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Erzgebirgischer Volksfreund : 07.10.1938
- Erscheinungsdatum
- 1938-10-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-193810077
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-19381007
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-19381007
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Erzgebirgischer Volksfreund
-
Jahr
1938
-
Monat
1938-10
- Tag 1938-10-07
-
Monat
1938-10
-
Jahr
1938
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 07.10.1938
- Autor
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Erste Wanderlehrscha« Mr Arbeitsschutz. Orh»Um»s dsr ArbLttOkr«ft der schaffende« Mensche«. (von unsere« d—e.>EchriftIeUun-«m1tgli»d.) sidir Unfall- und Gesundheitsschutz und Leistungssteigerung durch mechanische Hilfe. Di« Folaedarstellungen »eigen, daß bei den Erwachsenen die Ueberwachung fortgesetzt wird. Eine Londerschau befaßt sich mit der Frauenarbeit. Eindrucksvoll wirkt hier die Darstellung, daß sich z. B. anteilsmäßig sieben gewerbstitige Frauen Operationen unterziehen müssen gegen nur ein« Frau, die sich im Haushalt beschäftigt. Weiter zeigt di» schau die Folgen einseitiger gleichmäßiger körperlicher Beanspruchung, durch Lärm im Betrieb, auf der Straße und in der Wohnung. Einen breiten Raum nimmt der Teil der Schau ein, der die Maßnahmen der Unfallverhütung erläutert, di« erst« Hilfe bei Unfällen im Betrieb, die Leistungen der Berufsgenossenschaften, die Schäden am DolksvermLgen durch Unfälle AH Milliarden RM. müssen an Kosten für Heilver fahren, Rentengewährung und Arbeitsausfall jährlich aufge bracht werden!), die gewerblichen Vergiftungen und ihre Der- Hütung, Beseitigung der St-ahlschäden und der Gefahren des Staube», schließlich di« Arbeitspausengestaltung und die gesundheitliche Einrichtung der Betriebe in vielfacher Form. Bet der Eröffnung der Schau in der Waggonfabrik Bautzen gestern nachmittag erklärte Gauobmann Peitsch, die DAF. habe in den vergangenen Jahren bewiesen, daß sie di« ihr vom. Führer gestellte Aufgabe, alle schaffenden deut schen Menschen, zu fördern, erfülle. Der Gauobmann teilt« u. a. mit, daß ein zweiter Wagenzug geschaffen werde als Feierabendschau, der einen UebeÄlick über das Feierabend, schaffen der sächsischen Arbeitskameraden vermitteln werde. Dios« Danberlehrschau solle da. Wollen de» Führer» zum Segen de» schaffenden Menschen dem Ardeit-kameraoen gegen- über erläutern und am Arbeitsplatz verwirklichen helfen. Unser Volk müsse gewaltig arbeiten, deshalb müßten auch alle Möglichkeiten zur Erhaltung der Arbeitskraft de« deutschen Menschen ausgenutzt werden. Der Gauobmann schloß mit dem Wunsch, baß die Schau überall die ihr zukommende Beachtung finden und dazu beitragen möge, dem Führer zu helfen, das ewige Deutschland zu schaffen. — Am Ausgang der Schau steht der Leitspruch: „Die Arbeit soll Körper und Geist stählen, nicht zertrümmern!