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bezeichneten Ort hinaus. Die vier Zitzen sind — proportional zur Körpergröße des Muttertieres — nur sehr klein und warzig spitzknopfartig, treten obendrein aus dem umgebenden Haar kaum auffällig hervor. Leider stehen uns zur Zeit im Zoologischen Garten Halle (Saale) zu entsprechenden Studien weder Ren (Rangifer tarandus) noch Elch (Alces alces) zur Verfügung. Obwohl — an gefochten und widerlegt von Arnold Jacobi 3 ) — behauptet wird, das Rentier habe zu Cäsars Zeiten mancherorts noch wild in Deutschland gelebt, halte ich dennoch seine Einbeziehung in vorliegende Analyse kaum für gerechtfertigt, ebenso auch nicht die des Elches, nachdem Heinrich Prell 4 5 ) durch seine gründ lichen und umfassenden Quellenforschungen aufgezeigt hat, daß — wenigstens in geschichtlicher Zeit — jeglicher brauchbare Beleg für ein Vorkommen des Elches im Stromgebiet der Elbe fehlt. Wäre der Kopf der Plastik erhalten geblieben, wäre auch die Entscheidung, ob eine Rinder- oder eine Hirschart mit diesem durch Euter und Geschlechts organ als „weiblich“ ausgewiesenen Tonfigürchen dargestellt sei, etwas er leichtert, trotzdem aber noch nicht völlig geklärt. Es ist nämlich die Regel, daß Ur- und Wisentkühe Hörner tragen, während Hirschkühe zeitlebens ohne Geweih bleiben (deshalb „Kahlwild“ in der Jägersprache!). Befände sich also an unserer Plastik ein Kopf, der deutlich zeigen würde, daß er von vornherein ohne jeden Kopfwaffenaufsatz geschaffen wurde — nicht etwa nur hart über der Oberfläche im Laufe der darübergegangenen Jahrtausende ver wischte und verwitterte Abbruchstellen von solchen einstmals vorhanden gewesenen aufwiese —, bestände lediglich erhöhteWahrscheinlichkeit für die Dar stellung einer Hirschkuh. Haben auch Ur- und Wisentkühe im allgemeinen stets Hörner, so doch nicht die Hausrinder. Aus der Vorzeit ist eine kleine hornlose Hausrindrasse von den Ufergebieten des Schwarzen Meeres nachge wiesen. Hornlose Rinderrassen werden auch heute noch in einigen Gebieten Skandinaviens, Englands und der UdSSR gehalten. Hornlosigkeit bei Haus rindern konnte Otto Antonius 8 ) „auch an zahlreichen Schädeln aus frie sischen Typen konstatieren. Diese beweisen anderseits auch, daß hornlose Rinder am Ausgang des Altertums und im frühen Mittelalter auf dem euro päischen Festland häufig waren. Wenn Tacitus, der ja seine Nachrichten in erster Linie von den Ländern am Niederrhein geholt hat, in bezug auf das germanische Rind die Bemerkung macht, daß es des Hornschmuckes entbehre, so kann dies ganz gut auf die Hornlosigkeit altgermanischer Rinder bezogen werden.“ Hornlose Rinderexemplare sind aber auch schon in Alt-Ägypten ab gebildet worden. Diese gab es also, mindestens gelegentlich einmal, schon seit 3) A. Jacobi, Das Rentier — Eine zoologische Monographie der Gattung Rangifer, Leipzig 1931. 4) II. Prell, Die Verbreitung des Elches in Deutschland zu geschichtlicher Zeit, Leipzig 1941, S. 35. 5) 0. Antonius, Grundzüge einer Stammesgeschichte der Haustiere, Jena 1922, S. 192.