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Der Rest der Geräte vom Zinkenberge läßt sich zu einer Gruppe zusammen fassen, die wir als „Gelegenheitsgeräte“ bezeichnen möchten. Darunter ver stehen wir Abschläge, die keine von vornherein beabsichtigte Form erhielten wie die „echten“ Typen, sondern in ihrer ursprünglichen Gestalt einige Zeit zu irgendwelchen Arbeiten benutzt und dann, wie die nicht verwendeten Abfallstücke, wieder weggeworfen wurden. Durch diese Benutzung entstanden Gebrauchsretuschen, die, je nach der Form des Abschlags und seinem Ver wendungszweck, an einer Kante, einer Ecke oder einer Spitze liegen können. Lange Klingenabschläge wurden besonders oft verwendet. Sie eigneten sich vor allem als Messer, die sich ihrer Größe wegen auch ohne Schäftung gut handhaben ließen. Vom Zinkenberg liegen sechs derartige Stücke vor, deren schönstes auf Abbildung 1 veranschaulicht ist. Es ist zugleich das größte Artefakt vom Fundplatz. Häufig wurde auch mit Schmalkanten von Klingenabschlägen gearbeitet. Auf diese Weise entstanden Geräte, die Klingenschabern ähneln und wohl dem selben Zwecke gedient haben. Unserer Fundstelle erbrachte fünf derartige Stücke. Bei dem auf Abbildung 8 gezeigten Exemplar ist jedoch nicht nur mit der oberen Schmalkante gearbeitet worden, sondern auch mit der linken unteren Ecke. Sie ist durch die Benutzung mit feinen Gebrauchs retuschen versehen und dabei abgerundet worden. Wie praktische Versuche ergaben, kann man mit dieser scharfen Ecke ausgezeichnet schneiden und ritzen. Derartige Geräte kennen wir auch von anderen Fundplätzen, z. B. von den Magdalenien-Stationen Groitzsch bei Eilenburg 6 ) und Saaleck 7 ), dort sogar bisweilen mit absichtlich retuschierter Ecke. So werden sich diese „Schneideecken“ vielleicht noch einmal als echter, wenn auch möglicherweise nur auf einen bestimmten Raum beschränkter Typ herausstellen. Eine aller dings nicht gerundete, sondern als kleine Zacke herausgearbeitete Ecke be findet sich übrigens an dem Klingenschaber Abbildung 3, und zwar an der Stelle, wo die linke Kante in die Stirn übergeht. Dieses Artefakt ist ein Beispiel dafür, daß auch reine Typen gelegentlich noch zu anderen Zwecken gebraucht wurden, als ihnen durch ihre Form vorbestimmt war. Besonders oft finden sich Gebrauchsspuren an den Spitzen von Klingen abschlägen. Eine der auch auf dem Zinkenberg gefundenen „Spitzklingen“, die wohl in erster Linie als Bohrer gedient haben, sehen wir auf Abbildung 9. Der Schlagbuckel liegt hier nicht der Spitze gegenüber, sondern an der mit einem Pfeil markierten Stelle. Dasselbe gilt für Abbildung 12, einen der fünf breiten, unregelmäßigen Abschläge, die ihrer Größe und Stabilität wegen dazu gereizt haben, als wirksame Schaber verwendet zu werden. Bei dem abgebildeten 6) Veröffentlichung durch den Verfasser in Vorbereitung; vgl. auch den Vorbericht von R. Birke in den Arbeits- und Forschungsberichten zur sächs. Bodendenkmalpflege, Band 4, 1954, S. 21 ff. 7 ) J. Andree, Der eiszeitliche Mensch in Deutschland und seine Kulturen, 1939, S. 478 ff.