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wichtigsten und erfolgreichsten Erfindungen, nämlich die der Drehbewegung, als' Arbeitsprinzip, auf die Steintechnik und insbesondere das Schleifen der Gesteine angewandt hätten. Das ist nichts Überraschendes, liegt doch die Verwertung der Drehbewegung der Steinbohrmaschine zugrunde, die J. Lechler „die wichtigste Maschine des 3. Jahrtausends“ v. Ztr. nennt 40 ). Auch soll die sich zum Aufspulen des Webfadens um den durchgesteckten Stab drehende Spindel mit dem Wirtel nach Ed. Hahn den Anstoß zur Erfindung des Wagens gegeben haben 41 ). Für Schleifsteine mit Drehbewegung — die Steindrehbank also — liegen jedoch Belege erst aus dem Mittelalter bei uns vor. Damals wurden z. B. Spinnwirtel aus dem Weichen Serpentin, der nur die Härte von 3—4 besitzt, gedreht. Unsere in ihrer prachtvollen Symmetrie und feinen Bearbeitung kaum zu übertreffenden Facettenstreitäxte der Schnur keramiker zeigen jedoch bei genauerer Betrachtung bei aller Feinheit des Schliffes, daß die Flächen zwischen den Kanten nie vollkommen eben, sondern immer — wenn oft auch nur wenig — gewölbt sind. Die meisten Schleifrillen verlaufen, wie schon bemerkt, senkrecht zu den Kanten über die Rautenflächen. Die längsziehenden Rillen dürften später entstanden sein, als es galt, letzte Unebenheiten zu entfernen. Wie H. Dengler — wohl mit Recht — vermutet, wurden die Facettenäxte nicht an einem drehbaren, sondern mit einem unmittelbar von der Hand geführten Schleifsteine geschliffen, der über die ruhende Axt hinweggerieben wurde. Wenn wir also auf die Annahme der Anwendung des rotierenden Schleifsteines in der Jungsteinzeit schon verzichten müssen, solange keine unzweideutigen Belege vorliegen, der hohe Stand der Technik dieser Frühzeit menschlicher Kultur würde eine solche Annahme übrigens durchaus rechtfertigen, so müssen wir um so mehr das handwerkliche Können der neolithischen Steinarbeiter bewundern. Das Schleifen hatte nicht nur den Zweck, den Werkstücken die endgültige und in ihrer schönen Ebenmäßigkeit gefallende Gestalt zu geben, sondern auch ihnen jene Glätte und den Glanz der Oberflächen zu verleihen, die uns nach vier und fünf Jahr tausenden noch entzücken können. Ihren Steingeräten verstanden die Handwerker eine feine, glatte Oberfläche, die sogar bis zu Hochglanz poliert wurde, zu geben. Man darf in Analogie zu den jetzt noch üblichen Verfahren vermuten, daß diese vorzüg liche Politur auf Häuten mit Fett und Asche erzielt worden ist. Dadurch trat die „Maserung“ des Gesteins in ihrer vollen Schönheit hervor, und die weißgrünen, flam migen und gestreiften Prasinite standen dann den prächtigen Nephriten nicht nach. Gewiß sind auch die Steinzeitmenschen dieser Schönheit gegenüber nicht blind gewesen; wichtiger war ihnen wohl die bessere Haltbarkeit ihrer Steinwerkzeuge gegen die Verwitterung und den Angriff chemisch wirksamer Stoffe, welche durch die Politur erhöht wird. Das Bohren der Steingeräte Für die Technik des Bohrens haben die Untersuchungen des mittelsächsischen Fund materials keine neuen Gesichtspunkte ergeben. Wir verweisen daher auf den Aufsatz von H. Dengler 42 ), der auch einige Belegstücke aus dem Kreis Döbeln (Roßwein, Simseiwitz) beschrieben und abgebildet hat. Von der bandkeramischen Siedlung von Birmenitz liegen zahlreiche Bohrkerne und Äxte mit unvollendeter Bohrung und stehengebliebenen Bohrkernen oder einer zweiten Bohrung, weil die erste am Bohr- loche durchbrach, ebenso vor wie von anderen Fundstellen neolithischer Steinwerk zeuge des Kreises Döbeln, z. B. von Gärtitz, Wöllsdorf, Beiersdorf. 40) J. Lechler, 5000 Jahre Deutschland, Leipzig, 1936, S. 34/35. 41) H. Mötefindt, a. a. 0., S. 34. > * 2 ) H. Dengler, Zur Kunst der Steinbohrung, in Sachsens Vorzeit, 1938, S. 38/44.