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Deutsche Gärten. VII. Die deutschen Gärtner-Lehranstalten. 1. Die königliche Gärtner - Lehranstalt zu Sanssouci bei Potsdam. Von G. A. Fintelmann. Unter den Bildungsanstalten, deren Zweck es ist, junge Gärtner mit den weitumfassenden, naturwissenschaft lichen Kenntnissen, mit den technischen Fertigkeiten aus zurüsten, die ihr Beruf erfordert, nimmt die königliche Gärtner-Lehranstalt zu Sanssouci bei Potsdam eine offenbar hervor ragende Stelle ein. In den neunund fünfzig Jahren, die seit ihrer Gründung ver flossen sind, ist ihre Wirksamkeit von viel fachen Erfolgen be gleitet gewesen, sie selber fortgeschritten in der Ausbildung ihrer Schüler mit dem gross artigen Aufschwung, den der nützliche Garten bau, die schöne Garten kunst in jenem langen Zeitraum genommen haben. Sie ist eine gärtnerische Hoch schule geworden, in der nicht nur die wis senschaftliche, sondern auch die technische und praktische Ausbildung der jungen Leute, wel che mit den Anfangs gründen der Gärtnerei vertraut, sich in ihr über den Standpunkt der handwerksmässigen Routine erheben wol len, erstrebt wird. In welcher Weise die Leitung der könig lichen Gärtner - Lehr anstalt neben der theo retischen Durchbildung der Eleven einen ganz wesentlichen Teil ihrer Aufgabe in der Ver vollkommnung der Praxis sieht, erhellt am deutlichsten aus den mahnenden Worten, die der Direktor der Anstalt, Hof-Gartendirektor Jühlke, an die jungen Gärtner richtet. Er bezeichnet als die „Hauptaufgabe der Anstalt, dass sie das Wissen und Können ihrer Schüler gleichmässig und ebenbürtig aus bilde, denn die schaffende Gartenkunst lässt sich ihrem innersten Wesen nach nur durch eigene, verständige Uebung erfahren und begreifen; auf theoretischem Wege lässt sich immer nur das Formale, das Auswendige daran erlernen und lehren. Denn bei aller Methode und bei allen Hülfsmitteln des Unterrichts, die der Lehrer bei der Ausbildung der Eleven befolgt und anwendet, so muss doch gerade das Beste, was den angehenden Gärtner zur praktischen und erfolgreichen Wirksamkeit befähigen soll, ihm selbst überlassen bleiben. Was der junge Gärtner in der kurzen Lehrzeit praktisch lernt, ist gegenüber dem, was von ihm später verlangt wird, entsetzlich wenig; der beste Lehrmeister wohnt deshalb auch in ihm selber und ist mit ihm von gleichem Alter. Der Gärtner scheidet mit seinem Wissen und seiner Erfahrung von der Erde und der Nach folgende muss stets von neuem für sich er werben, lernen und erfahren. Allein die Jugend wächst in un sere Bildungsatmo sphäre hinein, was der Lehrer mit Mühe ge funden, kann sie sich lernend leicht durch Fleiss und Mühe an eignen, und was für den Lehrer der Zweck des Arbeitens war, wird für sie das Mittel zur Lösung einer höheren Aufgabe. Ein gründ licher Unterricht ist deshalb auch stets praktisch. Steht der Fachlehrer in der Sache, so wird er die tatsächlichen Verhält nisse der praktischen Gärtnerei im Auge be halten, die es den Eleven einst ermög lichen sollen, an der Lösung jener Aufgaben mitzuwirken und seinen Vortrag durch prak- tischeApplikation theo retischer Lehrsätze befruchten, sowie für die theoretische und praktische Ausbildung der Eleven zugleich wirken. Aber der Lehrer muss hierin von den Schülern unterstützt und gleichzeitig von der determinirtesten Ausdauer ihres Willens, als einer sich von selbst verstehenden Sache, durchdrungen sein. Die Eleven sollen und müssen deshalb ihre ganze Kraft und Zeit auf das Studium der Gärtnerei verwenden und sich durch eigne praktische Betätigung in den voll kommenen Besitz der Details zu bringen bestrebt sein, um dadurch in die Lage zu kommen, alles darauf bezüg liche zu verarbeiten. Der vollkommene Besitz führt aber durch die Arbeit hindurch. Wie der wissenschaftliche und künstlerische Unterricht in der Gärtner-Lehranstalt die Eleven fähig und empfänglich