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EIN SCHERBENFUND DER JÜNGEREN HALLSTATTZEIT VON LEIPZIG-STÜNZ Von Rudolf Moschkau Die Billendorfer Kultur als jüngste stammesmäßige Ausbreitung des großen Lausitzer Formenkreises füllt im sächsischen Raum zwischen Neiße und Elster—Saale wohl das rechtselbische Gebiet, ist aber schon im mittelsäch sischen Raum schwächer vertreten und kommt schließlich im westsächsischen Gebiet so spärlich vor, daß hier mit einer Abwanderung größerer Volks teile der Träger der billendorfischen Kultur seit dem 8. Jahrhundert v. u. Z. gerechnet worden ist 1 ). In den vorangehenden vier Jahrhunderten (Bronzezeitstufen 4 und 5 nach Montelius, Hallstattstufen A und B nach Rei necke) hatten die Lausitzer ihren Siedlungsbereich in kraftvoller Ost-West- Bewegung von der Elbe her über die Mulde bis ins Saalegebiet ausdehnen können. Mit dem 8. Jahrhundert aber setzt bei zunehmender Klima Ver schlechterung die West-Ost-Bewegung der nördlichen Nachbarn ein, die zur Durchdringung des Lausitzer Siedlungsbodens im unteren Saale- und Mulde gebiet und seit Ausgang des 6. Jahrhunderts v. u. Z. auch zur allmählichen Besetzung Nordwestsachsens führt. Die bedrohliche Nähe dieses Nachbarn während des 8. bis 6. Jahrhunderts mag es gewesen sein, die zur Auf gabe der flachen nordwestsächsischen Landschaft durch die Billendorfer Bevölkerung und zur Anlage von Sperrfestungen im westsächsischen Berg lande geführt hat. Gleich wohl wäre es falsch, an eine völlige Verödung des hier aufgegebenen Lausitzer Siedlungsbodens zu denken. Nicht nur, daß vereinzelte Gräber mit billendorfischem Fundgut (Gröbern, Kreis Leipzig; Lützschena, Kreis Leipzig; Leipzig-Connewitz u. a.) eine Lausitzer Rest bevölkerung erkennen lassen; es bestand hier offenbar auch ein engerer Kontakt mit der linkssaalischen Bevölkerung Thüringens, wovon die billen dorfischen Beigaben in den Gräbern der „Halleschen Kultur“ 2 ) sowie Funde in ostthüringischen Wehranlagen 3 ) ein deutliches Zeugnis ablegen. Diese thüringische Kultur hat dank fremder Einflüsse während der jüngeren Hall stattzeit eine eigene stammesmäßige Ausprägung erfahren. Die gleichen Ein- 1) G. Wilke, Mannus 16, 1926, S. 93. 2) F. Holter, Die Hallesche Kultur der frühen Eisenzeit, Jahresschrift für die Vorgeschichte der sächsisch-thüringischen Länder XXI, Halle 1933. 3) M. Claus, Die Verbreitung der Kalenderbergkeramik in Thüringen, Mannus 32, 1940, S. 139 ff. 393