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Lopyright bq Karl Kthlrr K Eo., Berlin Ml Io M - MGU M - LopyrM b, Karl K»hl« ck s " " Gn Roman aus großer Jett „Du hast uns in ^ner araumhaft« Nacht da» Lat«, gr- rettet. Ich konnte dir noch nicht danken." Wieder der fremd«, beherrschte Ton. l „Ich tat nur mein« Pflicht, Demoiselle." Sie sah ihn verwundert und angstvoll an. „Wie sprichst du? Warum bist du so k«md?" „Weil ich mutz., Machen Sie es mir nicht schwer. Goll ich «in Kassierer sein, de« feine« Herrn Geld veruntreut?" „Wa» soll da»? Hast du mich nicht mehr lieb?" Jetzt verstand.sie ihn noch weniger. „In jener Nacht, als H«rr Gotzkowsky auf da» Nathau» ge rufen wurde, hat er mir aufgelragen, über da, Leden seiner Lieben zu wachen." „Dann weitz er, datz du mich liebst?" Wichelm Hartmut sah finster vor sich hin. i „Herr Gotzkowsky hat mir keinen Zweifel darüber gelassen, datz ich in seinen Augen nichts bin, al» eben sein jüngster Kom- Mi«. Er hat mich durchschaut und —. er hat mir mein Ehrenwort abgenommen, di« Ruhe her Demoisell« nicht zu stören." ^lch werde mit ihm sprechen. Ich werbe ihm sagen, batz ich dich liebe —" , Wichelm sah sie trauria an. „Nein, Demoiselle! Herr Gotzkowsky hat in diesen Tagen an so viele» zu denken. Sie dürfen seine Ruhe nicht trüben. Ich bitte Sie — „Dann hast du mich doch nicht lieb." Lr sagte ganz einfach: „Ich habe nichts auf der ganzen Welt so lieb, wie die De- moiselle. Eben darum mutz ich mein Wort halten. Vielleicht, wenn es mir gelingen sollte, durch eine Tat — nein, er wird nie in mir etwa« anderes sehen, als der, der ich bin. Schon datz ich fetzt mit Ihnen spreche, ist Wortbruch. Werden Sie glücklich, Demoiselle. Erfüllen Sie die Hoffnungen Ihrer Oheims, beffen Tochter Sie ja fast sind, denn er liebt Sie, als wenn Sie «s waren. Sein Sohn hat ihn verlassen. — Bereiten Sie dem edel sten Mann, den «» giU, nicht neuen Kummer. Sie werden den Tein«« Kommis, d«r es g«wagt hat. Sie lieb zu haben, schnell v«rgess«n. Leben Sie wohl." Damit ging er mit raschen Schritten den Arbeitern nach Luise stand erschüttert. Nie hatte sie eine innigere Liebesäuherung vdn ihm gehört, als in diesem Augenblick, in dem er, mit müh sam verhaltenem Schmerz sich von ihr löste. Gotzkowsky kam über den Hof, sah sie und las in ihren glutüberströmten Gesicht. Seine Stimm« wurde hart. „Hast du Wilhelm Hartmut gesehen?" ' Verlegen kam ihre Antwort. „Er ist in das Magazin gegangen." „Du hast mit ihm gesprochen? Ich sehe es dir an. Hat meine Nichte Heimlichkeiten mit meinem Kommis?" Der strafende Ton lietz Luises Stolz sich aufbäumen. ^»Heimlichkeiten nicht. Ich hatte ihm dafür zu danken, datz «r uns in jener Nacht vor den Kosaken gerettet hat/ „Weiter nichts?" „Doch, lieber Onkel. Er sagte mir, batz er in Ihren Augen nichts sei, als ein Kommis und datz Sie ihm verboten haben, mir Raupen in den Kopf zu setzen. Damit ist er gegangen." „Mädchen?" „Lasten Sie gut sein, Onkel, was kümmert Sie in diesen Tagen ein MSbchenherz. Seien Sie ganz ruhig. Wilhelm Hart- mut ist nicht der Mann, der sein Wort bricht." Gotzkowsky schüttelte den Kopf, aber er kam nicht zu einer Antwort, denn Luise war bereits die Treppe hinaufgeeilt. Unwill kürlich lächelte der Kaufmann. Jetzt stand sie vor mir, fast, wie ich vor Tottleben. Unsinn — sie hat recht, jetzt gibt es Wichtigeres zu tun, als sich um Kindereien zu kümmern. Er versank wieder in seine Sorgen und als er sein Schreib zimmer betrat, sah er den Kaufmann Wegely dort stehen. „Ein neues Unglück! General Tottleben hat plötzlich Order ««halten, auf schnellstem Wege Berlin zu verlassen." „Ich denke, bas ist kein Unglück." „Er will Sie, mich und den Kaufmann Würstler als Geiseln »ach Ruhland mitnehmen." „Ich geh« sofort zu ihm." Noch «inmal benutzte er bas Vorrecht, unangemeldet in bas