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TECHNOLOGISCHE BEMERKUNGEN ZUM BRONZEGEFÄSSFUND VON DRESDEN-DOBRITZ Von Artur Pietzsch Meist werden vorgeschichtliche Gegenstände ohne tiefere Überlegung vom jeweiligen modernen Standpunkt aus betrachtet. Deshalb ist es schwer, die hohe technische Kunst, die uns von unseren Vorfahren überliefert wird, zu erkennen und in ihrem vollen Umfange zu beurteilen. Mit dem vorliegenden wohl einzigartigen Depotfund von Dresden-Dobritz erlebten wir nur zu oft diese Feststellungen an den Interessen ten, gleich, welchen Beruf sie ausüben. Aus diesem Grunde wollen wir zu erklären versuchen, welche Geheimnisse uns gerade dieser Fund offenbart. Alle 17 Bronzegefäße sind getrieben, und so lag der Gedanke nahe, dem Fachmann, also Metalltreiber, Schmied, Gürtler, Schlosser usw., diese Stücke zu zeigen, um deren Meinung zu hören. Unsere Frage, ob sie imstande wären, ein solches Gefäß nachzutreiben, wurde oft, eben aus Unkenntnis der Dinge, von erfahrensten Fach leuten bejaht. Wir selbst sind der Meinung, daß es heute keinen Menschen mehr gibt, der imstande wäre, ein derartiges Gefäß aus gleichem Material und in der gleichen Art herzustellen. Der Beweis unserer Auffassung liegt in den folgenden einleuchtenden Ausführungen begründet: Wir kennen, besser gesagt erkennen, unter dem geringen Teil bronzezeitlicher Werk- zeuge nur wenige Stücke, die sich zur Bearbeitung solcher Gefäße eignen könnten. Was wissen wir von den Hilfsmitteln, Hilfsgeräten, von den kleinen und großen Kniffen, die jeder einzelne Handwerker angewendet hat und die bewußt oder un bewußt sein Geheimnis blieben? Was wissen wir von der technischen Herstellung des Rohmaterials bis zum — in günstigsten Fällen ■—■ zweiten Reinguß? Nach welchem Verfahren wurde das Abglühen ausgeführt? Wenn wir uns tiefer in die jeweilige Technik hineindenken oder unsere Proben anwenden, treten uns immer neue Fragen entgegen. Ein alter Meister im Kupferschmieden berichtet uns von einer Teekanne, die er aus einem alten kupfernen Zweipfennigstück getrieben hat. Sinnend hält er eines unserer Gefäße in den Händen und spricht für sich: „Ja, das war eben Kupfer, bei Bronze ist das ganz anders.“ Nachdenklich setzt er das Gefäß auf den Tisch. Auf unsere aber malige Frage, ob er imstande wäre, dieses Gefäß um jeden Preis nachzuarbeiten, sagt er: „Wie dies gearbeitet ist, nicht.“ Möge es uns gelingen, wenigstens einen Teil der hier verlorengegangenen Techniken wiederzufinden, um daraus zu lernen, und um für unsere Zukunft das Entdeckte weiter zu entwickeln. Für alle technischen Fragen benötigen wir auch Facharbeiter und Interessenten, denen wir in den Studien- und Schausammlungen die Probleme zergliedern. Das Museum kann so zum Forschungs institut für das ganze Volk werden. Leider waren wir gezwungen, die wilde Patina von den Gefäßen abzunehmen, um diese vor weiterem Verfall zu schützen. Als Entschädigung dafür zeigten sich um so deutlicher alle technischen Feinheiten, die uns unter der Patina verborgen geblieben waren. Die Legierungen der Bronzen sind, nach dem Aussehen zu urteilen, bei jedem Gefäß anders zusammengesetzt. Von der ganz glatten, also unverzierten Schale bis zum geschmackvollsten Ornament können wir die verschiedensten Arbeitsstufen sowie die für diese Zeit schon fest stehenden Methoden und Systeme erkennen. Nach den technischen Merkmalen lassen sich alle 17 Gefäße in drei, wenn nicht sogar in vier verschiedene Gruppen einteilen. Auch die Herstellungsart der genannten Gruppen bekräftigt diese Annahme, d. h. die Gruppen sind nach verschiedenen Gesichtspunkten gearbeitet, so daß man an-