf findung eines Silberschatzes (ein Tongefäß mit arabischen Münzen, Ohrringen west europäischer und anderer Herkunft, einem silbernen Kettchen und einigen silbernen Klammern) geht hervor, daß Kletzko auch ein lebhaft frequentierter Handelsort war, der frühzeitig (1255) Stadtgerechtigkeit erhielt — ein interessantes Beispiel für die Entwicklung der großpolnischen Städte aus der „Zelle“ eines Suburbiums. Der Ver fasser äußert hier die Überzeugung, daß die Suburbien nicht nur den Keim späterer Städte bildeten, sondern solche durch ihre Befestigungen tatsächlich waren. Die Planung neugegründeter Städte stützt sich in vielen Fällen auf die traditionelle Suburbiumanlage. Mit der neuen „Gründung“ veränderte sich eigentlich nur die rechtliche Beziehung der Suburbiumstadt zum Herrscher. Hierin allein ist der wirk liche Unterschied zwischen Suburbium und Stadt zu suchen.