*. Der Lau Sachsen hat «ine Einrichtung geschaffen, di« den Arbeitskameraden in d«n Betrieben in allgemeinverständlicher, klarer, kurzer und eindringlicher Weise zeigt, wi« st« sich und ihre Familie vor Schäden bewahren können am AÄeitsplatz und auf dem -in- und Rückweg zur Arbeitsstätte. E» ist die» die erste Wanoerlehrschau im ganzen Reich, die den Arbeit»- schütz, die Lewevbehygiene und die Unfallverhütung betrifft. Diese Schau, in Gemeinschaft»arbett -wischen der Lauwaltung Sachsen, Amt für Soziale Selbstverantwortung und -gestaltung, mit dem Deutschen Hyaienemufeum in Dresden, dem Land«»- gewerbear-t im sächsischen Ministerium für Wirtschaft und Arbeit, her staatlichen Gewerbeaufsicht, den sächsischen Beruf»- genossenschaften und mehreren sächsischen Großbetrieben ,w> sammengebracht, wird in einem zweiteiligen Aü»stellung»zug m den nächsten Monaten durch di« größeren Betriebe de» Gaue» rollen. Der Au»stellung»zug enthält außer dem Au». stellungÄnaterial all« Einrichtungen für die neuzeitliche Auf- klärung mit Tonfilm, Lautsorecheranlagen usw. Dit Wandertehrschau steht unter dem Leitspruch: „Die Schaffenskraft dr» deutschen Volke» ist sein kostbarster Besitz!*. Au» den Darstellungen geht hervor, daß in der Organisation de» Arbeitsschutzes in Sachsen 88 0«) Arbeitsschutzwalter arbeiten, die sich auf die Lauwaltung im Amt für Soziale Selbstveraütwortung, den Gauarbeitöschutzwalter, verteilen; daneben betätigen sich im Arbeitsschutz 27 Kreisarbritswalter, 1394 Arbeitsschutzwalter in den Ortsgruppen, 10436 Arbeit», schutzwglter in den vertrauen»ratpflichtigen Betrieben, 12 880 Hilfsarbeitsschutzwalter einzelner Abteilungen in den Lroß. betrieben und 31968 Arbeitsschutzwalter in den übrigen Betrieben. Die Aufgabe der Arbeitsschutzwalter erstreckt sich aus die Sicherheit und dl« Gesundheit der Arbeit und auf di« Betreuung der schaffenden Menschen in Gemeinschaft mit den Betriebsführern, Betriebsobmännrrn, den Lesunlcheitstrupp» der Derkscharen, den DetriebsSrzten und dem Amt für Volk», gesundheit in der DAF. Die Fürsorge für den schaffenden Menschen fängt bereit» bei der Berufswahl an. Jeder junge Mensch soll m den Beruf gebracht werden, für den er sich körperlich und geistig eignet. E» folgt die Ueberwachung der Ausbildung der jugendlichen mit gründlicher Unterweisung Das DAF - Berufser-iehungsWerk im erste« Halbjahr 1VS8. Wie die DAF. die ihr vom Führer gestellt« Aufgabe, für die Berufserziehung aller Schaffenden zu sorgen, planvoll gestaltet, 'ergibt sich aus der Bilanz der Berufserziehungswerke für Las erste Halbjahr 1988. Die in 231 BerufSerziehungS« werken geleistet« Arbeit erfaßte Lei insgesamt 16 388 Maß» nahmen eine Gesamtteilnehmerzahl von 561 170 werktätigen Menschen. Es waren 438 894 Erwachsene und 124 276 Jugendliche in den BerufSerziehungSwerken der DAF. vev» ernt. Dabei ist zu beachten, daß «S sich für die Jugendlichen um eine zusätzliche Erziehungsarbeit, zu der grundsätzlich den Betrieb«» und den Fach-, Berufs- und Werkschülen übev- tragenen AMildung handelt. Dl« IS 388 durchgeführten MahnochmW ddr BerkchtSzeit gliedern sich in Lehrgemetn- schastM, Aufbaukamerädschaften, Uebungsgemeinschasten, Vor tragsreihen, Wochenend- und Kurzfahrten, wirtschaftsrundlich« Studienfahrten ustv. Neben dieser nach den Lehrplänen des Amtes für Berufserziehung und Betriebsführung gestalteten Arbeit wurde noch «ine Fülle nicht statistisch erfaßter Maß nahmen untergeordneter Art durchgeführt. Besonder» auf fällig ist die starke Zunahme der Maßnahmen und det Teil nehmerzahl auf dem Gebiet „Kurzschrift und Maschinen schreiben«. Hier stieg der relative Anteil der durchgeführten Maßnahmen vvn 18,7 auf 24,0 V.H., also um über 80 v. H., der der Teilnehmer von 10,7 auf.17,7, also um Über 60 v. tz. Ebenso stiegen die Anteile der Maßnahmen und Teilnehmer« zahl bet den Fachämtern „Der deutsche Handel«, „Hausge hilfen« und „Stein und Erde". 