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126 Handelsblatt für den deutschen Gartenbau etc, No. 19 Zur Berufs- und Gewerbezählung. Dem Reichstage hat, zu obigem Gesetzentwurf äusser unserer, in voriger Nummer abgedruckten, nur noch eine zweite Eingabe, die gleichfalls Abänderung einer anderen gewerblichen Zählkarte wünschte, vorgelegen. Beide Eingaben wurden nach dem Beschluss des Reichstages vom 27. März der Regierung zur Erwägung überwiesen. Wir haben gesehen, dass die „Erwägung“ nicht zu der von uns befürworteten Aenderung geführt hat. Damit ist das Schicksal der Zählung für uns nach einer Richtung hin entschieden. Hat die Reichsregierung geglaubt, durch das jetzt beliebte Verfahren die Ausdehnung der „Kunst- und Handelsgärtnerei“ ermitteln zu können, so wird sie sich arg getäuscht fühlen; die für diesen Theil des gärtnerischen Betriebes am 14. Juni ermittelten Zahlen werden ohne allen und jeden Werth sein und alles Andere, nur kein richtiges Bild ergeben. Naturgemäss entfällt der weitaus grösste Theil der deutschen Gärtnereibetriebe auf das Königreich Preussen. Durch die seit 1891 in Preussen geltenden Steuergesetze wird unser Stand im Gegensatz zu der bevorrechtigten Land- und Forstwirthschaft benachtheiligt. Die Grenzen für Steuerpflicht und Steuerfreiheit sind so unbestimmt wie möglich, die Entscheidungen des höchsten Gerichts hofes ebenso verschieden ausgefallen. Was ist der Grund? Einzig der Begrif „Kunst- und Handelsgärtnerei“, einzig die verschiedenartige Auffassung von der Art der Betriebe und die Unmöglichkeit, die Grenze festzulegen: wo hört der — steuerfreie — Gartenbau auf, wo fängt die — steuerpflichtige — „Kunst- und Handelsgärtnerei“ an. Dieser Steuerkampf dauert noch heute fort, an seinem Ausfall ist die gesammte preussische Gärtnerei betheiligt. Nachdem jedoch der höchste preussische Gerichtshof entschieden hat: „Wer sich heute als „Kunst- und Handelsgärtner“ bezeichnet, erkennt die Steuer pflicht für seinen Betrieb im Prinzip an“ (siehe Seite 55 ds. Jahrgangs), wird man sich nicht wundern dürfen, wenn ein sehr grosser Theil der preussischen Handelsgärtner sagt: „Wir betreiben die so und so vielen Hektare oder Are nicht „kunst- und handelsgärtnerisch“, sondern nur „gärtnerisch“. Die einfache Folge davon ist, dass der Raum für die Beantwortung der Frage 2b: „davon für die Zwecke der Kunst- und Handelsgärtnerei“ in allen den gedachten Fällen unausgefüllt bleibt. Diese Thatsache allein genügt, um die Unvollständigkeit des auf die jetzige Weise gewonnenen Materials klarzulegen und dessen Werthlosigkeit als Massstab für die Ausdehnung des gärtnerischen Berufes zu beweisen. Diese in der preussischen Gesetzgebung bedingten Ursachen werden bei der Berufs- und Gewerbezählung aber eine schädigende Wirkung auf die gesammte deutsche Handelsgärtnereihaben und in deren Interesse müssen wir uns auch noch nach einer anderen Richtung hin mit den Fragekarten beschäftigen. Wenn wir vorhin nachzuweisen versucht haben, dass ein grosser Theil unserer Kollegen die Unterfrage nicht beantworten wird, so ist es andererseits ebenso zweifellos, dass viele Gärtner dennoch die Beantwortung geben würden. Hier entsteht nun die Gefahr, dass man an amtlicher Stelle die bei der Zählung so gewonnenen Angaben über einen Theil unserer Betriebe diesen Teil für deren Ganzes hält; wir brauchen nicht auszuführen, welchen Nachtheil dies für uns bei allen Schritten zur Erlangung von Vortheilen für unseren Beruf den Behörden gegenüber haben würde. Die Behörden würden unser Fach in Betreff seiner Be deutung nur nach dem amtlichen Material betrachten und da allerdings wohl noch weniger geneigt sein, uns Gehör zu geben als bisher. Wir