EIN ZWILLINGSGEFÄSS, GEFUNDEN BEI DRESDEN ANNO 1709 Von Otto Kleemann Es dürfte angebracht sein, nach der Veröffentlichung der beiden Rötelblätter mit Wiedergaben steinzeitlicher Funde aus der Dresdener Gegend 1 ) auch das dritte und letzte der in der Graphiksammlung auf der Veste Coburg vorlie genden Blätter prähistorischen Inhalts bekanntzugeben. Dem Papier, dem Wasserzeichen und der Art und Qualität der Zeichnung nach stammt es sicher lich aus derselben Quelle, vermutlich aus einem Buche, das offenbar zu einem Teil der Altertumskunde der Umgebung von Dresden gewidmet war. Die Maße dieses Blattes betragen 34 cm X 21,9 cm. Die Inventarangabe lautet wieder: Alter Handzeichnungskatalog I 324,8. Auf diesem Blatt ist nur ein einziges Gefäß dargestellt, in zwei Ansichten sehr sauber und sorgfältig gezeichnet, von vorn und von der Seite. Es muß den Herausgeber des Buches sehr interessiert haben, zumindest ihm besonders auf gefallen sein, da er sich veranlaßt fühlte, es allein an einer Seite darzustellen. Auf den folgenden, aber nicht mehr erhaltenen Blättern mögen freilich weitere Gefäße abgebildet gewesen sein, die wahrscheinlich dazugehörten; denn unser Gefäß wird kaum allein gefunden worden sein. Auch spricht die handschrift liche Erklärung auf unserem Blatt: „Diese Tränengefäße sein in H. Seer. Lucis Weinberge am Krachenberge gefunden worden 1709“, deutlich von mehreren Gefäßen, die vielleicht einmal zusammen entdeckt wurden und möglicherweise sogar aus einem Grabe stammen. Die Lage dieses Fundplatzes, des Weinberges des Herrn Secretarius Lucis, kann man sicherlich noch mit Hilfe alter Katasterblätter ermitteln. Vermutlich wird er, ebenso wie der der steinzeitlichen Funde, an den Abhängen zur Elbe, in der Nähe von Loschwitz zu suchen sein. Gegebenenfalls hätten wir also dort ein bisher noch unbekanntes Gräberfeld aus der frühen Eisenzeit entdeckt. Dies kann man deswegen behaupten, da alle anderen Gefäße dieser Art, soweit sie unter fachkundiger Aufsicht geborgen wurden, aus Gräbern stammen. Und es ist sogar möglich, daß einmal in der Nähe dieses Friedhofes die Reste der dazugehörigen Ansiedelung zutage kommen werden. Das Gefäß selbst trägt die charakteristischen Merkmale der Keramik des be kannten Billendorfer Kreises. Es gehört stilistisch in die sogenannte Haupt stufe der von W. Kropf aufgestellten Ordnung und ist also in die Zeitstufe 1) Arbeits- u. Forschungsberichte zur sächsischen Bodendenkmalpflege 4, 1954, S. 143 ff.