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No. 5. Berlin, den 3. Februar 1895. X. Jahrgang. Eigenthum des Verbandes der Handelspartner Deutschlands, Organ des Gartenhau-Verbandes für das Königreich Sachsen, herausgegeben unter Mitwirkung der hervorragendsten Fachmänner des In- und Auslandes. Das „Handelsblatt für den deutschen Gartenbau etc.“ erscheint am Sonntag jeder Woche. Abonnementspreis für Nicht- Verbandsmitglieder in Deutschland und Oesterreich - Ungarn pro Jahrgang 8 Mk. 50 Pf.; für das übrige Ausland 10 M,; für Verbandsmitglieder kostenlos. Verantwortliche! Redakteur: C. Junge, »Steglitz-Berlin, Geschäftsführer des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands. Verlag: Verband der Handelsgärtner Deutschlands, eingetragen auf »Seite 179, Band VI, des Genossenschaftsregisters des Kgl. Amtsgerichts zu Leipzig. Zur Gewerbe-Novelle. „Ist es angängig, richtig und erfolgversprechend, bei dem Reichtstage dalin vorstellig zu werden, dass das Verbot des Gewerbebetriebes im Umherziehen auch auf abgeschnittene ausländische Blumen ausgedehnt wird?“ Es ist eine leider nicht zu leugnende Thatsache, dass an vielen Stellen des Reiches die einheimische Schnittblumen- kultur bedeutend unter dem Vertrieb ausländischer Er zeugnisse leidet. Ist auch ein entschiedener Aufschwung in der deutschen Schnittblumenkultur zu verzeichnen, so sind die Erfolge derselben doch noch zu vereinzelt, um einen Einfluss auf die Gesammtlage, namentlich was die Preisfrage betrifft, ausüben zu können. Es ist ferner Thatsache, dass der Verkauf der auswärtigen Waare sich stellenweise zu einem förmlichen Gewerbebetrieb im Um herziehen gestaltet hat und mithin unter die Bestimmungen über den „Hausirhandel" fallen könnte. Ob für das All gemeine sich diese Zugehörigkeit zum Hausirhandel, zum ' Gewerbebetrieb im Umherziehen juristisch nicht anfechten liesse, diese Frage wagen wir nicht zu entscheiden. — Für den Fall nun, dass ein derartiges Verbot bestände, wer übt die Kontrolle nach dieser Richtung hin aus, und wer bringt den überwachenden Organen die Kenntniss davon bei, was ausländische und was inländische Blumen sind? Will etwa die inländische Konkurrenz selbst die Kontrolle darüber in die Hand nehmen? Sie würde vor einer Aufgabe stehen, von der sie bald einsehen müsste, dass sie ihr nicht gewachsen ist. Es kommt ein zweiter Punkt in Betracht. Durch die Bestimmung, welche aus ländische Blumen vom Gewerbebetrieb im Umherziehen ausschliesst, würde dieser Handel im Umherziehen nicht nur für weitere Umgebungen einer Zentralstelle, von wo aus der Verkauf besorgt wird, unmöglich gemacht, sondern auch in dieser Zentralstelle selbst; ein Verkauf der Blumen von Laden zu Laden in allen grossen oder kleinen Städten würde ebensowenig statthaft sein, wie der Verkauf von Getränken, gebrauchten Kleidern, Gold- und Silberwaaren oder. anderer zu den Ausnahmen gehörenden Artikel. Das hat aber für das heutige geschäftliche Leben — abgesehen von der Beschäftigung zahlreicher Gehülfen — wo dem Ladeninhaber diese Art des Vertriebes zur Nothwendigkeit geworden ist, weil sie ihm sehr viel Zeit und auch Geld spart, viel zu bedeuten. Bekommen und verarbeiten würden die Blumenhändler die Blumen trotzdem, sie könnten sie sich holen, oder als „bestellte Waare“ schicken lassen, ob sie aber denjenigen, denen sie diese Beschränkung zu ver danken hätten, ihre Erkenntlichkeit durch grössere Ab nahme von deutschen Schnittblumen erzeigen würden, möchten wir bezweifeln. Das sind jedoch bei der zu behandelnden Frage nur Nebensachen, die Frage wird dadurch gelöst, dass eine solche Massnahme gegen die ausländischen Blumen allein, vertragsmässig einfach nicht zulässig ist. Eine ausländische Waare, deren freie Einfuhr durch Handelsverträge garantirt ist, darf innerhalb eines Ver tragslandes keiner anderen Behandlung oder Beschränkung bei dem Verkauf unterliegen, als die einheimische Waare, (es sei denn, es kämen gesundheitspolizeiliche Gründe in Frage, und das ist bei den Blumen nicht der Fall.) Aus den Handelsverträgen mit den uns bei dieser Frage an gehenden Ländern geht dieses klar hervor, wie denn ja auch ein Verbot , des Gewerbebetriebes im Umherziehen mit ausländischen Blumen einer Beschränkung der festge legten freien Einfuhr gleichkäme. Es würden sofortige Reklamationen der auswärtigen Regierungen erfolgen, oder, richtiger gesagt, weil sie erfolgen würden, würde kein Reichstag solche Bestimmungen zum Gesetz erheben. Wir müssen uns aber bei Einbringung von Vorlagen an unsere Parlamente auf den Standpunkt stellen, dass nur solche Wünsche geäussert werden dürfen, deren Annahme wenigsten s möglich erscheint, nicht aber von vornherein aussichtslos ist. Die Einfuhr ausländischer Blumen ist frei — da liegt die Stelle, wo der Hebel in Zukunft anzusetzen ist — alle Versuche, durch die innere Gesetzgebung die aus ländische Konkurrenz, soweit sie nicht unlauter ist, zu bekämpfen, müssen aus allgemeinen, politischen und vertragsmässigen Gründen erfolglos bleiben.