Zimmer der General« zu treten. „Ist er noch, nicht zufrieden?" von Dtfrtd von Yanstern EpMenzUmUfohl«, batz Wegei», Würstler und ich am Gefangene mtt Ihnen gehen." „Nicht al» Gefangene, sondern um den Eingang der Gelder zu überwachen uud sie zu zählen. Er will frei sein? Gut." „Ich nicht allein, aber, wenn die drei elnflützreichsten Kauf leute nicht meht in Berlin sind, weiß ich nicht, wie wir un» dafür einfetzen können, datz die Wechsel bezahlt werden, llebrigen» ver stehen bi« Hauptkassierer e» bester, da« Veld zu überwachen." „Gut also, auch da«, aber, e« ist bas Letzt«. Ich nehm« Ihr« Kassi«r«r." E» «ar gewitz nicht Feigheit, batz Gotzkowsky lieber die Kassierer aüslieferte. Er war m der Lat besorgt um die Wechsel. Er kannte seint Berliner. Wenn Tottleben erst fort war, bann war auch bi« Angst geschwunden. I Mit nochmaligem Dank für alles Gute, wa, der General in der Tat getan, verabschiedete sich der Ko«fmann und brachte dem erfreuten Wegely dl« Botschaft. Am Nachmittag dr« Tag«» «rtöntrn wieder die russischen Hornsignale durch die Etratzea der Stadt. Diesmal hielte« sich di« Ämvohner in ihren Häusern und spähten mtt hoffnung-frohen 1 Blicken durch hie Gardinen. > ' General Tottleben zog ab. Wieder einmal «ar da« Schlimmste überstanden und im ersten Augenblick gab sich die Bürgerschaft ihrer Freub« bin. Ganz still «urd« e« in Berlin. Im Rathause satzen bie ! Herren zusammen unb suchten zu überrechnen, was ihnen g« schHen. i Tottleben hatte Wort gehalten, hatte strenge Ordnung er- zwungen und war ein milderer Herr gewesen al» sein Thef, der Generalissimus Graf Fermor, von ihm verlangt hatte. Trotzdem sah es wüst au» in der gedrückten und aurgesaug- !«n Stadt und manches Hau», da» vordem ein stattliche» Heim gewesen, lag wüst und verlasten. i - Gotzkowsky stand nachdenklich in seinem Privatkontor und hatte ein sehr ernstes Gesicht. Zwei Millionen in Wechseln! Wie sollte Berlin das leisten! In so wenigen Wochen? Er überrech nete sein eigenes Vermögen und setzte sich dazu an den Schreib tisch. Die TÜr wurde aufgerissen und der Kaufmann blickte auf: Dor ihm stand Karl Hadebusch, sein erster Kassierer. Ein magerer, elend äussehender Mann mtt grauem Haar und jetzt vor Todesangst entstellten Zügen. „Was gibt es?" „Herr Gotzkowsky, ist bas wahr?" „Was soll wahr sein?" „Ich, ich — soll mit nach Rußland?" Ein großer Blick. ' „Ich ftlbst würde keinen Augenblick gezögert haben, wüßte ich nicht, daß ich hier nötig hin." „Aber ich? Ich bin krank, ich sterbe ganz sicher schon auf der Reste. Ich habe vier unmündige Kinder!" i Gotzkowsky zuckte es verächtlich um den Mund. „Ihm geschieht ganz gewiß nichts, was soll man ihm tun?" , Der Kassierer warf sich auf seine Knie. ' „Ich nicht! Warum ich! Wa» habe ich mtt Berlin zu schaf fen! Ich bin «in Lübbener Kind. Berlin geht mich nichts an. Ich will nicht," i „Geh er unb packe er feine Koffer!" „Ich kitte bei allem —" „Steh er auf. Man kniet nicht vor Menschen, geh er mir au» den Augen!" Karl Hadebusch schluchzte laut auf und Gotzkdwsky schielte mit verdächtigem Zucken der Finger nach seinem Stock. Das Bei spiel, bas seiner Zeit des großen Friedrich strenger Vater gegeben, war noch nicht vergessen. Langsam stand der Alte auf und ging mit wankenden Knien aus dem Zimmer. Aber Gotzkowsky sollte noch nicht zur Ruhe kommen, denn jetzt stand Wilhelm Hartmut in der Tür. „Was will er? Ich habe jetzt keine Zeit." - Hartmut trat trotzdem ein und hatte etwas in den Augen, das den Kaufmann aufmerken ließ. . „Was will er?" I „Ich habe eine Bitte." „Ist jetzt schlechte Zett, zum bitten. Er will wohl seine De- lohnung dafür, daß er die Kosaken au« meinem Hause jagte?" „Ja, Herr Gotzkowsky." Ein verächtlicher Zug grub sich wieder um den Mund des Kaufmanns. „Einer wieder andere! Ds!" mtt Est» auf d« Tisch. «Nist an: