Volltext Seite (XML)
Richtung erfolgen. Die „Kulturlandschaft“ wird in Zukunft der Lebensraum für sechs Millionen werk tätiger Menschen sein, jedoch nicht in Form eines ästhetischen Kunstgebildes vergangener Zeit, sondern als Kulturlandschaft auf Grund biologischer Erkennt nisse und Anschauungen, wobei die Rentabilität der Grünflächen erst in zweiter Linie erwogen werden darf. Forstliche Rentabilität wird in den meisten Fällen, infolge der Industrieeinflüsse, überhaupt nicht mehr zu erzielen sein. Die Schaffung von Grün in jeder biologisch richtigen F orm ist das Ziel. Die Straßen werden Parkstraßen sein mit bodenständigen Wildbäu menund Wild’ Sträuchern. Mischwälder mit gutem Unterbau sind die Parks der Zukunft, die zwischen den Indu striestädten liegen, die jährlich in der Bebauung immer stärker zusammenwachsen. Die Kleingärten, am Rande der Städte, werden die Uebergänge in die freie Landschaft bilden. Ihre zukünftige Gestaltung und vorsorgliche Behandlung ist eines der wichtigsten Aufgabengebiete der städtischen Gartenämter, damit auch in den Kleingärten allgemein Schönheit in Ver bindung mit Zweckmäßigkeit einkehrt, im Gegensatz zu den oft bestehenden, regellosen, wilden „Indianer dörfern“, deren Lauben nicht die geringste Spur deut scher Gartenkultur aufzuweisen haben. Daß auch die größten industriellen W e r k e i n G r ü n eingebettet erträglich werden, daß Kulissenpflanzungen selbst stärkste Konzentration der Industrie auf lockern und landschaftlich einbinden können, dafür gibt es im Gebiet Musterbeispiele, die beweisen, daß, Verständnis und Verantwortungsgefühl der Allgemein heit gegenüber vorausgesetzt, Industrie nicht notwen dig landschaftszerstörend sein muß. Beim Wiederaufbau der Industrieland- schaftmuß abereines gefordert wer den: Die neue „Kulturlandschaft“ muß in ihrer Sprache einfach, ehrlich und klar sein. Jede Verwässerung im Sinne der Land schaftsverschönerung würde keine Kultur, sondern Unkultur darstellen. Der Landschaftsgestalter muß wissen, wo der Garten aufhört und die Landschaft anfängt. Im Garten: Blumen, blühende Sträucher, Kulturbäume und Selten heiten in großer Abwechslung; in der Landschaft aber, in ganz bewußtem Gegensatz zum Garten, all das, was wir in der freien Natur als Baum, Strauch und Wildblume unserer Heimat von Herzen lieben und das wir immer noch mehr lieben werden, je mehr wir in die ewigen Gesetze ihres Zusammenlebens und Zusammenfindens zu einer Kleinwelt inmitten einer größeren eindringen. Dürer hatte diese Liebe, als er — der „Deutsche“ — anno 1503 sein Großes Rasenstück sehn f, NATURSCHUTZ IM RUHRGEBIET VON K. OBERKIRCH, BEZIRKSBEAUFTRAGTER FÜR NATURSCHUTZ, ESSEN Die Landschaft des Ruhrgebietes hat sich in wesent lich stärkerem Maße vom einstigen natürlichen Zu stande entfernt als irgendeine andere deutsche Land schaft. Der Naturschutz hat daher mit einer anderen Lage zü rechnen und muß für die Sicherung der Rest landschaft andere Forderungen stellen, als sie sonst als ausreichend erscheinen. Das gilt zumal für alle Ruhrgroßstädte und auch für unser Essen. Die Naturdenkmalpflege steht noch nicht vor völliger Leere. Im Stadtgebiet Essen konnten 50 ausgezeichnete Bäume und Baumgrup pen als Natur denkmale gesichert wer den. Im ganzen Ruhrgebiet wurden bisher 600 Naturdenkmale der Baumwelt geschützt. Die weit gehenden Veränderungen der natürlichen Ruhrland schaft haben aber die Schaffung von Naturschutz gebieten im Weichbilde unserer Großstädte fast un möglich gemacht. Lediglich weit draußen vor den Steinfeldern unserer Stadtriesen, am Niederrhein, an der Lippe, im Bergischen Lande bestand noch die Möglichkeit, bisher zehn Naturschutzgebiete einzu richten, unter diesen allerdings Wacholderheiden und Rheinaltwasser von landschaftlicher Schön heit, wie sie am Rande einer völlig umgewandelten Industrielandschaft nicht mehr erwartet werden. Und dennoch besteht die Aussicht, daß selbst Essen demnächst ein Naturschutzge biet in seinen Grenzen birgt, das für Westdeutschland einzigartig wird. Der Schellenberger Wald besitzt einige Gebiete mit einem solchen Reichtum an schönen Hülsen (Ilex aquifoli- um) nicht nur als Unterholz, sondern in starken und hochgewachsenen Stämmen (3 Bilder), daß wir von wirklichen Ilexwäldern sprechen dürfen. Die beiden am stärksten durchsetzten Buchenbestände von vielen Morgen Größe tragen über 400 Ilex-Hochstämme von 40 bis 80 cm Stammumfang und 6 bis 8 Meter Höhe. Der Schutzantrag für den Essener Ilexwald ist in der Bearbeitung. Wenn die Sicherung von Naturdenkmalen und Natur schutzgebieten aber nur in besonderen Fällen meist kleinste Einzelteile der Landschaft unter Schutz bringt und damit wohl wissenschaftlich oder heimatkundlich bedeutungsvolle Objekte erhält, aber nicht bestimmend in die weitere Landschaft einzugreifen vermag, so kommt dem allgemeinen Landschaftsschutz eine höhere und für den Ruhrbezirk eine überragende Bedeutung für die Erhaltung des Heimatbildes zu. Bis her unterlagen die Waldhöhen des Essener Ruhrtales als Grünflächen dem Baumschutzgesetz, das wenigstens eine gewisse Regelung bei Veränderungen des Holzbestandes zuläßt. Gleichfalls war ein breiterer