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Anfangs wurden die vollständig auf der Scheibe gedrehten Gefäße aus demselben grobkörnigen Ton mit Beimischung von Granit- oder Quarzgrus wie die ältere, ganz mit der Hand oder mittels der Handtöpferscheibe hergestellte Keramik angefertigt, auch die Wände sind anfangs verhältnismäßig dick. Allmählich aber gelangt feinerer Ton mit schwächerer Beimischung von Steingrus zur Ver wendung, und gleichzeitig konnten infolge schnellerer Drehung der Scheibe dünnwandigere Gefäße hergestellt werden, bei denen die Ornamentik (Zierlinien und -bänder) regelmäßiger ausfällt. Die altpolnische Töpferei übte starken Einfluß auf die Nachbarländer aus. An der polnischen Keramik orientierten sich die Produkte der baltischen Völker, besonders der Preußen, und aus Pommern sind auf der Scheibe gedrehte Gefäße zahlreich nach Schweden ausgeführt worden, wo wir sie massenhaft z. B. in dem berühmten Handelszentrum Birka bei Stockholm antreffen. Gerade die Töpferei hat als das ausgesprochen autochthone Gewerbe zweifellos in ihrer Ornamentik den ästhetischen Geschmack der altpolnischen Bevölkerung am reinsten bewahrt, während andere, mehr dem Handel unterliegende Objekte, wenn auch heimischer Produktion, doch häufiger fremde Muster aufweisen. Die auf dem altpolnischen Tongeschirr zu beobachtenden Zierelemente können also allgemein als Beweis der heimischen Herkunft dienen, auch wenn sie auf beinernen oder metallenen Gegenständen angetroffen werden. Natürlich heißt das nicht, daß andere, nicht in der Keramik angewendete Zierelemente, un bedingt fremden Ursprungs sein müssen. Wie schon oben bemerkt, unterscheiden wir bezüglich Form und Ornamentik zwei territoriale Gruppen der altpolnischen Keramik: eine nördliche und eine südliche. In der Entwicklung der Ornamentik des Tongefäßes der nordpolnischen Gruppe, die bedeutend reicher als die der südlichen Gruppe erscheint, kann die Zeit vom 7. bis 11. Jahrhundert in drei stilistische, durch die Herstellungs technik der Ornamentik und der Motive sich unterscheidende Phasen eingeteilt werden. Die ältesten nordpolnischen Gefäße aus der Zeit vom 7. bis Mitte des 10. Jahrhunderts, hergestellt meist aus freier Hand oder auf der primitiven Handtöpferscheibe nachträglich abgedreht, waren — mit Ausnahme der seltenen Fälle von Benutzung eines Holzstäbchens bzw. eines beinernen Stichels — meist mittels eines kammförmigen, zwei- bis vierzinkigen Instruments ver ziert. Mit diesem wurden ebenso längere Linienornamente wie auch kürzere gestrichelte, einzeln oder verbunden, angebracht. Von den geradlinigen, aus Linienbändern oder waagerechten, senkrechten und schrägen Stricheln zu sammengesetzten Elementen sind am charakteristischsten gewöhnliche oder schräge Kreuze, Zickzacklinien und Tannenzweigmuster. Krummlinige Motive treten meistens in Gestalt von Bogen oder Wellenlinien auf, die allein oder in Verbindung mit geradlinigen Ornamenten vorkommen. Eine besondere Gruppe von Ornamenten bilden die gestempelten, die meist mit dem runden oder quadratischen Ende eines dünnen Stockes, das mit zwei, vier oder sechs sich kreuzenden Einschnitten versehen war. Ein Röhrenknochen, eine Gänsefeder oder ein Rohr ergaben kreisrunde Eindrücke und der Einsatz eines zugespitzten Hölzchens in einen derartigen Stempel ein sog. Auge, d. h. einen Kreis mit Mittelpunkt. Auf diese Weise entstanden verschiedene Muster. Die Verzierungen der ältesten Keramikgruppe sind gewöhnlich auf einen schmaleren oder breiteren Streifen des Halses bzw. des Gefäßoberteils beschränkt. Bei den doppelkonischen Gefäßen befinden sie sich in der Regel nur oberhalb