Wollt« da, »twa gar «in« Worb«,, «orbo». Seine VllW wurden noch streug«. „Ich fta»7wa» soust?" „Machen Sie «ich Ihrem ersten Kastler«»." „Er Ist verrückt geworden. M««t «r, well Monsieur Hob«' dusch mtt den -tust«« sott muß, «erd« ich meinen jüngst«« Kommis —?" „Ich di« nicht verrüH, Herr Gotzkv«»ky, «ach« Sie «ich zu Ihrem erst« Kastlerer. ... „Wüßte utH, «eiche Merit« er pi einer solch« Stellung defitzt. ! „ „Wa» soll da» heißen?" _ „Da» soll-heißen, daß der Mann, der an diesem Tage ad erster Kassierer luIhre» Kontor sitzt, morgen al, Geisel mit nach Rußland muß. Wetter nichts." Gotzkowsky sah ihn ernst an: „Meint er bä» so?" „Ich meine nur, baß ein junger Monn, noch dazu einer, an dem noch nicht« .verloren ist, eine solche Reise eher verträgt, al» ein alte«, der vier unmündige Kinder zurückläßt. Ich glckube, große Kenntnisse al» Kassierer braucht er auch nicht zu habe« „Er d«nkt ziemlich gering von sich, wen« er sich selbst für s» wertlos Hütt." Wieder d«r klare, unerschrocken« Blick. „Ich bin,«» nicht in mein«, sondern in Ihr« Augen, Herr Gotzkowsky." . . „So?" „Eie bad« mir vor wenig« Tag« gesagt, baß der Kassierer «in Lump ist, der anvertraut«» Gut angreift." Ein Verdacht stieg in Gotzkowsky auf. „Hat er?" „Nein, aber ich bin nur eia junger Mensch und ich weiß nicht, ob ich bas Wort auch in Zukunft halten kann, da« Sie da- m«us von mir gefordert haben. „llnd deshalb?" „Ganz recht! Deshalb muß ich fort ober —" Er hielt inne und feine Stimme bebte vor Erregung. „Deshalb glaube ich, es ist bester, ich rette ««igst«« einer Familie den Vater unb gehe nach Rußland." Gotzkowsky trat dicht vor ihn hin. „Denke er nicht, daß es eine Spazierfahrt ist. W«n bie Wechsel nicht eingelöst werden —" „Werden di« Geiseln erschollen. Aber, solange Emst Goß- kowsky in Berlin ist> weiß ich, daß er dafür sorgt, baß sie «in- gekifft werden. Machen Ei« mich zum «rstr« Kassierer und schick« Eie mich mit nach Rußland." D«r^ Kaufmann überlegte »inen Augenblick unb wieder ver riet nicht» in feinem Gesicht, welch« Art seine Erwägungen waren, dann trat er in die Tür de» anschließenden großen Kon- tor» und wandt» sich um: „Komm er mtt!" Di» schreibenden Männer hoben die Köpft. „Hadebusch ist alt geworden! Ich bin nicht m«br «fried« mtt ihm. Ich kann ihn als ersten Kassierer nicht mehr brauch««. Er wird von dieser Stund« an Lagerverwalter. Wilhelm Hart- mut ist von jetzt ab erster Kassierer, Hadebusch, übergeb «r die Kaste." Erstaunt« Gesicht««! So hatte der Prinzipal noch nltmal» zu dem alten ergrauten Beamten gesprochen. Neidisch« Aug« fiel« auf d»n jungen Kommis und mancher von den ältere« Män ner« murmelt« «twa» in d« Batt, wa» der Herr ganz gewiß nicht hör« durste. Gotzkowsky aber winkt« dem erst« Schreiber. „Komm er, wir Must« es schriftlich machen." Es w« allerdings ein seltsamer erster Kassierer, der jetzt neben dem Alten, der selber nicht wußte, wie ihm geschah, an der Kasse saß und die Gelber so gleichgültig zählte, al» gingen sie iß« aar nichts an. Dasüp glänzte sein Gesicht, al» ihm KaL darauf der erste Schreiber das Papier brachte, bas seine Anstellung schwarz auf weiß bestätigte. Immer wieder schüttest« Hrwebufch den Kopf. Was wann bas für schwere Zett«! Die Tür wurde geöffnet unb drei russisch« Offizier« trat« «in. „Wer ist hier der erste Kassierer? Sofort stand Hartmut auf. „Ich, meine Herren Offiziere." „Er? Mach er keine Scherze mtt uni." „Wenn Sie zweifeln, hier ist mein« Bestallung." Gotzkowsky trat in di« Tür. „Ganz richtig, der junge Mann fft mein erster Kassierer." Er hatte ein etwas ironisches Lächeln um sein« Mund. „Das fft nicht ehrlich! Das Dokument ist soeben «st ge zeichnet." „Also zur rechten Zeit. Mein erster Kassierer geht als Geisel mit Ihnen. Wen ich zu meinem ersten Kassierer mach«, ist m«w Sach?," (Fortsetzung folgt.)