Das gesamte Material macht einen für Sachsen verhältnismäßig fremden Ein druck. Es erklärt sich am besten aus der Nachbarschaft zu Nordostbayern und Nordwestböhmen, wobei das sächsische wie das thüringische Vogtland die Vermittlerrolle nach Mitteldeutschland gespielt haben dürften (Elsterweg). Ähnliche Erscheinungen waren uns bereits bei der Bearbeitung knovisähnlicher Kulturhinterlassenschaften aufgefallen 3 ). Die Bedeutung der ältesten Besied lung des Vogtlandes für die Klärung der Kulturbeziehungen innerhalb der umgebenden Landschaften und für den Geschichtsablauf wird damit erneut herausgestellt 4 ). Von verschiedenen Seiten wird unser Fund und damit auch das Land Sachsen wieder mit den historischen Kelten in Verbindung ge bracht werden 5 ), ohne daß dazu schon zwingende Gründe vorliegen. Wie bereits angedeutet und wie schon eine grobe Fundanalyse bestätigen dürfte, sind wesentliche Impulse aus Nordostbayern (Franken, Oberpfalz) und Nordwest böhmen gekommen. Neben der Weiterführung heimischer Traditionen (z. B. Hallstatt-Keramik) sind dieselben Kräfte wirksam, die weiter westlich dann zur Herausbildung der spezifisch keltischen Kultur führten (Latene-West gruppe). In Nordostbayern (zur Ostgruppe gehörig) glaubt W. Kersten 6 ) als Bewohner in der Frühlatenezeit noch Veneto-Illyrer annehmen zu müssen. Die Deutung der örtlichen historischen Vorgänge dieser Zeit hängt wesentlich davon ab, ob es sich bei dem Fund von Liebau um einen Einzelfall handelt oder ob eine weitere Erschließung der Forschungsquellen des Landes mehrere solcher reichen Gräber bringen wird. Wir werden dann besser entscheiden können, ob hier größere Veränderungen in der Bevölkerungszusammensetzung stattgefunden haben oder nur eine leichte Überschichtung oder ob der Fundreichtum dieser einen Bestat tung das Ergebnis weiterer größerer gesellschaftlicher Differenzierungen innerhalb der alten Bevölkerung ist. Dann allerdings wäre aus der Fund zusammensetzung auf Import, wenigstens des Stiles und eines Teiles der Bräuche, zu schließen. Das geschlossene und das Streuungsgebiet frühlatne- zeitlicher Erscheinungen ist aber so groß, daß eine Beantwortung dieser zwangsläufig entstehenden Fragen für Liebau allein nicht erreicht werden kann, ohne daß vorher eine entsprechende Gesamtanalyse vorliegt. So kann 3) W. Coblenz, Keramik mit Knoviser Anklängen aus dem Vogtland, in: Arbeits- und Forschungs- berichte zur sächsischen Bodendenkmalpflege 4, 1954, S. 337 bis 392. 4 ) Siehe auch G. Billig, a. a. 0. s) Zu dieser Frage u. a. K. Tackenberg, Haben Kelten in Sachsen gesiedelt? in: Sachsens Vorzeit 2, 1938, S. 59 bis 62. (Besonders Stellungnahme zu den Versuchen Menke-Glückerts auf sprach wissenschaftlicher Grundlage.) Weitere Versuche in dieser Richtung sind oft wiederholt worden, aber ebenso bedeutungslos geblieben. “) W. Kersten, Der Beginn der La-Tene-Zeit in Nordostbayern, in: Prähistorische Zeitschrift XXIV, 1933, S. 96 bis 174, besonders S. 168 bis 174.