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No. 6 Handelsblatt für den deutschen Gartenbau etc. 42 halten; da sehr oft Privatleute in Besitz eines Ver zeichnisses kommen ohne Wissen der betreffenden Firma. Ich habe selbst mehrfach die Erfahrung gemacht, dass Privatleute, speziell Lehrer, nach meinem Verzeichniss bestellten, ohne dass ich je einen Katalog an dieselben ge sandt. Wie kommt der Katalog in die Hände der Lehrer? Meinen Catalog habe ich als Beilage im Thalacker gehabt und sonst nur an Handelsgärtner versandt. Es würde doch also zunächst ungerecht sein, solche Firmen zu veröffent lichen, denn wenn nachträglich Einzelne auch einen etwaigen Widerruf lesen, viele lesen es aber auch nicht. Speziell beim Verkauf der Forstpflanzen wird ja meistens oder sehr viel direkt verkauft, so lange hierin nicht die massgebenden Geschäfte ändernd vorgehen ist es für die mittleren und kleineren unmöglich. In fast allen forst- und landwirthschaftlichen Zeitungen werden Sie die Annoncen der grossen Firmen finden, dieselben führen fast ohne Ausnahme nur ein Verzeichniss, wonach, ganz gleich, ob an Private oder Gärtner verkauft wird, und ich glaube kaum, dass letztere sich darin eine Aenderung vor schreiben lassen, üeberall sind Vereine, Pflanzvereine, welche en gros kaufen, dieselben schicken Abgeordnete in die grossen Baumschulen und kaufen dort, wo sie es am billigsten bekommen; diese müssten doch auch zur Privatkundschaft gerechnet werden. Für kleinere Geschäfte und mittlere ist es überhaupt schwierig, zwei Kataloge herauszugeben, welche Kosten ruhen schon so auf einem Geschäft welches auf Versandt angewiesen ist; annonciren muss man, aber in welchem Blatt? So lange unser Ver bandsblatt nur an die Mitglieder gesandt wird, ist das nicht genügend, also muss man in mehreren Blättern Annoncen einrücken. Würde man also die kleinen und mittleren Geschäfte durch solche Massregeln zwingen, an Förster, Pflanzvereine, grosse Güter u. s. w. thurer zu verkaufen, so würde hierdurch nur den grossen unabhängigen Geschäften auch diese Kundschaft zugeführt, und den kleineren würde ein Verkauf unmöglich gemacht. Es giebt ja sehr gelesene Zeitschriften, die sowohl von Gärtnern als auch Privat leuten gelesen werden, würde ich nun z. B. niedrige Rosen annonciren zu 0,30 Mk., nebenan steht vielleicht eine Annonce zu 0,18—0,20 u. s. w., so würde ich das Geld für meine Annonce einfach fortgeworfen haben. So lange nicht eine Vereinbarung unter den grösseren Firmen getroffen ist, lässt sich meiner Ansicht nach nichts machen; zunächst müssten sie durch gütliche Vereinbarung bewogen werden, zwei Kataloge herauszugeben. J. 0. Zur Wildschadenfrage. Folgende Petition ist von dem Verbands-Vorstande an das preussische Abgeordnetenhaus geschickt worden. Indem wir dieselbe hiermit zur Kenntniss bringen, bitten wir die Mitglieder, die ihnen bekannten Abgeordneten auf die Petition aufmerksam zu machen und sie zu veranlassen für dieselbe einzutreten. Steglitz-Berlin, den 19. Januar 1895. „Als im Jahre 1891 das Wildschadengesetz zur Berathung stand, hofften die durch Kaninchen und Hasen oft sehr geschädigten Gärtner, dass ihnen in derselben Weise ein Schutz zu Theil werden würde, wie er der landwirthschaftlichen Bevölkerung durch die §§ 1 und 2 gegen Schwarzwild, Roth- und Damwild sowie gegen Fasanen gewährt worden ist. Leider ist diese Hoffnung nicht in Erfüllung gegangen und die gärtnerisch bewirthschafteten Grund stücke sind nach wie vor schonungslos dem durch Hasen und Kaninchen angerichteten, meistentheils bedeutenden Schaden noch genau so ausgesetzt, wie vor Erlass des Gesetzes. Zum Theil trägt die Fassung der beiden §§ 15 und 16 des Ge setzes die Schuld hieran, zum Theil die Art der Deutung und Aus führung derselben durch die Behörden. So ist es vorgekommen, dass ein Gärtner Jacob Schülgen in Stürzeiberg bei Neuss und Genossen wegen des Fangens von Kaninchen mit Fretchen und Netzen von dem Oberlandesgericht in Köln verurtheilt worden ist, nachdem die Beklagten von dem Schöffengericht in Neuss und der Strafkammer in Düsseldorf frei gesprochen worden waren. Die Strafe betrug allerdings nur 3 Mark, die Gerichtskosten jedoch waren auf über 1000 Mark angeschwollen Hierzu kommt dann noch der Schaden, welchen die Kaninchen an richten. Entscheidend für die Verurtheilung war die Aussage eines Sachverständigen, dass er den Versuch gemacht habe, mittels eines Netzes, wie es die Angeklagten zum Kaninchenfang benutzten, einen Hasen zu fangen, welcher Versuch vollständig gelungen sei. Durch dieses Urtheil ist die Existenz der Leute ruinirt. Da aber alle Rechtsmittel erschöpft waren, so blieb ihnen nichts übrig, als ihr Unglück zu tragen. Eine solche Deutung des § 15 kann unmöglich