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von dem deutsch-französischen Kriege, ein harter Schlag I auch für R o e z 1, der mit Bangen daran denken musste, dass seine letzten Sendungen ihren Bestimmungsort wahrscheinlich nicht erreichen würden, weil sie, mit dem Ausschiffungshafen St. Nazaire, ihren Weg durch Frank reich nehmen mussten. Roezl entschloss sich schnell, nun Coniferen-Samen zu sammeln, da er diese für längere Zeit aufspeichern konnte. Zu diesem Ende bereiste er Nordkalifornien, dann die Gebirge von Oregon, Washing ton Territorium und die Vancouvers-Inseln und dehnte seine Ausflüge bis unter den 60. Grad N. aus. Nach San Franzisko zurückgekehrt unternahm Roezl wiederum eine Reise nach der Sierra Nevada, um Coniferen-Samen zu sammeln und endlich bereiste er noch Südkalifornien bis an die mexikanische Grenze, hier waren Yucca, Cacteen, und von Palmen Washingtonia filamentosa und Brahea Roezli seine Ausbeute. Dass Roezl auf der Rückreise abermals Schiffbruch litt, möchten wir bei einem so reich bewegten Leben eigentlich unter die ge wöhnlichen Vorkommnisse zählen und nur das Glück bewundern, dass Roezl sich regelmässig unter den Ge retteten befand. In San Franzisko angekommen, erhielt Roezl Briefe seines Freundes Ortgies, die die bangen Vermutungen R o e z 1 ’ s bestätigten, dass die abgesandten Pflanzen ihren Bestimmungsort nicht erreicht hatten; aber Roezl verlor den Mut nicht, sondern rüstete so fort zu einer neuen grossen Reise, hoffend, dass der Krieg zwischen Frankreich und Deutschland ein baldiges Ende nehmen werde. Diesmal ging die Reise über Panama weiter nach Süden und zwar nach Buenaventura, das in Columbien, an der Westküste Südamerikas, unter dem 4. Grad n. B. liegt. War nun das Betreten des elenden, ungesunden Städtchens Buenaventura wenig einladend, so sollte Roezl mit dem Eindringen in den reichsten Urwald überreich entschädigt werden, er geriet in ein wahres Eldorado für Pflanzensammler und wusste nicht wohin zuerst er das entzückte Auge wenden sollte, da war ein ganzer Wald von Zamia Roezli, Z. Wallisi und Z. Ort- giesi, dort standen in üppigster Fülle Aroideen, Cyclan- deen, Orchideen, Gesneraceen, Bromeliaceen und Farn. Hier fand Roezl Odontoglossum lioezli, Cypripedium Roezli, Masdevallia chimaera, Pescatorea Roezli, Bollea coelestis, Cattleya chocoensis, eine neue Carludovica; auch 30 verschiedene neue, noch nicht eingeführte Gesneraceen fand Roezl in Blüte. Wie er nun zurück in den Hafen von Buenaventura kam, um seine Schätze nach Europa zu verschiffen, da erwartete ihn die traurige briefliche Nachricht von Ortgies, dass der Krieg immer noch wüte und weitere Sendungen einzustellen seien; dafür aber wurde ihm von Ortgies und zu gleicher Zeit auch von dem bekannten J. Linden in Gent der Vor schlag gemacht, eine viermonatliche Reise in den Staat Antioquia Columbiens für Rechnung des Hauses Linden zu unternehmen, bis er nach Beendigung des Krieges wieder für eigene Rechnung sammeln könne. Da erbot sich ein deutscher Gärtner, den Roezl aus Kalifornien mit hierher genommen hatte, die vorrätigen Sammlungen, die einen Wert von ungefähr 2000 Dollars repräsentir- ten, nach New-York zu bringen, dort zu versilbern und den Erlös mit Roezl zu teilen. Roezl nahm den Vorschlag an, er war aber in der Folgezeit der Ge prellte, denn „Ross und Reiter sah er niemals wieder!