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Bodentiefe, die Bodenzusammensetzung bedingt, nicht angehören. Da ist die Pflanzensoziologie ein trefflicher, nie versagender Berater. Aber auch die Pflanzensozio logie gibt zunächst nur die Pflanzenarten, und zwar nicht nur in bezug auf Baum und Strauch, sondern auch in bezug auf Kraut-, Stauden- und Grasvegeta tion, an. Wieder haben wir auch jetzt nur die Teile, die das geistige Band zu binden hat. Die Artenauslese ist gege ben, aber wie sind die Pflanzen zu verteilen, in welchen Mengen, in welcher Zusammensetzung und Mischung sind sie auf ihrem zukünftigen Standort anzuordnen? Jetzt müssen wir uns den Wald als Vorbild schon genauer ansehen. Die großen raumbildenden Bäume stehen je nach Art und Alter gedrängt, locker, verein zelt, sie lassen Licht durch oder schließen es ab, sie gehen tief mit der Wurzel oder flach, sie gestatten lichtdurchlassend und tiefwurzelnd eine reiche Bei vegetation, z. B. die Eiche, oder flachwurzelnd und lichtabschließend unterdrücken sie ihre Pflanzenbeglei tung ganz oder teilweise, so Buche und Fichte. In den windgeschützten Randpflanzungen bilden einzelne Ge hölzarten wuchernde, aus dichtem Wurzelausschlag entstehende Gruppen einer Art, z. B. die Schlehe, Brombeere, der Hartriegel. Andere kommen mehr ver einzelt vor, wie Pfaffenhütchen und Schneeball. Unter welchen Umständen entwickeln sich am Waldrande begleitende Stauden, wie Veilchen, Glockenblume, Platterbse und andere? Wo, wie und wann entwickeln sich im Waldinnern Begleitpflanzen, wie Maiglöckchen, Salomonssiegel, Einbeere, Orchideen und Wind röschen? Welche dieser Pflanzen erscheinen licht hungrig im frühesten Frühling, welche im Sommer und Herbst? Wie setzt sich der Rasenteppich zusam men auf der Sonnenseite, wie auf der Schattenseite, wie im Feuchten, wie im Trocknen? Bei vorhergehender Ganzheitsbetrachtung können wir dann im weiteren Verlauf auch das Einzelwesen, das einzelne Glied der Waldlebensgemeinschaft betrachten, was wir anpflanzen wollen und müssen. Wir müssen uns dabei immer vergegenwärtigen, welche Rolle das Einzelwesen in dem Gemeinschaftsleben spielt, welche Rolle ihm zugeteilt, welche Aufgabe es zu erfüllen hat. Auch ist zu erkennen, wo es dementsprechend fehl am Platze ist. Daß zur Erhaltung des Pflanzenlebens eine, wenn auch beschränkte Anzahl von Tierleben notwendig ist, braucht hier eigentlich nicht noch einmal erwähnt zu werden, insbesondere gehört die Vogelwelt in unsere Gärten. Gartenfeinde tierischer und pflanzlicher Art finden sich ein; wir bekämpfen sie, wo es angängig, am besten biologisch in gleicher Art, in der der Wald sie be kämpft. Wiesel und Igel halten die Maus in Schach, Schlupfwespe zehntet die Raupen, Regenwurm lüftet den Boden. Nun wird der Gartengestalter aber fra gen, wenn ich so in der Wahl meiner Ge hölze, Stauden, Gräser beschränktbin, wo bleibe ich dann mit den schönen Pflanzen, die aus dem Ausland und durch gärtnerische Züchtung entstan den? Soll und darf ich nun als Pflanzensoziologe Kastanie und Platane, Robinie, Tulpenbäume usw. nicht mehr verwenden, wo bleibe ich mit Flieder, Weigelie, Deutzie, Hamamelis? Nun in der freien Land schaft, z. B. auf den Grünflächen der Reichsautobah nen, an unseren Fluß- und Seeufern, an den Talsper ren und Stauseen, an den Straßen und Wegen, an den Rainen und Bachufern, da sollte man sich strenge be schränken auf das bodenständige Pflanzmaterial; denn nur damit kann man das Arteigene der Landschaft er halten und wiederherstellen. Aber im Stadtilmern in beschränktem Maße, auch im Dorf, im umfriedeten Park und Garten, auf dem Friedhof, da können die oft sehr schönen Fremdlinge mitverwendet werden. Da kann man nun keine Regeln angeben, die äußere Er scheinung der Roßkastanie sagt uns: „ich liebe nahr haften, tiefgründigen Boden, denn mein Blattwerk muß viel verdunsten“, oder die Robinie, die Gleditschia sagen uns in ihrer äußeren Erscheinung: „ich kann trocken stehen, mein Blattwerk verdunstet wenig“. So ist es wohl auch mit den Stauden. Die Chinesische Paeonie sagt uns: „ich will fruchtbaren guten Boden“ und Gypsophila oder Eryngium sagen uns: „wir sind Trockenpflanzen“. Die häufige Ganzheitsbetrachtung der heimischen Pflan zengesellschaften hat in uns allmählich das Gefühl ge stärkt, zu erkennen, was zusammengehört. Hamamelis wird z. B. neben Haselnuß nicht fremd stehen, und die meisten Bäume und Sträucher werden sich nun rein gefühlsmäßig in diese oder jene Pflanzengemeinschaft einreihen lassen, sie werden mit dem Heimatlichen im Garten zu einer Einheit verschmelzen*). Natürlich hat man dabei immer zu beachten, ob der Garten oder Park in naturnaher Form angelegt ist, dann sind aller dings weitere Beschränkungen sehr am Platze. Wenn der Garten in regelmäßiger, dem Hause oder der Wirt schaft angepaßter Form erscheint, kann man reich haltiger seine Pflanzenzusammenstellungen machen. Aber auch im kleinen Garten wird die Lebensgemein schaft der Pflanzen nur dann von Dauer sein und nur dann befriedigen, wenn die Lebensgesetzmäßigkeiten, die die Waldlebensgemeinschaft uns lehrte, weitgehend beachtet werden. So sei der Wald uns Lehrer und Erzieher. Wissen und Kenntnisse aber reichen nicht aus zur schaffenden Tat, zu einsichtigem, richtigem Handeln. Dazu gehört schöpferische Kraft und Gestaltungsfähigkeit. