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Die ältesten Gräber auf dem benachbarten großen Bestattungsfelde von Devinska Nova Ves gehören unstreitig in die Zeit Samos, die Brandgräber sind slawisch, denn im 7, Jahrhundert haben weder Awaren noch Franken feuer bestattet. Die Skelettgräber, unter denen sich auch Reitergräber befinden, weisen unter ihrem Inventar besonders Gegenstände vom Keszthely-Typus auf. Unter dem eisernen Inventar ist nur weniges westlicher Herkunft, es ist sehr wahrscheinlich, daß es hauptsächlich von slawischen Schmieden stammt, deren Handwerk damals schon auf bedeutender Höhe stand. Die Keramik in den Gräbern ist entweder slawisch oder entstammt spätrömischen Werkstätten. Doch kommt auch nomadische handgeknetete Keramik vor, die den Awaren eigen ist. Mit Recht bezeichnet darum Eisner diese Begräbnisstätte als awarisch slawisch. Der Friedhof von Devinska Nova Ves liegt dem eigentlichen awarischen Siede- lungsgebiet eng benachbart und in der Interessensphäre des Awarenreichs im Karpatenkessel. Diese Gegend im Donaugebiet war nicht nur öfteren Einfällen der Awaren ausgesetzt, sondern es ist sehr wahrscheinlich, daß sich die Awaren ihrer als eines strategisch wichtigen Punktes bemächtigt haben. Eben aus dieser awarisch-slawischen Symbiose ging das große Gräberfeld von Devinska Nova Ves hervor. Hier herrschte zur Zeit des Samoreiches eine große Unruhe. Zum Aufbau eines slawischen Staates und einer Vorbereitung des Gegenangriffs gegen die Awaren, von dem wir aus schriftlichen Quellen wissen, brauchte Samo die entsprechenden Bedingungen. Diese konnte er nicht am äußersten Rande des slawischen Gebietes, in unmittelbarer Nähe der awarischen Siedlungen finden, sondern in einem Kerngebiet, das nicht direkt durch die Oberherrschaft der Awaren zu leiden hatte. Die Funde in den Skelettgräbern mit dem Inventar vom Keszthely-Typus auf dem Gebiete zwischen Donau und Thaya zeigen, auch wenn wir an ihrer Slawini- tät nicht zweifeln, daß es ähnlich wie das Devin-Gebiet im Bereiche der awari schen Macht lag. Skelettgräber erscheinen hier am Ende des 8. und im 9. Jahrhundert, also in der Zeit während und nach dem Untergange der Awaren herrschaft in Ungarn. Hier hat sich also in der Zeit der Awarenherrschaft die slawische Kultur ruhig weiterentwiekelt. Poulik hält es deshalb für möglich, daß das Zentrum des Samoreiches auf dem südlich von der Thaya, nördlich von den südlichsten Ausläufern der mährischen Schweiz („Moravsky Kras“, Mährischer Karst) und östlich vom Steinitzer Wald (dnsk les) begrenzten Gebiete lag. Es ist dasselbe, in dem sich schon in den ältesten Zeiten eigen artige Kulturgruppen herausbildeten. Der slawische Staat Samos pflegt als Vorgänger des Großmährischen Reiches angesehen zu werden. An der materiellen Kultur der alten Mährer im 8. Jahr hundert wurde schon gezeigt, daß zu dieser Zeit keine größeren gesellschaftlichen Unterschiede festzustellen sind. Diese Kultur ist in ganz Mähren einheitlich. Einflüsse geographisch begrenzter Teilgebiete treten erst gegen Ende des 8. und in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts zutage. Es ist darum kein Zufall, daß wir diese kleinen Gebiete mit charakteristischen Objekten der materiellen Kul tur, besonders in der Verzierung, den Formen und der Herstellungsart der Keramik, die ein heimisches Produkt war, mit Stammesgebieten, also einer gesellschaftlichen Weiterentwicklung der alten Mährer, identifizieren. Die Ver einigung dieser Stämme erfolgte in vollem Umfange erst in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts unter dem Fürsten Rostislav. Gleichzeitig entsteht auch