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AUS POLEN UND DER TSCHECHOSLOWAKEI Vorbemerkungen des Herausgebers In- der Aufgabenstellung unserer Arbeitsberichte nimmt auch die Vermittlung der polnischen und tschechoslowakischen Forschungsergebnisse einen wichtigen PI atz ein. Das ist für die sächsische Forschung schon deswegen unerläßlich, weil sie ohne die Kenntnis der Kulturentwicklung der Nachbargebiete keine einwandfreien Ergeb nisse zeitigen können wird und weil es für uns als Grenznachbar die Pflicht ist, die Ergebnisse der Arbeit der Nachbarländer zu vermitteln. Bei der Durchsicht der Nachkriegsarbeiten der Tschechoslowakei und Polens überrascht uns eine Fülle von Quellenmaterial und von kulturhistorischen und ethnischenAusdeutungen. Besondere Beachtung wird dabei zwei Hauptfragen geschenkt. Einmal ist es die nationale Pflicht eines Volkes, der eigenen Geschichte kritisch nachzugehen und die Spuren der Vorfahren soweit nur irgend möglich zurückzuverfolgen. Deshalb steht an hervor ragender Stelle der Forschung der slawischen Länder die Erforschung der archäolo gischen Reste der Altslawen, und zum anderen wurde ein unter Umständen damit in Zusammenhang stehender Fragenkreis erörtert, der sich mit Entstehung, Wesen und Umfang und kultureller Nachfolge der bronzezeitlichen Lausitzer Kultur befaßt. Durch Herrn E. Palm vom Sorbischen Volksbildungsamt in Bautzen ist es uns nun möglich geworden, die wichtigsten Arbeiten, und dabei vor allem diejenigen, denen ein ausführliches deutsches, französisches oder englisches Resümee fehlt, zu über setzen und hier gekürzt vorzuführen. Wir hoffen, daß diese Zusammenarbeit sich nicht nur für die Zukunft erhalten läßt, sondern sogar ganz wesentlich erweitert werden kann. Es war diesmal noch nicht möglich, einen Überblick über die gesamte erschienene Literatur zu geben, sondern wir mußten uns darauf beschränken, einige wichtige Arbeiten herauszugreifen. Es sei bemerkt, daß, wie in jeder Wissenschaft, für die Gesamtzahl der Probleme keine volle Klärung erreicht worden ist und daß sich natürlich auch innerhalb der Forschung der hier behandelten Länder verschiedene Meinungen gegenüberstehen.-Aufgabe unserer Darstellung soll es aber nicht sein, die einzelnen Auffassungen gegeneinander abzuwägen oder gar Urteile zu fällen, sondern wir wollen in erster Linie einmal neben der Vermittlung der Ansichten eine gewisse Belebung der Auseinandersetzung einleiten, die sicherlich nicht allein von den For schern Polens und der Tschechoslowakei geführt werden wird. Wir wollen vor allen Dingen damit erreichen, daß sich noch mehr Vorgeschichtler als bisher an der Klärung der angeschnittenen Fragen beteiligen und daß die so wichtigen Fragen wieder durch internationale Zusammenarbeit der Klärung näher gebracht werden. Im Anfang der Nachkriegsveröffentlichungen stand die Auseinandersetzung mit den Arbeiten deutscher Vorgeschichtler zur Slawenfrage, d. h. der bereits geschichtlichen slawischen Kultur. Dieser Aufgabe unterzog sich vor allem J. Kostrzewski, der in der Besprechung der Arbeit von E-Petersen, Der ostelbische Raum als germanisches Kraftfeld im Lichte der Bodenfunde des 6. bis 8. Jahrhunderts, 1939, die Unhaltbar keit der dort so absolut ausgesprochenen Thesen herausarbeitet. Er bezeichnet das Werk als ein Zeugnis der politischen Zielsetzung der Wissenschaft, die zumindest in diesem Fall als Mittel zum Zweck bezeichnet wird. Interessante Bemerkungen bringt er dann über die Arbeit H. A. Knorrs, Die slawische Keramik zwischen Elbe und Oder, 1938, die er mit der Arbeit von E. Schirmer, Die deutsche Irdenware des 11. bis IS, Jahrhunderts im engeren Mitteldeutschland, 1939, verbindet, um schließlich festzustellen, daß auch die sogenannte frühdeutsche oder Kolonisationsware zumindest in wesentlichen Teilen eine Fortführung der slawischen Keramik bedeutet. Dann befaßt, er sich mit der Arbeit von W. Hülle/W. Radig, West ausbreitung und Wehranlagen der Slawen in Mitteldeutschland, 1940, die er trotz kleinerer Mängel als brauchbare Arbeit hinstellt, weil sie eine Art vollständigen Kata-