13,9 v. H. aller Maßnahmen und 22,7 v. H. aller Teilnehmer konnten wiederum Letriebs- gebunden erfaßt werden. Das Fachamt Bergbau führt« sogar über 88 v. H. seiner Maßnahmen in betriebsgebundener Form durch. Der Vergleich der 1937 insgesamt durchgeführten 264 wirtschaftSkundlichen, Studienfahrten mit 8823 Teilnehmern, mit den im ersten Halbjahr 1988 durchgeführten iL9Gtudi«n- fahrten mit 4814 Teilnehmern läßt «ine «rfreuliche Auf wärtsentwicklung «Sennen. Die Zochl der kaufmännisch be tonten Uebungsbetriebe und UebungSfirmen der DAF.-Be- rufserziehungswerke hat di« 2000 weithin überschritten. In den Mrufserziehungswerken insgesamt wird nun auch für Erwachsene das Streben nach der Einheit „Rasse ^--'Gemein schaft — Leistung" verwirklicht. * Post» und Ammmelvevienft 1« sudeteulxutschen Gebieten. In den von den deutschen Truppen besetzten Gebieten Su detendeutschland» wird der Post- und Fernmeldedienst sofort I wieder aufgenommen. Gemeinsam mit den'sudetendeutschen Beamten bringen die deutschen Beamten den Post- und Fern meldedienst wieder in Gang. Zur Durchführung dieser Auf gaben sind von der Reichspostdirektion Chemnitz zwei Sonder beauftragte für den Post- und Fernmeldedienst bestellt worden, Amtliche Anzeigen. Mahnung zur Steuerzahlung an Stelle von Einzelmahnungen. An die Zahlung aller in der Zett vom 11. September bi» 10. Oktober 1938 fällig gewesenen oder fällig werdenden Zahlungen auf Einkommen-, Körperschaft-, Lohn-, Wehr., Umsatz-, Vermögen-, Beförderungsteuer und Steuerabzüge von Aufsichtsratsvergütungen sowie vom Kapitalertrag — letztere beiden binnen einer Woche nach Auszahlung der Vergütungen bzw. des Kapitalertrags — wird eripnert. Die Fälligkeitstermine für die einzelnen Steuerarten er- geben sich aus den Steuerbescheiden oder Steuerkalendern der Tageszeitungen. Wenn nicht spätestens am Tage der Fälligkeit gezahlt wird, ist ein Säumniszuschlag von 2 v. verwirkt. Steuerrückstände und Säumniszuschläge werden alsbald durch Zwangsvollstreckung eingezogen. Aue und Schwarzenberg, 6. Oktober 1938. Da» Finanzamt Aue. Da» Finanzamt Schwarzenberg. Postscheckkonto 98776 Leipzig. Postscheckkonto 7284 Leipzig. Reichsbankgiro 111 Aue. Retchsbankgiro 111 Schwarzenberg. Den I. Nachtrag zur Satzung der Stadt Schneeberg über eine einmalige Bauabgabe für Entwässerungsanlagen vom 21. Mai 1937 hat der Herr Kreishauptmann zu Zwickau ge nehmigt. Er liegt während der üblichen Geschäftszeit im Rathaus, Zimmer Nr. 7, eine Woche lang zur Einsichtnahme au». Schneeberg, den 4. Oktober 1938. Der Bürgermeister, S»»»tag »bienst in den Kraftfahrzeug-Werkstätten in Schwarzenberg, Raschau und Mittweida-Marker»bacht 9. Oktober: Emil Günther, Markersbach, Tel. 3957. die ihre Arbeiten vor einigen Lagen ausgenommen haben. Di« tschechischen Postwertzeichen werden zurückgezogen und durch Hinbenburgmarken ersetzt. Bei der Abgabe