Volltext Seite (XML)
Wie gewann z. B. der Neolithiker das Rohgestein für seine Werkzeuge und Geräte? Sammelte er es an den Schutthalden des anstehenden Gesteins oder war er schon, wie die Altägypter, zum Steinbruchbetrieb übergegangen? Wir erhalten darüber bei L. Pfeiffer keine Antworten. Auch unser Beobachtungsraum bietet keine Einzelfunde, die uns .Rückschlüsse zu ziehen gestatten. Wir sind vielmehr auf Vergleiche mit der historischen Vergangen heit und der Gegenwart angewiesen. Es liegt nahe zu vermuten, daß in der Jungsteinzeit die Mehrzahl der zur weiteren Verarbeitung bestimmten Gesteinsblöcke und -platten aus den durch den Frost und die damit verbundene Sprengung des Gesteins sich immer wieder ergänzenden Schotterhalden herausgelesen und an Ort und Stelle zerschlagen worden ist. Da es aber vor allem darauf ankam, unverwittertes und völlig gesundes, bergfrisches Gestein zu verwenden, so dürfte man auch versucht haben, Spalten und Klüfte des anstehenden Gesteins durch Eintreiben trockener Holzkeile, die man durch Über gießen mit Wasser quellen ließ, zu sprengen. Noch jetzt wird in der Steinindustrie dieses „Pflocksetzen“ durchgeführt. Die in die Keillöcher eingesetzten Holzkeile quellen so stark, daß sie infolge des vergrößerten Volumens derselben die entstandenen Spalten und Haarrisse des Gesteins auseinandertreiben. In ähnlicher Weise wirkt auch in die Löcher und Fugen gegossenes Wasser, das zum Gefrieren gebracht wird, da Eis einen größeren Raum beansprucht als das Wasser 35 ). Die gegebenen Jahres zeiten dürften auch in der Jungsteinzeit das Frühjahr und der Spätherbst und der Anfang des Winters gewesen sein, wo Frost und Tauwetter häufig miteinander ab wechseln. Wir müssen also annehmen, daß handliche und leicht transportable Bruch stücke des Gesteins an Ort und Stelle im Hainichen-Frankenberger und Waldheimer Raume gewonnen worden sind. In diesem Rohzustande sind die Massen nach den Arbeitsplätzen und Werkstätten, z. B. von Birmenitz, auf den angegebenen „Wegen“ mit verschiedenen Transportmitteln gebracht worden. Wie erfolgte die weitere Bearbeitung des Rohmaterials? Stufen der Bearbeitung des Gesteins lassen sich besonders gut an einigen Stücken der Wallrabeschen Sammlung von Birmenitz erkennen. Den plattigen Prasiniten wurde schon beim Behauen, offenbar mit einem geradkantigen, drei- oder viereckigen Steinhammer, einigermaßen die Form des Werkstückes gegeben (Bi, Ds 290; Abb. 3). Man erkennt an dem Rohstück außerdem zahlreiche nur wenige Millimeter breite Schlagstellen eines Meißels, mit welchem die Platten dünn gespalten und Buckel abgeglättet wurden. Auf diese interessanten Bearbeitungsspuren hat H. Dengler auf merksam gemacht. Fest eingespannt wurden die Gesteinsplatten wahrscheinlich durch Holzpflöcke, so daß sie beim Zurechtsägen der Kanten wenig verrutschten. Über die Art des Sägens werden in der vorgeschichtlichen Literatur 36 ) recht verschiedenartige Angaben ge macht. Die uns vorliegenden Belegstücke sind jedenfalls nicht mit der aus zahl reichen Abbildungen bekanntgewordenen „Stabpendelsäge“ mit Feuersteinschneide abgesägt worden. Wendet man diese Steinsäge an, so muß in der Fläche des Werkstückes eine elliptische „Sägewanne“ und eine gebogene Sägespur im Schnitt zu beobachten sein. Das ist aber nicht der Fall. Vielmehr stellen wir eine in der Fläche gleichbreite „Sägerinne“ und im Schnitt gerade und mehr oder weniger parallel ver- 35) Handbuch der Steinindustrie, hrsg. v. Karl Weiß, 2. Bd. Technik der Steingewinnung u. Stein verarbeitung, Berlin 1915, S. 32. 36) Ebert, Reallexikon für Vorgeschichte, Bd. XII, 1908, S. 395. Dazu neuerdings A. Pietzsch, in Arbeits- und Forschungsberichte zur sächsischen Bodendenkmal- pflege vom 9. 5. 1945 bis 30. 4. 1950, 1951, S. 31 ff.