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und Südwestdeutschlands gelangte, wo sich nämlich seit dem 5. und im Laufe des 6. Jahrhunderts ein ganz besonderer Stil herausbildete: doppelkonische Gefäße mit horizontaler Profilierung am oberen Teil, darunter auch einige mit Stempelabdrücken. E. Petersen datierte diese Funde richtig ins 7. Jahrhundert, und es ist sehr wahrscheinlich, daß die Produktion dieser profilierten Gefäße auch im 8. oder gar 9. Jahrhundert fortdauerte. Die profilierte Keramik aus den Skelettgräbern von Wisternitz wird man in die erste Hälfte des 9. Jahrhunderts verlegen müssen. Man kann aber hier wegen der weiten Entfernung nicht Ein flüsse direkt aus Westdeutschland annehmen. Das Gräberfeld von Wisternitz ist sehr umfangreich und dürfte nach vollkommener Durchforschung, die noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird, zu den größten in ganz Mähren zu zählen sein. Wenn uns auch die Ausdehnung der zugehörigen Siedlung, die in der nächsten Umgebung der Gräberfelder, vollkommen in Überschwemmungs gebieten, lag, noch nicht bekannt ist, so können wir doch voraussetzen, daß sie eine sehr bedeutende war und deshalb auch von Händlern und sonstigen Fremden, die auf dem Wege nach dem Brünner Kessel an den Pollauer Bergen vorbei kamen, besucht wurde. So gelangte in dieses wichtige Zentrum am Fuße der Pollauer Berge höchstwahrscheinlich schon in der Zeit Samos auch manche nichtslawische Händlergenossenschaft, und einzelne von deren Teilnehmern blieben für dauernd in dem slawischen Milieu seßhaft. Die südmährische Keramikproduktion geriet auf diese Weise hier in direkten Kontakt mit der nichtslawischen. Deren Formen wurden aber nicht mit allen Einzel heiten übernommen. Die fremden Elemente erscheinen hauptsächlich in der Profilierung und in der unterschiedlichen Färbung und Mischung des Materials. Die Herstellung solcher Keramik verbreitete sich nicht in die slawischen Nachbargebiete und verschwand, wie aus den bisherigen Funden hervor geht, am Ende des 9. oder Anfang des 10. Jahrhunderts. Ebenso assimilierten sich ihre ursprünglichen Träger im slawischen Milieu, dessen Kultur hier als die einzige bis Anfang des 13. Jahrhunderts geherrscht hat, als von Süden her dann deutsche Kolonisten in diese Gegend vordrangen. Die angeführten Einflüsse bewirkten, daß im Bereich der Pollauer Berge eine eigenartige Kultur entstand, die zwar mit den übrigen altmährischen Gebieten vieles gemein hat, aber unstreitig eine eigene Mentalität der südmährischen Slawen bezeugt, d. h. einen altmährischen Stammesbezirk an den Pollauer Bergen mit dem Zentrum der großen Siedlung am Zusammenflüsse der Svratka und Thaja, der sicher eine wichtige gesellschaftliche und politische Funktion im Rahmen des Großmährischen Reiches zugefallen ist. Im Schlußkapitel seines Buches, das die geschichtlichen Folgerungen aus den vorgeführten Forschungsresultaten zieht, sagt der Verfasser: Auf den aus gedehnten Gebieten Südmährens saß im 1. bis 4. Jahrhundert ein altes auto chthones Ackerbauernvolk, und die Germanen, möglicherweise auch die Quaden, erscheinen hier als eine dünne Oberschicht von Okkupanten, die niemals in diesem Lande festwurzelte und deren Bedeutung darum für die wirtschaftliche Entwicklung der südmährischen Ebene und der altslawischen Niederung zwischen Donau und Thaya ganz unbeträchtlich ist. Die altmährische slawische Urbevölkerung tritt hier mit ihrer Kultur schon im 5. Jahrhundert markant hervor, und ihre Entwicklung läßt sich ununterbrochen bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts verfolgen. Dann erst beginnt Südmähren allmählich der bajuvarischen Kolonisation zu unterliegen.