der Marken wird bi» auf weiteres tschechisches Geld in Zahlung genommen werden (UmrechnungSverhältniS 10:1). Im sudetendeutschen Gebiet aufgeliefert« Postsendungen, di« den Bestimmungen der Deutschen Postordnung entsprechen, und die nach den depischen Gebührensätzen freigemacht sind, sind ordnungsmäßig und werden ebenso befördert wie die Sendungen, di« den bisher im sudetendeutschen Gebiet gellenden Bestimmungen genügen. Zwischen den besetzten sudetendeutschen Gebieten und dem übrigen Reichsgebiet gelten für den Briefverkehr Jnland»- gsbühren. Der Päketverkehr wird später geregelt. ' Veförvornug-möglichLeUe« für Unteroffiziere. Durch Erlaß de» Oberkommando» des Heeres wird ein« Umwandlung von Feldwebelstellen in Oberfeldwebelstellen angeordnet und damit die Beförderungsmöglichkeit für Unteroffiziere wesent lich verbessert. Solche Umwandlungen erfolgen bei Kom panien, SchwLdroNen, BatteriÄl, nicht ab«r bei den Kom-> mandobehörden, Stäben und sonstigen Dienststellen. Zu Ober feldwebeln dürfen nach der Neuregelung befördert werden: Feldwebel usw. — Waffenträger — nach mindestens 7jährig«r Gesamtdienstzeit und nach einem Dienstjahr als Feldwebel usw., jedoch spätestens mit Beginn des 10. Dienstjahres, so daß sie noch mindesten» zwei Jahre in dieser Stelle Dienst tun können. Für den Uebetgang bestimmt der mit dem 1. Oktober 1938 in Kraft getretene Erlaß, daß in der Zeit bi» 30. 9. 1940 auch Feldwebel — Waffenträger — zu Oberfeld webeln befördert werden dürfen, die nur ein Jahr in dieser Stelle verbleiben können. Grenzlaudtragödie. GrgLHI««« «vtert Hvtzltaw«. Der Jäaerndors stammende Sudetendeutsch, ist »tert Hohl bäum, »er sein dichterisches Können stets unbedingt « den Dienst des »Mischen Gedankens stellt«, hat vor alle» ui seine» Loman „Gren,land' die Lra-Sd« »D» MV »schildert. Ich, Gideon Nitsche, ehemals Grundbesitzer im Dorfe E„ Vezirkshauptmannschaft F., schreibe diese Zeiten in einem tetzte« unbewachten Augenblick vor meinem Abtransport »ach der Irrenanstalt in T. für meine Kinder, damit sie einst erfahren, daß ihr Vater kein Narr gewesen ist. Warum man mich nicht als Brandleger meines eigenen Anwesens verurteilt hat, wurde damit begründet, haß kein praktischer Grund hierfür vorlag. Ich war nicht hoch versichert, konnte also nur verlieren, mein Besitz war schuldenfrei — wenn ich an dieses Wort denke, fühle ich wieder den bohrenden Schmerz im Herzen —, kurz, es blieb nur der Schluß übrig, daß ich verrückt sei. Vielleicht war da» aber nur der äußere Grund, vielleicht waren auch hier wieder jene Mächte im Spiel, die mein Schicksal in diese furchtbare Bahn gelenkt haben. Ach habe meine« Besitz vom Vater ererbt, als etwas Selbst verständliches, ich habe — da ich gerne studiert hätte — ihn so- gar zuerst als Last und später als eine Notwendigkeit betrachtet, aber ich habe ihn nicht eigentlich geliebt. Auch im Kriege habe ich nie Sehnsucht danach empfunden, Sehnsucht nach Baum, Acker und Wald, wie manche weit einfacher und stumpfer ver anlagte Kameraden. Als ich heimkehrte, habe ich meine Tätigkeit eben dort fortgesetzt, wo ich sie beim Auszug inS Feld verlasse« hatte, und daß unterdes da» Land einen anderen, bei den meisten verhaßten Herrn erhalten hatte, da» hat