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8 wickelte sich und nahm die Form, Grösse und Färbung der Corolle an, so dass die Blume aus zwei ineinander gesteckten Corollen zu bestehen scheint. Diese Eigen schaft führte zur Bezeichnung Mimulus duplex (doppelt) und der Hauptwert dieser Form liegt darin, dass der gewissermassen zur Blumenkrone gewordene Kelch von an und für sich festerer Beschaffenheit noch längere Zeit hindurch seine Frische und schöne Färbung behält, wenn die eigentliche, viel zartere Blumenkrone schon gewelkt und abgefallen ist. Die grössere Dauer der Blume war also hier durch diese Verdoppelung erreicht; mit Mimulus Neuberti (flore pleno), von Haage & Schmidt in Erfurt Anfang der siebenziger Jahre in den Handel gegeben, musste noch ein weiterer Fortschritt konstatirt werden, denn bei diesem trat eine wirkliche Füllung der Blume auf. Mimulus cupreus duplex Hort., dessen Einführung die Gärtnerwelt dankbar nicht ver gisst , fand die grösste Beacht ung, weil er, ganz abgesehen von seiner vorzüg lichen Färbung, namentlich sei nes niedrigen Wuchses wegen, sich am besten von allen bis da hin bekannten Mimulus zu Ein fassungen eig nete. Wenn er aber recht in Blüte kam, da ging trotzdem der Jammer los, denn er konnte sich den durch die Tep pichbeete Mode gewordenen, glattrasirten Cha rakter seiner Lei densgefährten nicht angewöh nen , mutwillig spillerten seine Blüten- und Blatt stiele in die Höhe, das ersehnte vor Blütenmasse, so liegt die Pflanze fest auf der Erde auf. Die Bemalung dieses lebenden Balles mit den wunder baren Tigerblumen ist die denkbar reichste auf dem har monischen Untergründe des Blattwerks; die Anordnung der Blumen, die an jeder Pflanze in grosser Zahl auf treten, möchten wir eine soldatisch stramme nennen, so steht jede am rechten Platze nur wenig über der Blätter masse erhoben, und grosse Dauer der Blumen wird augenscheinlich durch die Verdoppelung derselben ver bürgt. Kurzum, wir standen überrascht vor einem ansprechen den und zugleich höchst brauchbaren Pflanzengebilde, das in Kürze ein begehrter Liebling der Gärten werden wird, um so mehr, da sich diese Form konstant aus Samen wiedergibt. Der weitaus grösste Teil der Blumen, die wir sahen, wies, wie schon gesagt, die wundervollen Zeichnungen des Mimulus tigrinus auf, wenige nur gingen in die immer schöne Farbe des Mimulus cupreus über; sämmt- liehe Pflanzen aber besassen ganz treu den wir kungsvollen Bau, den wir soeben, so gut das uns gelingen wollte, mit Worten be schrieben haben und den unsere Abbildung viel glücklicher ver anschaulicht. Bei unserem Besuche fragten wir den Besitzer, welchen schönen Namen er seiner prachtvollen N eu- heit nun gegeben habe und lachend erwiderte Herr Kratz, diesem Mimulus müsse man eigentlich den Namen wie eine Schleppe hintennach tra gen, so lang müsse derselbe mindestens wer den, nämlich: MLimulus nobilis (Kratz). In der Gärtnerei des Herrn Emil Kratz n Hochheim bei Erfurt für die „D. G.-Z“ gezeichnet. schriftsmässige Niedrigbleiben der Einfassung ging ver loren und mit Messer und Scheere konnte man dem Blüher nicht ankommen! — Der schönste und vollkommenste Mimulus, welcher allen Anforderungen zur eigentlichen Verwendung als Einfassungspflanze für blühende Gruppen entspricht, bietet sich uns nun gegenwärtig dar, es ist Mimulus nobilis (Kratz), den wir hier im Bild vorstellen. Ein Flor desselben in mehr denn 5000 Exemplaren entzückte uns im vergangenen Sommer im Hausgarten des Herrn Kollegen Kratz in Hochheim bei Erfurt. Die Beschreibung der Pflanze möchten wir am liebsten der wohlgelungenen Abbildung allein überlassen; wir sind es aber der ganz reizenden Neuheit schuldig, dass wir, uns anstrengend, die beste Vorstellung in Worten zu geben suchen. Wie ein bunter Spielball, den die Kinder im Garten verloren, eine festgeschlossene ballförmige Blätter- und Mimulus hybridus tigrinus nanus compactus duplex, wenn auch die Leute eine richtige Vorstellung erhalten sollten, denen die Abbildung und Beschreibung noch nicht alle die vorzüglichen Eigenschaften der Pflanze vor Augen zu führen vermöchte! Doch wenige Tage später meldete uns Herr Kratz, dass er Taufe ausgerichtet und dass der kleine Heide Mimulus den kurzen Namen „nobilis“ erhalten habe. In der Tat, ein Name so nobel, so kurz und gedrungen, wie die Pflanze selbst! Wir empfehlen diese Neuheit in der Ueberzeugung, dass sie dort, wo sie passende Verwendung findet, ihrem Pfleger Freude bereiten wird. Die grossen, weithin leuch tenden Blumen der neueren, grossblumigen Mimulus- Varietäten darf man allerdings von dieser Neuheit nicht erwarten; deren Vorzug liegt in ihrem dichten Bau, ihrer erstaunlichen Reichblütigkeit und in dem langen Flor der schön gezeichneten Blumen. Ludwig Möller.