“ Als er nun seinen teuren Landsmann und seine Pflanzen in des Wortes kühnster Bedeutung los war, ging er über Cali, Buga, Cartago nach Manizales und bewerkstelligte unter den ungünstigsten Witterungsver- hältnissen die Besteigung der dortigen Paramos oder Despoblados (hohe Gebirgsplateaux auf 12,000 Fuss und darüber, unbewohnt, von heftigen Stürmen und Schnee und Hagel mitunter heimgesucht). Roezl fand dort viele schöne Fuchsien, Begonien, Calceolarien, Bromelien, Orchideen und zwar Odontoglossum sphacelatum, O. ra- mosissimum, viele Masdevallien, Telipogon u. s. w. ; der Weitertransport der Pflanzen war aber kaum zu be werkstelligen; durch unaufhörlichen Regen waren alle Wege grundlos geworden, so dass die Lasttiere kaum leer durchgebracht werden konnten, an ein Belasten der selben war gar nicht zu denken und so musste denn Roezl die gesammelten Pflanzen auf den Schultern der Indianer über die Zentral-Cordillera nach Nare an dem Magdalenenstrome tragen lassen, damit sie von dort verschifft werden konnten. Er selbst reiste weiter nach Norden und zwar nach der Stadt Sonson, wo er für 14 Tage sein Standquartier aufschlug. Hier heimste er tausende der Masdevallia Macrura, auch Odontoglossum luteo-purpureum in sehr grosser Anzahl ein, auch die merkwürdige schwarze Orchidee Pleurothallis Roezli wurde aufgefunden. Er wusste jetzt schon nicht, wie er all’ diese Pflanzen fortschaffen wollte und doch hatte er von Linden den Auftrag, alles in Rio Frio zu häufen und dann noch Abstecher nach Westen bis Frontino und nach Norden bis Amalfi zu unternehmen. Also, auf nach Rio Frio und von da ohne Aufent halt über Medellin, den Rio Cauca mit Lebensgefahr überschritten, nach Frontino. Da gab es Cattleya gigas, Odontoglossum vexillar ium, Lüddemannia Wallisi, Houlle- tia chrysantha und viele andere schöne Sachen in grosser Menge. Nach 14 Tagen warRoezl wieder in Rio Frio und sofort ging es nun auf die dritte Reise nach Amalfi; auch da gab es wertvolle Sachen, unter anderem An- thurium Warocqueanum und Pescatorea Lalindi. Auf den Zentralpunkt zurückgekehrt, gab es noch viele Schwierigkeiten zu überwinden, ehe Roezl endlich mit 80 schwerbeladenen Maultieren den Weg nach dem Mag dalena hin antreten konnte. Glücklich kam alles nach Barranquilla und wurde einem deutschen Dampfer, der nach Bremen fuhr, übergeben. Auch Geld und neue Instruktionen fanden sich in Barranquilla vor und Roezl ging in aller Hast über Colon, Panama nach dem Hafen von Payta in Peru, an der Westküste. Nachdem er glücklich die fast wasserlose Wüste über Piura durch schnitten und dort wieder Leute und Lasttiere sich verschafft hatte, begann er über Huancabamba den Aufstieg zur Cordillera. Der vierwöchentliche Aufent halt auf den Anden brachte ihn bis auf die Ostseite derselben und in das Stromgebiet des Marannon. Mit Pilocereus Haageana, Alasdevallia amabilis, M. civilis, M. polysticta und vielen anderen schönen Sachen beladen, wurde der Rückweg nach Payta angetreten und die I Sendung sofort nach Europa expedirt. Roezl selbst stieg auf dem Rückwege noch einmal in Buenaventura (Columbien) aus und machte noch eine grosse Razzia unter den dortigen Herrlichkeiten. Damit fuhr er über Panama, Jamaica, St. Thomas nach England, wo er am 1. Mai 1872 landete. Nach einem Aufenthalte von 4 Wochen in London ging Roezl nach Gent, um die alten Bekannten zu grüssen, die mit ihm 17 i Jahre älter geworden waren, um bei ihnen die liebens würdigste Aufnahme zu finden; dann ging er über Köln und Erfurt in die Heimat zu seinen Eltern, die er noch in voller Gesundheit antraf. Nach kurzer Rast machte er sich wieder auf den Weg über Wien, Triest, Mai land, den St. Gotthard nach Zürich. (Fortsetzung folgt).