bedauern, durch das geringe Entgegenkommen der Regierung gezwungen zu sein, im Interesse unseres Berufes die vielleicht gut gemeinten Absichten derselben durchkreuzen zu müssen. Die Reichsregierung glaubt, durch die Zählkarten ein richtiges Bild über die Ausdehnung der „Kunst- und Handelsgärtnerei“ zu bekommen, wir glauben, nach gewiesen zu haben, dass dieser Zweck nicht erreicht werden wird. Um den vorhin angedeuteten Schädigungen unserer Interessen entgegenzutreten, bleibt uns nichts übrig, als allen Handelsgärtnern den Rath zu geben: Gebe jeder die gärtnerisch benutzte Fläche so genau wie möglich an, lasse aber jeder die Unter frage: „davon für die Zwecke der Kunst- und Handelsgärtnerei“ unausgefüllt! Ist es doch selbst der Gesetzgebung sowie den höchsten Behörden bisher nicht gelungen, das, was unter „Kunst- und Handels- gärtnere?' zu verstehen ist, klar und deutlich auszudrücken. Wir bitten unsere Mitglieder, auch ausserhalb des Verbandes in diesem Sinne wirken zu wollen, auch wir werden es an einer weiteren Agitation nicht fehlen lassen. * * Jagdscheingesetz. Dem preussischen Abgeordnetenhause ist soeben der Entwurf eines Jagdscheingesetzes zugegangen, welches die Ertheilung, Versagung und Entziehung eines Jagd scheines, die für einen solchen zu entrichtende Gebühr und die bezüglichen Strafbestimmungen für das preussische Staatsgebiet einheitlich regelt. Im Allgemeinen schliesst sich der Entwurf den dies bezüglichen Bestimmungen des Jagdpolizeigesetzes vom 7. März 1850 an und berücksichtigt die Bestimmungen des Wildschadengesetzes vom 11. Juli 1891. Es bedarf nach wie vor Jeder eines Jagdscheines, welcher die Jagd aus übt. Dabei ist wie bisher kein Unterschied, ob die Jagd auf eigenen, gepachteten oder fremden Grundstücken aus geübt wird. Eines Jagdscheines bedarf Derjenige daher nicht, welcher nach § 16 des Wildschadengesetzes durch die Aufsichtsbehörde ermächtigt ist, in seinen Obst-, Gemüse-, Blumen- und Baumschulenanlagen Vögel und Wild, welche in den genannten Anlagen Schaden anrichten, mittelst Schusswaffen zu erlegen, oder wem nach § 13 des Wildschadengesetzes die Genehmigung ertheilt ist. das auf sein Grundstück übertretende Roth- und Dam wild auf jede erlaubte "Weise zu fangen und zu schiessen. In diesen Fällen vertritt die Ermächtigung die Stelle des Jagdscheines. Da ein Jagdschein nur für Den erforderlich ist, welcher die Jagd ausüben, d h. jagdbare wilde Thiere aufsuchen und erlegen will, so ist zur Vertilgung der dem freien Thierfange unterliegendem Thiere, z. B. Kaninchen, ein Jagdschein nicht nöthig. In allen diesen Bestimmuug weicht das Jagdschein gesetz von den bisherigen Gesetzesvorschriften nicht ab. Dagegen sind die Kosten für den Jagdschein gegen früher wesentlich erhöht. Während bisher ein Jagdschein nur 3 Mark für ein Jahr kostete, beträgt die Gebühr nach dem vorliegenden Entwurf 20 M. Für den Schutz der gärtnerischen Grundstücke ist diese Erhöhung auf jeden Fall von Nachtheil. Die Jagdpächter und die meisten Jagdliebhaber werden sich zwar durch diese Mehrausgabe nicht davon abhalten lassen, weiter ihr Jagdvergnügen auszuüben; denn im Verhältniss zu ihren übrigen Aus gaben hierfür, wie Bahnfahrt, Hotelkosten, Entschädigungs- und Kurkosten für angeschossene Treiber, Tribut an den Wildprethändler für das nicht geschossene, aber für die liebende Gattin als Beweis der Einträglichkeit des Jagd vergnügens nothwendige Wild und dergl. mehr, ist der Mehrbetrag von 17 Mark jährlich ja nur eine kleine Aus gabe. Für den Gärtner jedoch, welcher mit erheblichen Kosten sein verhältnissmässig kleines Grundstück ein- gefriedigt hat, um dadurch das Recht zur Ausübung der Jagd auf demselben zum Schutze seiner Pflanzen zu er-