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Nicht so unsicher ist dagegen die zeitliche Einengung des Urnenrestes. Matthes behandelte die Entwicklung der spätrömischen Töpfe und beobach tete, daß sie im Laufe der Zeit nur geringe Veränderung erfuhren: der grob gemagerte Ton wurde bei späten Exemplaren schlecht verarbeitet, die Ober fläche nicht mehr geglättet, die Form wurde gedrungen 4 ). Diese groben Kümpfe hielten sich noch bis in die hohe Völkerwanderungszeit hinein 5 ). Als Beweis soll hier nur das Gefäß von Weimar, Grab 26, angeführt werden. Der Sturz becher desselben Grabes wurde von Rademacher um 600 u. Z. angesetzt 6 ). Ähnliche späte Kümpfe treten auch im übrigen mitteldeutschen und z. B. auch alamannischen Gebiet Südwestdeutschlands auf 7 ). Sicherlich darf also unser Urnenbruchstück kaum noch in die späte Kaiserzeit gesetzt werden; denn auch aus dem mecklenburgischen Raum zeigen entsprechende späte Kümpfe vom Gräberfeld Pritzier durch die Beigabe eines Kammes mit glockenförmigem Griff oder gezackter verzierter Knochenscheiben 8 ), daß sie nicht mehr dem 4. Jahrhundert angehören. Unter den Beigaben des Zierzower Grabes befindet sich weiter eine Pinzette mit leicht verbreitertem Bügel. Wie langlebig diese Form ist, mag wieder durch nur sehr wenige Beispiele gezeigt werden. So fand sich ein etwa ent sprechendes Exemplar in dem fränkischen Gräberfeld von Meckenheim 9 ). Weitere Parallelen sind bei Veeck abgebildet 10 ). Es handelt sich um den gestreckt-dreieckigen Typ, dessen Bügel sich nach oben verjüngen. Nach Veeck gehören Klemmzängchen dieser Form im alamannischen Gebiet vor wiegend in das 6. Jahrhundert. Auch die Pinzette würde also viel eher einem völkerwanderungszeitlichen Horizont entsprechen. Bisher gewannen wir von allen Fundstücken aus dem Grabe von Zierzow nur einen ungefähren Zeitraum für die Beisetzung: Völkerwanderungszeit ist wahrscheinlicher als späte Kaiserzeit. Es soll nun versucht werden, durch eine eingehendere Untersuchung der Trense nähere Angaben zur Datierung zu ge winnen. 4) W. Matthes, Die nördlichen Elbgermanen in spätrömischer Zeit, Mannus-Bibl. Nr. 48, Leipzig 1931, S. 9 fF. und S. 44. 5) Jahresschrift für Mitteldeutsche Vorgeschichte 41/42, Halle 1958, S. 509 f. (G. Mildenberger). 6) A. Götze, Die altthüringischen Funde von Weimar, Berlin 1912, Taf. XV, 11; Bonner Jahrbücher 147, 1942, S. 309 (F. Rademacher). 7 ) z. B. W. Veeck, Die Alamannen in Württemberg, Berlin und Leipzig 1931, Taf. 14,3 und 4; Jahres schrift für die Vorgeschichte der sächsisch-thüringischen Länder 31, Halle 1939, Taf. VIII (K. Ziegel). 8) E. Schuldt, Pritzier, ein Urnenfriedhof der späten römischen Kaiserzeit in Mecklenburg, Berlin 1955, Abb. 166, 168 und 169, S. 153, 163 und 164. ”) Bonner Jahrbücher 92, 1892, Taf. VIII, 4. 10) W. Veeck, Die Alamannen in Württemberg, Berlin und Leipzig 1931, Taf. 48, A, S. 63.