wir als „Mittlere Steinzeit“ (rund 10 000—4000 v. u. Z.) bezeichnen. Auch für einen Teil der sogenannten Altsteinzeit (also den vielen Jahrzehntausenden v. u. Z.) ist das der Fall gewesen. Das ergibt sich aus den wissenschaftlichen Un tersuchungen der letzten Jahrzehnte immer sicherer. Wir brauchen dabei nur an die hochbedeutsamen Funde aus Norddeutschland zu erinnern (Stellmoor oder Meiendorf), die besonders durch Rusts Grabungen und Veröffentlichungen bekannt geworden sind. Zunächst war lediglich zu erwarten, daß wir auf dem genannten Endmoränen rücken an der Mulde mittelsteinzeitliche Funde antreffen würden. Doch die Tatsachen belehrten uns eines Besseren. In den vergangenen Jahren hatten wir oft Gelegenheit, den neuen Fundplatz zu begehen, und es gelang uns, dort weit über 6000 Fundstücke zu bergen. Die Ergebnisse übertrafen bald alle Er wartungen. An Hand der ausgeprägten Formen der Feuersteingeräte zeigte es sich, daß wir uns auf einer Siedlungsstelle befanden, die beträchtlich älter als die Mittelsteinzeit ist. Bisher kennen wir lediglich Fundstücke, die aus Feuer stein hergestellt waren. Die sicher vorhanden gewesenen Werkzeuge aus Knochen und Horn sind in dem leichten Sandboden in den vergangenen Jahr tausenden der Vernichtung anheimgefallen. Es wäre allerdings möglich, daß ein Teil von ihnen in den morastigen Wiesenboden geraten ist, wo sie noch erhalten sein könnten. Vorläufig kann hierüber jedoch nichts ausgesagt wer den, und die Lösung dieser Frage muß einer künftigen eingehenden Unter suchung Vorbehalten bleiben. Unter den erwähnten über 6000 Fundstücken befinden sich 1100 zum Teil sehr gute Werkzeuge, während der Rest aus Abfall und Bruchstücken besteht. Mittelsteinzeitliche Feuersteingeräte kommen in keinem Falle vor, vielmehr nur solche, die mit den wichtigen Funden der Kniegrotte bei Döbritz die größte Übereinstimmung aufweisen. Nur in geringer Anzahl sind die großen Klingen (bis 16 cm lang) vertreten. Ein Beispiel hierfür ist die teilweise gut bearbeitete schöne Klinge auf Ab bildung 3. Einen breiten Raum im Fundinventar nehmen schlanke mittel große und kleine Klingen ein. Davon ist ein großer Teil nur wenig oder gar nicht bearbeitet. Eine bemerkenswerte Anzahl stellen schmale kleine Klingen mit abgedrückten Rücken. Schon bis 1935 sind nicht weniger als 37 Stücke dieses Werkzeugtyps aufgetreten. Dazu kommen kleine, gut retuschierte pfriemenartige Geräte. Eine sehr wichtige Gerätform dieser Zeit ist der sogenannte Stichel, der als Eck-, Kanten- oder Mittelstichel vorhanden ist, und zwar in einer Anzahl von über 80 Stück (unter Stichel versteht man meist Gravierinstrumente, mit denen der Steinzeitmensch u. a. Zeichnungen von Wildpferden, Rentieren und dergleichen auf Knochen oder Horn ausführte, wie sie aus vielen Funden der verschiedensten Gegenden Europas bekanntgeworden sind). 24