mich nicht so erregt und geschmerzt wie viele meiner Freunde und Nachbarn, di« den Anblick der fremden Soldaten und ihre lauten Kommando» kaum ertrugen. Ich habe mich nie um Politik bekümmert und hätte auch keine Zeit dazu gehabt, denn die Bewirtschaftung meine« Anwesens wurde immer schwieriger, die Einnahmen geringer, die Lasten größer, ich war gezwungen, da und dort Geld auszu- nehmet,, wa« mich mit wachsender Sorge erfüllte, den» ich bin nie ein guter Rechner gewesen und habe auch «i« zu den Wag«, mutigen gehört, «« da» meiste Glück i» solchen Geschäften ge nießen. Deshalb verlor ich allmählich den Ueoerblick über meine Verpflichtungen, und es war eine grauenvolle Ueberraschung für mich, als mir eines Tages die gerichtliche Mitteilung zuging, daß mein Anwesen auf Antrag meiner Gläubiger versteigert würde. Ich war auf dem Melde, als der Postbote mir de» Brief zustrllt«, es mochte» Stuud« vergangen sein, und ich jw»d «och immer reglos, in dumpfer Betäubung. ES war schon Abend, als ich erwachte, von demselben stechenden Schmerz, den ich wieder fühle, da ich dies alles schreibe. Es war eine Helle Mondnacht, mein Hau» lag schneeweiß, durch die hohen mangoldenen Felder ging ein leiser Wind, aus dem Garten strich eine volle Welle fruchtschweren Duftes zu mir, und mir war, als fühlte ich das alles zum ersten Male, als hätte ich mein Feld, meinen Wald und meine Apfelbäume noch nie gesehen, als wäre mir das alles heute erst zum kostbaren Geschenk gemacht worden. Und das alles wurde noch schöner durch die Gewißheit, daß es in kurzer Zeit nicht mehr mir gehören werde, und der Glanz der Felder, der Duft des Gartens, die Reinheit meines Hauses, das alles tat weh, schnürte mir das Herz mit einer unheimlichen gespensti gen Gewalt. Hundertmal in dieser Nackt erwachte ich, und die geheimnisvolle Macht zwang mich, in da» glänzende Bild zu schauen und furchtbar klar zu wissen, daß e» für mich verloren sei. In diesen Tagen hatte die Regierung die erste große Volks zählung nach dem Umstürze angefetzt, und auch mir war ein Fragebogen zugegangen, der noch immer unausgefüllt auf meinem Schreibtische lag. In der nächsten Mondnacht wachte ich wieder. Ick stand am Fenster, da rief mich ein Mann an. Ich erkannt« iyn, er war einer von den Fremden und übte ein wichtiges Amt aus. Er käme in einer dienstlichen streng ge heimen Angelegenheit, und ich müsse ihm öffnen, sagte er. Er sprach zuerst leise, so daß ich ihn kaum verstand. Das Dort „Versteigerung", das er auSsprach, aber rief alles wieder wach, den unerträglichen Schmerz, der mein Herz um schnürte, die furchtbare Gewißheit, ich werde in ein paar Tagen schon nickt mehr an diesem Platze stehen, und einem anderen würde alles gehören. Nein, sagte der Fremde, es werde weiterhin nur gehören. Di« fremde Regierung sei bereit, mir ein Dar- lehen zu gewähren, auf unbestimmte Zeit, mit dem ich alle Schulden tacken könne, ja, mehr noch, ich würde als erster bei allen Lieferungen, die der Staat zu vergeben hätte, berücksichtigt werden, alle Not solle ein Ende haben und mein Besitz mir für immerwährende Zeit gesichert sein, wenn, wenn ich m der Ru- brik „Nationalität" d«S Fragebogens, der vor mir auf dem Schreibtisch« lag, nicht