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22. In der Hallstattzeit sind die großen geschichtlichen Nationen in bestimmten Teilen Europas archäologisch bestätigt: die Slawen auf dem Gebiete der Lausitzer Kultur, die Germanen in Südskandinavien, Jütland und Nordwestdeutschland, die Kelten südlich davon, die Balten in ihren jetzigen Sitzen. 23. Die allgemein anerkannte ursprüngliche Einheit der Balten und Slawen (Spra chenverwandtschaft!) setzt die Heimat dieser in unmittelbarer Nachbarschaft jener, also auf dem Gebiete der Lausitzer Kultur voraus. 24. Wenn die Lausitzer Kultur nicht urslawisch wäre, wo sollten dann die Urslawen im 2. und 1. Jahrtausend v. Ztr. gesessen haben? 25. Es existiert auch kein Stilunterschied, zumal in der Keramik zwischen der Lau sitzer und der slawischen Kultur, da in der Spät-La-Tene-Zeit der fundamentale Hallstattcharakter der Lausitzer Keramik durch die La-Tene-Kultur beeinflußt und der Ausgangspunkt der weiteren Entwicklung wurde. Diese Lausitzer Kera mik aus der Periode kultureller Stagnation, die zäh an der alten Tradition festhält und nur langsam La-Tene-Elemente übernimmt, findet sich gleichzeitig mit der keltischen Kultur; solche Koexistenz zweier Kulturen kommt auch anderswo in Europa vor (z. B. die illyrisch-rhätische'in den höhergelegenen Alpengebieten und die keltische in den niedrigeren Lagen). 26. Entgegen der Zuweisung der Oder- und Weichselkulturen in der La-Tene-Zeit an die dort zeitweilig siedelnden Germanen, die dann abwanderten und in der antiken Sphäre ihre Eigenart verloren, ist eine Verbindung der skandinavischen mit der deutsch-polnischen Kultur in der Eisenzeit nicht belegt. Die skandinavischen und baltischen Funde sind bis zum Ende der La-Tene-Zeit zwei verschiedene Welten, und nur hier und da hat man einige ähnliche metallene Handelsware oder Grab formen. Vor der römischen Kaiserzeit besteht kein enger Zusammenhang. Die Brandgrubengräber erscheinen in Polen eher als im Norden. 27. Daß die Bastarnen und Skiren, denen man die Steinkisten- und Glockengräber zuspricht, die sich seit Ausgang der Hallstattzeit von Pommern nach Süden ver breiten, Germanen waren, ist nicht sicher; aber die Steinkistengräber in Pommern entstanden, wie Kostrzewski und Snajdr nachgewiesen haben, durch eine Diffe renzierung aus der Lausitzer Kultur. 28. Die Germanen sind aus dem Norden infolge Klimaverschlechterung in einzelnen kleineren Einheiten abgewandert und haben das Oder-Weichsel-Gebiet nicht bevölkert, sondern nur infiltriert. 29. Die Frage der Wandalen nördlich der Karpaten in der römischen Kaiserzeit muß erst gründlich geklärt werden. Trotz auffallenden Mangels an germanischen Fun den auf dem Zobtenmassiv, den Geschwendt konstatierte, wurde der Berg, der einen uralten Lausitzer Burgwall trägt, als Kultzentrum der germanischen, den Wandalen verwandten Silinger, angesehen! Hier hielt sich auch in der slawischen Zeit eine heidnische Kultstätte, so daß man dagegen ein Augustinerkloster gründete. 30. Alle Tatsachen untermauern die Theorie, daß das Volk der Lausitzer Kultur solange in seinen ursprünglichen Sitzen verblieb, bis zu Beginn der neuen Zeit rechnung die antiken Quellen hier die Veneder (Slawen) erwähnen. 31. Ptolomäus erwähnt schon im 2. Jahrhundert u. Ztr. westlich der Weichsel Kalisia = Kalisch. Der Name der Weichsel ist offenbar slawisch. 32. Historische Daten erweisen, daß die Slawenexpansion von den Karpaten in die Donauniederung zu Beginn der neuen Zeitrechnung, jedenfalls nicht später als im 2. Jahrhundert, stattfand. 33. Archäologische Beobachtungen bestätigen diese Daten; z. B. ist in Nordost böhmen in der römischen Kaiserzeit zunehmender Kontakt mit dem Nordosten evident.