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umfangreichen und schweren Stücken und Platten bei Hainichen und Waldheim gewonnen, zur weiteren Verarbeitung aber in die Siedlungen der Steinzeitler gebracht worden sind. Demzufolge liegen die Zusammenhänge im Döbelner Raume anders wie in der Trierer Landschaft, wo die ungeformten Diabasstücke neben angefangenen Beilen, gepickten und geschliffenen Stücken an Ort und Stelle des anstehenden Gesteins gefunden worden sind 22 ). Es sind also bei uns Transporte des Rohgesteins vorauszusetzen, welche an gewisse Verkehrsrichtungen gebunden waren. Diese letzteren wollen wir mit allem Vorbehalt als „Wege“ bezeichnen. Daß in Mittelsachsen die Richtung des Verkehrs während der Vor- und Frühgeschichte durch die Lage der „Freilandschaften“ und „Gefilde" festgelegt war, hat Walter Frenzel betont 23 ). Diese „Freilandschaften“ umriß Johannes Leipoldt in einer Karte des Waldes und Siedlungslandes in Sachsen um 1000 u. Ztr., die auf Grund der Ver breitung des Löß- und Lößlehmbodens sowie der Siedlungsformen gezeichnet worden ist 24 ). Entsprechend dem milderen Klima, das während der Epochen der band- und schnurkeramischen Besiedlung herrschte, sind die Grenzen dieser Freilandschaften insbesondere gegen Süden weiterzuspannen. Im nördlichen Mittelsachsen wirkten diese ertragreichen und unschwer zu bestellenden Böden schon seit der jüngeren Steinzeit verkehrschaffend, erzeugt doch die Seßhaftigkeit der bäuerlichen Wirt schaft und Kultur den eigentlichen beständigen Güteraustausch und Verkehr. Daher sind die Döbelner, Lommatzscher und Mügelner Pflege als älteste Wirtschaftsgebiete Sachsens zugleich die ältesten Richtungs- und Durchgangsgebiete des Verkehrs. Ihm stellte die Natur hier keine unüberwindlichen Hindernisse des Geländes in den Weg. Es liegt auch keine Veranlassung vor, die technischen Voraussetzungen, über welche die Neolithiker verfügten, so gering einzuschätzen, daß sie der Hindernisse nicht Herr geworden wären. Kennen wir also die Ausgangspunkte und die Ziele dieser Transportwege, so liegen nicht minder fest die Muldenfurten bei Gleisberg, Roßwein, Döbeln, Technitz, Weste- witz (Staupen), Leisnig-Fischendorf und Altleisnig. Die Entfernung zwischen Birmenitz und dem Frankenberg-Hainichener Raume beträgt, in der Luftlinie gemessen, nur 30 km. Aus dem Fund einer Spitzhaue vom vogtländischen Typ sind aber Handelsbeziehungen vom Vogtlande anzunehmen, die mehr als 100 km Entfernung voraussetzen. Jedoch läßt sich an unserem Fundstück, da sein Fundort nicht genau bekannt ist, der interessanten Frage nicht nachgehen, ob es einer vogtländischen Werkstatt entstammt oder als Spezialgerät am Verwendungs ort hergestellt worden ist. Ein Nachweis von Handelsbeziehungen mit dem Vogtlande konnte aber aus der Verwendung von gebänderten Sedimentgesteinen erbracht werden, die als Rohstoffe in den Fundgebieten von Birmenitz und Baderitz-Zschaitz festgestellt wurden. Diese gebänderten blauschwarzen oder grünlichgrauen Schiefer sind in der Umgebung von Döbeln nicht vorhanden, dahingegen überaus charakteri stisch für das sogenannte vogtländische Kambrium, die untersilurischen Phycoden- schichten. Sie sind, wie die geologische Karte zeigt, südwestlich der Linie Weida— Greiz—Reichenbach in einem größeren, zusammenhängenden Gebiete in mehreren tief eingeschnittenen Flußtälern aufgeschlossen und bilden dort Felsgehänge und Schutt halden. Das schwarze, tonreiche Gestein der Döbelner Spitzhauc könnte aber auch von kulmischen Tonschiefern abgeleitet werden, die das gleiche Heimatgebiet wie die Phycodenschichten haben. Eine weitere Stütze dafür, daß aus dem Vogtlande Roh stoffe oder fertige Steinwerkzeuge bezogen wurden, ist in einer Flachhacke aus ober- silurischem Kieselschiefer in Birmenitz zu erblicken. Ist nun unser erster Grundsatz richtig, daß zuerst einheimische Rohstoffe verarbeitet wurden, so sollte man unter den 22) Fr. Schmitt u. W. Dehn, a. a. O., S. 13/14. 23) W. Frenzel, Straßen und Wege, in Grundriß der sächsischen Volkskunde, S. 56. 24) J. Leipoldt, Boden und Urlandschaft in Sachsen, in Grundriß d. Vorgeschichte Sachsens, Karte S. 72/73.