Volltext Seite (XML)
Schließlich ist noch einer ziemlich häufigen Art von Tonware zu gedenken, die man nur bedingt zu den Gefäßen rechnen kann, weil sie nicht transportabel, sondern am Herd befestigt waren: nämlich große rechtwinklige Tröge, die jeden falls zur Reinigung des Korns (mittels des Feuers) von Spreu und Grannen dienten. Nach der Ausformung der Gefäße wurden sie anfänglich meistens mit einem kammförmigen Instrument von sieben bis acht Zinken verziert, das später durch einen tönernen oder beinernen Stichel oder ein gewöhnliches Stäbchen ersetzt wurde. Nachdem die Verzierung angebracht war, wurde das Geschirr getrocknet und danach in wahrscheinlich — nach dem schwachen und ungleichen Brand zu urteilen — sehr primitiven Töpferöfen gebrannt. Diese wird man sich in der Art vorzustellen haben, wie sie noch heute in der Umgegend von Medyn (Gouverne ment Kaluga, UdSSR) existieren, d. h. in Gestalt gewöhnlicher, an einem abschüssigen Hange angelegter Gruben mit zwei Ausgängen. Nachdem so eine Grube mit Geschirr angefüllt ist, wird darin am unteren, durch ein kleines Dach geschützten Eingänge ein Feuer entzündet, dessen Rauch durch die obere Öff nung entweicht. Überreste eines solchen Töpferofens sind in der Gegend von Poznan (Posen) aufgefunden, leider bisher nicht eingehend beschrieben worden. Einen bedeutenden Fortschritt in der Töpferei bildete die in Polen um die Mitte des 10. Jahrhunderts eingeführte Verbesserung der Töpferscheibe, die nun mit Hilfe des Fußes bewegt wurde. Diese Fußtöpferscheibe bestand aus zwei waage recht gelagerten Scheiben, die sich mittels einer einfach im Boden oder auf einem besonderen Holzgestell befestigten Achse drehten. Die obere wurde nicht mehr, wie meist bei der Handtöpferscheibe, von der Achse durchstoßen, sondern besaß nur an der Unterseite eine kreisförmige Vertiefung, mit der sie auf der Achse saß. Die untere, durch die die obere in Drehung versetzt wurde, fertigte man anfangs gleichgroß, später aber größer an, da dies die Drehung erleichterte. Dank der Mitarbeit der Füße, die beide Hände für die eigentliche Arbeit am Gefäße frei machte, erreichte man eine schnellere Umdrehung der Scheibe,und durch die ver vollkommnete Konstruktion wurde auch das frühere Schwanken des ganzen Appa rates bei seiner Drehung vermieden, was eine ordentlichere Arbeit zur Folge hatte. Jetzt erscheinen nun die vollständig auf der Scheibe abgedrehten Gefäße. Damit war auch erst eine Massenherstellung tönernen Geschirrs ermöglicht, und es entstanden zahlreiche miteinander wetteifernde Töpferwerkstätten, die zur Unterscheidung ihres Produkts von dem der Konkurrenz ihre Ware mit konvexen kreisförmigen Fabrikmarken auf dem Boden zu zeichnen begannen, die im Negativ mitten auf der Oberfläche der Töpferscheibe angebracht waren und so zugleich als Stütze des Topfbodens bei der Drehung dienten. Die altpolnischen Töpfer benutzen, ähnlich wie andere slawische Völker, zur Zeichnung ihrer Produkte wahrscheinlich individuelle oder Familieneigenzeichen, sog. „Gemerke“, deren sich in geschichtlicher Zeit die Imker oder die kaschubischen Fischer zur Kennzeichnung ihrer Geräte bedienten. Am häufig sten begegnen wir unter diesen Töpfermarken dem gleicharmigen Kreuz, das den ganzen Boden oder nur dessen Mittelteil einnimmt, dem Kreuz im Kreise, auch der ebenfalls mit einem Kranz umgebenen Swastika. Seltener treten andere Motive auf, die teilweise Varianten jener Kreuze darstellen, z. B. Doppelkreise mit dem Kreuz im inneren Kreise, konzentrische Räder mit 8 bis 12 Speichen usw.