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ihnen genauer zu fassen. Auf jeden Fall erweist es sich als reizvoll, bei groß räumigen Typenbearbeitungen den Versuch zu wagen, bestimmte Produktions- und Werkstattzentren zu ermitteln. Die meisten Beschläge mit Inschrift, vor allem die wenigen vollständig erhaltenen, ergeben übereinstimmend als Text AQ VIS HE GEMELLIANVS F, der in Ergänzung lauten muß: AQ VIS HE (lveticis) GEMELLIANVS F (ecit), d.h., in Aquae Helveticae hat Gemellianus (die Scheide) gemacht. Nun kann aber kein Zweifel daran sein, daß unter Aquae Helveticae das heutige Baden an der Limmat gemeint ist. Jedenfalls befand sich dort schon im Jahre 69 n. Chr. eine ansehnliche Ortschaft, wie wir aus Tacitus Hist. I, 67, wissen: „in modum municipii extructus locus, amoeno salubrium aquarum usu frequens." „Daß es ein vicus war, erfahren wir aus der Inschrift bei Mommsen Inscr. Helv. n. 241, in welcher sich die Einwohner vicani Aquenses nennen“ 15 ). Römisches Metallsachgut ist ja auch sonst nicht selten mit Inschriften ver sehen worden. So ergab sich beispielsweise aus einer Analyse der römischen Fibeln mit Inschrift durch G. Behrens 16 ), daß auch hier der Inhalt der Inschriften in den meisten Fällen aus dem Namen des Verfertigers besteht, während eine zweite Gruppe den Besitzer angibt und eine dritte Weihungen, Segenswünsche und Liebeserklärungen darstellt. Chronologisch gesehen reicht die Mode, Fibeln mit Inschriften zu versehen, bis zu Exemplaren vom Mittel- latene-Typ zurück und hält sich bis ins 4. Jahrhundert u. Ztr. In diesen Zu sammenhang gehören auch die mit IOVIS-Inschrift versehenen Beschläge von Zauschwitz, Kreis Borna 17 ), und aus dem Kastell Osterburken 18 ) sowie die MILIT(-ANTVM-)Zierstücke z. B. von Mainz und anderswo 19 ). Eine Bronzeplatte von Feldberg mit der Inschrift BONA 20 ) gehört ebenfalls hier her. So ließe sich die Reihe der römischen Kleinfunde mit ausgeschnittener Inschrift noch beliebig fortsetzen. Indessen sollte hier lediglich darauf ver wiesen werden, wie eine bestimmte Form der Dolchscheidenbeschläge ohne weiteres im Zusammenhang mit anderen Erscheinungen der römischen materiellen Sachkultur zu verstehen und zu bewerten ist. Bliebe noch die Frage zu klären, ob auch die Beschläge ohne Inschrift aus der Werkstatt des Gemellianus stammen oder ob es daneben noch einen oder gar mehrere „Konkurrenten“ gegeben hat, die an der Verfertigung von durch- 15) K. Schumacher, a. a. 0., S. 142. 16) G. Behrens, Römische Fibeln mit Inschrift, in: Reinecke-Festschrift, Mainz 1950, S. 1 ff. 17) Vgl. Anm. 4. 18) ORL, Abt. A, Bd. IV, Strecke 7—9, Berlin und Leipzig 1933, Von Miltenberg am Main bis zum Haghof bei Welzheim, VI. Nachträge zu Abt. B, Nr. 40, Kastell Osterburken und Nr. 39, Kastell Walldürn, S. 235, Taf. 24,98 (K. Stade). 10) Vgl. Anm. 13, S. 86, Abb. 9 (W. Barthel). 20) ORL, Abt. B, Bd. II, 1, Die Kastelle Nr. 8—11, Berlin und Leipzig 1937, Nr. 10, Kastell Feldberg, Taf. VI, 29, S. 24.