von dem Hohen Hause bei Hinzufügung der Worte „mit Ausnahme des Fangens in Schlingen“ zu der ursprünglichen Fassung: „Wilde Kaninchen unter liegen dem freien Thierfange“ beabsichtigt gewesen sein, denn wenn danach jede Art der Vernichtung der Kaninchen bestraft werden kann, durch welche es möglich ist, auch einen Hasen zu fangen oder zu tödten, ist der § 15 vollständig illusorisch, zumal es auch manche Aufsichtsbehörden unter Hinweis auf den Wortlaut des § 15 abgelehnt haben, den Besitzern von durch Kaninchenfrass stark beschädigten Baumschulen und anderen Gartengrundstücken die Erlaubniss zum Abschüsse der Kaninchen zu ertheilen. Nach einem Bescheide des früheren Herrn Landwirthschaftsministers vom 14. September 1892 an den unterzeichneten Verband der Handels gärtner Deutschlands deutete auch der Herr Minister die Be stimmungen des Gesetzes so, dass die Aufsichtsbehörde nur befugt sei, eine solche Ermächtigung hinsichtlich der Vögel und des „Wildes“, d. h. der jagdbaren Thiere, zu ertheilen. Die Erlegung der Kaninchen mittels Schusswaffen sei lediglich von der Ge nehmigung des Jagdberechtigten abhängig. In den seltensten Fällen aber wird diese „freiwillige Erlaubniss“ ertheilt. Nach der obigen Deutung des Paragraphen durch das Oberlandesgericht in Köln und diesem Bescheide des Herrn Ministers ist al o jeder Schutz gegen Kaninchen ausgeschlossen, mit Ausnahme des einzigen, , durch eine feste Umzäunung, welche so tief in die Erde geht, dass sich kein Kaninchen darunter durchwühlen, und so hoch ist, dass kein Kaninchen darüber springen kann. Der Herr Minister empfahl zwar zur Vertilgung der Kaninchen anch Fallen, aber da nach den damit angestellten Versuchen sich gleichfalls Hasen darin fangen können, so würde auch die Anwendung dieser Fallen vor einer Bestrafung nicht schützen. Ebenso wie der § 15 des Wildschadengesetzes bisher den dadurch doch offenbar bezweckten Schutz gegen Kaninchenschaden nicht gewährt hat, so bleibt auch der § 16 in dieser Beziehung wirkungslos. Derselbe bestimmt, dass die Aufsichtsbehörden den Besitzer von Obst-, Gemüse-, Blumen- und Baumschulanlagen er mächtigen kann, Vögel und Wild, welche in den genannten An lagen Schaden anrichten, zu jeder Zeit mittelst Schusswaffen zu erlegen. Auch mit diesem Paragraphen war doch zweifellos be absichtigt, die Ertheilung solcher Erlaubniss nicht von dem beliebigen Wollen der Aufsichtsbehörden abhängig zu machen, sondern ihnen die moralische Verpflichtung aufzuerlegen, diese Erlaubniss in allen den im § 16 erwähnten Fällen zu ertheilen. Ein Vergleich dieses Para graphen mit den §§ 1 bis 14 zeigt leider ein grosses Missverhältniss zu Ungunsten der Gartenbau treibenden Bevölkerung. In diesen Paragraphen ist äusser dem zu leistenden Schadenersatz die Be stimmung getroffen worden, dass die Aufsichtsbehörde für Abschuss des Roth- und Damwildes sorgen muss, selbst während der Schonzeit, wenn durch dasselbe während des Kalenderjahres wieder holt Wildschaden verursacht worden ist. Es ist nicht einmal er forderlich, dass dieser Schaden ein erheblicher war. Die zweimalige Feststellung von Schaden innerhalb eines Kalenderjahres legt der Aufsichtsbehörde diese Verpflichtung auf. Es würde ein grosser Irrthum sein, wenn man annehmen wollte, dass der durch Hasen und Kaninchen angerichtete Schaden gering sei. Auf Wiesen und Feldern mag dies der Fall sein, aber in Gärten und Baumschulen ist er höher als der von Roth- und Damwild auf landwirthschaftlichen Flächen angerichtete Schaden. Ein Hase ist im Stande, und das kommt nicht selten vor, in einer einzigen Nacht 60—80 und mehr Obstbäume in der Baumschule durch An nagen so zu beschädigen, dass ihr Verkauf ausgeschlossen ist. Kaninchen richten fast noch mehr Schaden an. Die Thiere schälen die Rinde an, oft rings um den Stamm herum, dadurch gehen die Bäume entweder ganz ein oder werden im Wachsthum bedeutend zurückgehalten. Bei jüngeren Bäumen werden die Zweige durch gebissen, was bei Formobstbäumen den Schaden besonders sehr empfindlich macht. Gross ist auch der Schaden, den Hasen und Kaninchen auf Samenfeldern anrichten. Es ist eine Eigenthümlich- keit dieser Thiere, dass sie nicht einfach den Baum oder die Pflanze, welche sie angenagt haben abfressen, um ihren Hunger zu stillen, sondern dass sie in naschhafter Weise von Baum zu [Baum und von Pflanze zu Pflanze laufen. Dadurch wird der ausserordentlich hohe Schaden angerichtet. Unter diesen Umständen ist es nicht ausreichend, dass den Besitzern von Obst-, Gemüse-, Blumen- und Baumschulanlagen die Erlaubniss ertheilt werden kann, die Hasen zu jeder Zeit mittelst Schusswaffe zu erlegen, vielmehr ist es nothwendig, dass den Auf sichtsbehörden die Verpflichtung auferlegt wird, dass sie diese Er-