di« deutsche, sonder« di« dr» herrschenden Volkes eimetzen wollte. ' Ich bm kein solcher Nationaler gewesen, wi« viele meiner Freunde, ich hab« nie verstanden, wie man die Fremden hassen tonne, ich habe mich von allem fern gehalten, wa» gegen den Staat gerichtet war, i« dem Augenblick bin ich dock zuruckgeprallt »ad HÄ« gesagt, da« sei unmöglich, ich könne da« nicht hin- schreiben, mrin «»ter fei ei» Deutscher gewest», mein Großvater, es wäre eine niederträchtige Lüge, wollte ich das Verlangen des Fremden erfüllen. Er war nicht ungehalten, im Gegenteil, er sagte, das mach mir alle Ehre, aber die Sache sei nun einmal so, . man könne die Welt nicht umdrehen, und er wolle mir gern Bedenkzeit lassen. Morgigentags um dieselbe Stunde werde er wiederkommen. Ich kann mich an di« folgenden Stunden nur ganz unklar erinnern, ich weiß nur, daß ich mich in mein Zimmer einge- schlossen und durchs Fenster auf die Felder und meinen Wald geiehen habe, und daß der Schmerz, der furchtbare Schmerz sich gesteigert hat von Minute zu Minute, bis zur Unerträglichkeit. In dem Augenblick, da ich die Rubrik auf dem Fragebogen auSgefüllt und ihn dem Fremden übergeben hatte, ist der Schmerz von mir gewichen. Es war das Gefühl einer tiefen Befreiung in mir, das ich nicht beschreiben kann. Es hat in den Stunden meines Wachseins angehalten und mich in den Traum begleitet, bis ich erwachte. Es hat mich ans Fenster getrieben, und ich habe Feld und Wald und Garten im selben Mondschein gesehen, wie gestern. Aber es war ein anderes Bild. Ein furchtbares Bild. Der Glanz der Aehren war gespenstig, der Wald war er füllt von einem schwarzen Drohen, und der Duft des Gartens roch nach Verwesung. Und wieder fiel mich der Schmerz an, anders als gestern, viel furchtbarer, härter und zerreißender. Bei Tage vollführte ich meine Geschäfte wie ein Nachtwand ler, aber sobald das Dunkel kam, erwachte ich zu einer furchtbar grellen Erkenntnis- Alle Gegenstände, die Gartenbäume, die Schwaden, die Tannen und Fichten, trugen für mein Auge teuflisch überscharfe Formen, die mir inS Auge stachen, der Ver wesungsgeruch steigerte sich zur Unerträglichkeit, und das alles verließ mich nie, immer war eS um mich, mochte ich mich auch inS dunkelste Zimmer verschließen. Bald ertrug ich auch mein HauS nicht mehr, bald haßte ich irdes Möbelstück, alles, was mein war, haßte ich jedes Möbelstück, alle», was mein war, haßte ich, verließ mein Haus für Tage, für Wochen, fuhr ziellos im Land herum, aber die Gespenster verließen mich nicht, je ferner ich ihnen war, desto mehr bedrängten sie mich. Wenn ich ihnen nahe war, konnte ich wenigstens für Augenblicke mich befreien, konnte ein Stück Feld nieoertreten, die Rinde eines Baumes zerfleischen, ein paar Früchte vom Äste schlagen. Aber nach den Augenblicken der Befreiung kam da» Entsetzen mit doppelter Macht. WaS soll ich weiter erzählen, in einer Nacht hab' ich'» getan. Und hab« ein Gefühl der Befreiung empfunden, das noch jetzt im Erinnern inmitten der Bedrängnis meine» Herzen» mein Trost ist. Ich muß schließen, ich höre die Schritte der Wärter, die mich, holen. Ich will da» Papier an meinem Herzen verwahren, soll man e» finden, wenn ich erlöst bi«.
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