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No. 43. Berlin, den 27. Oktober 1895. X. Jahrgang. Eigenthum des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands, Organ des Gartenbau-Verbandes für das Königreich Sachsen, herausgegeben unter Mitwirkung der hervorragendsten Fachmänner des In- und Auslandes. Das „Handelsblatt für den deutschen Gartenbau etc.“ erscheint am Sonntag jeder Woche. Abonnementspreis für Nicht- Verbandsmitglieder in Deutschland und Oesterreich - Ungarn pro Jahrgang 8 Mk. 50 Pf.; für das übrige Ausland 10 M., für Verbandsmitglieder kostenlos. Verantwortlicher Redakteur: C. Junge, Steglitz-Berlin, Geschäftsführer des Verbandes der Handelsgärtner Deutschlands. Verlag: Verband der Handelsgärtner Deutschlands, eingetragen auf Seite 179, Band VI, des Genossenschaftsregisters des Kgl. Amtsgerichts zu Leipzig. Wir bitten, unsere Mitglieder um möglichst schnelle Mittheilung jeder für unsere Zeitung wichtigen Notiz über Tagesereignisse, Personalien, Vereinswesen u. s. w. Grössere, für die Veröffentlichung im Handelsblatte geeignete Artikel werden auf Wunsch honorirt. Portofreiheit. Nur wenige Wochen trennen uns noch von der vor aussichtlichen Wiedereröffnung des Reichstages. Unter den Fragen, deren Erledigung wir in der vergangenen Session angestrebt haben, befindet sich auch die so häufig beklagte und verurth eilte Portofreiheit, welche, auf ein ihnen zugestandenes Recht fussend, eine Reihe deutscher Fürstenhäuser und Reichsunmittelbarer dazu benutzt, um ihrem handelsgärtnerischen Betriebe lästige Unkosten fernzuhalten. Wie weit die Benutzung der Portofreiheit mit oder ohne Wissen der Familienhäupter geschieht, entzieht sich unserer Kenntniss. In No. 12 des Handels blattes vom 24. März d. J. theilten wir mit, dass wir einen der Herren Reichstagsabgeordneten unter Vorlage von Material für diese Sache zu gewinnen gewusst haben, und dass dieser Herr für den Fall, dass wir den Nach weis erbringen könnten, dass diese Ausnutzung der Ver günstigung seitens der betreffenden Stellen weiter fort bestehe, uns zugesagt hat, im Plenum des Reichstages bei der Berathung des Postetats diesen Missstand zur Sprache zu bringen Der von uns daran geknüpften Bitte, uns von den noch vorkommenden Fällen einer portofreien Versendung von Preisverzeichnissen, Briefen, Postpacketen, Geldsendungen u. s. w., welche unter der Benutzung des amtlichen Stempels stattfindet, unter Einsendung der Belege Kenntniss zu geben, hat einen Erfolg nicht gehabt, indem uns nicht ein einziger Fall mitgetheilt worden ist. Unsere Vermuthung, dass eine Abhülfe in dem Missbrauch der Portofreiheit bereits veranlasst ist, wäre nach diesen Resultaten demnach richtig. Wir wiederholen unsere Anfrage, ob unseren Mitgliedern im Laufe dieses Jahres derartige Fälle bekannt geworden sind, trotzdem, da wir der betreffenden Stelle gegenüber die Verpflichtung über nommen haben, sie auf dem Laufenden zu erhalten. Sollten uns Mittheilungen über diese Angelegenheit nicht zugehen, werden wir sie als erledigt ansehen und dürfen wohl annehmen, dass ein Missbrauch der Portofreiheit nach der handelsgärtnerischen Seite hin seitens der be schuldigten Verwaltungen nicht mehr stattfindet. • * # Sind Gärtnerlehrlinge zum Besuche der Fort bildungsschulen verpflichtet? Als Illustration zu diesem Artikel in No. 41 dieser Zeitung diene folgender Vorfall, der sich im Oktober oder November 1888i in Hamburg abwickelte. Einem in der Gärtnerei des Herrn P. (damals Hamburg- Eilbeck) beschäftigten Lehrling wurde seitens seines Lehr herrn der Besuch der Hamburger Gewerbeschule ver weigert, worauf der Vater des Lehrlings den Lehrherrn verklagte. In der stattgefundenen Verhandlung erklärte P., dass er unter keinen Umständen seinen Willen ändern werde. Das Gericht bezeichnete diese Aeusserung als eine „frivole“ und entschied im Uebrigen, dass „ein Lehr ling mit vollem}Recht * von seinem Lehrherrn die Einräumung einer angemessenen Zeit zum Besuch der EGewerbeschule (Fortbildungsschule) bean spruchen dürfe“. Im vorliegenden Fall wurde P. ver- urtheilt, bei einer Strafe von 10 M. für jeden Kontra ventionsfall seinen Lehrling wöchentlich dreimal und zwar jeden Montag, Mittwoch und Freitag Abend je zwei Stunden nach der Gewerbeschule zu schicken. Carl Schmidt. 4