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Das aber ist für die Deutung des Gesamtbefundes wichtig, denn die Bei setzungen a und e werden durch die Art des Leichenbrandes als Kleinkinder gräber ausgewiesen, während die Beisetzung i die eines Erwachsenen ist. So liegt denn der Schluß nahe, daß in unserem Grabe eine Mutter mit ihren beiden Kindern bestattet wurde, sei es, daß sie an der Geburt von Zwillingen zugrunde gegangen oder — das weniger Wahrscheinliche — mit zwei Kindern verschiedenen Alters einer Seuche zum Opfer gefallen ist. Der Komplex h gehört jedenfalls unmittelbar zu i und das Gefäß 4 (bei b) ist wohl nur durch den Pflug aus dem Zusammenhang mit h gerissen worden; h aber dürfte die Gefäße zu i umfassen, die man in dem Grabschachte selbst nicht mehr hatte unterbringen können. Stimmt diese Auffassung des Befundes, so wäre damit bewiesen, daß die Beigabe von Gefäßen nicht von praktischen, sondern von ganz anderen Erwägungen diktiert wurde, etwa so, daß alle der Toten gehörigen oder ihr gelegentlich der Beisetzung (von der Trauerver sammlung?) verehrten Gefäße auch ins Grab mitgegeben werden mußten. Daß die Beigefäße um den Scheiterhaufen niedergesetzt worden sind, möchten wir daraus schließen, daß mehrere von ihnen — Nr. 1, 10, 11, 12 und 20 — se kundär, und zwar einseitig gefrittet sind. Sie müssen also dem Feuer besonders nahe oder in der Windrichtung gestanden haben. Die geschwärzten Flächen d, f und k richtig zu deuten ist schwer. Doch ließe sich denken, daß der Rückstand des Scheiterhaufens, auf dem die Mutter ver brannt worden ist, in dem Flecke d und der Rückstand des Scheiterhaufens, auf dem die Kinder verbrannt worden sind, in der Grube f vorlägen. Der Fleck k scheint dagegen einfach dadurch entstanden zu sein, daß die Urne Nr. 8 zu i neben dem Grabschachte zugerüstet worden ist. Der rote Brand schutt c dürfte zu d gehören und ins Bild passen. Wenn unser Grab oben als Hügel II von Gävernitz bezeichnet worden ist, so haben wir damit bereits vorausgenommen, daß wir überzeugt sind, daß es wie bei Hügel I ursprünglich von einer Erdkappe überwölbt war. Auf jeden Fall aber dürfte aus der Tatsache, daß es einen kräftigen Steinkreis besessen hat und unmittelbar neben dem „Fürstengrab“ Nr. I auf der höchsten Erhebung des Grabfeldes angelegt worden ist, hervorgehen, daß die Tote und ihre Kinder dem „Fürsten“ auch im Leben nahe gestanden haben. Die Datierung des Hügels I schließt sogar nicht aus, daß wir es mit Frau und Kindern des „Fürsten“ selbst zu tun haben. Allein dann müßten Frau und Kinder wohl vor dem Manne verstorben sein. Das aber wäre von erheblicher sozialgeschichtlicher Bedeutung. Denn dann hätten wir in Gävernitz einen Beleg dafür, daß etwa im 11. Jahrhundert v. u. Z. bei den Trägern der Lausitzischen Kultur eine „fürstliche“ Familie mit besonderem Aufwande unter Grabhügeln inmitten der Urnenflachgräber ihrer „Untertanen“ bestattet worden wäre.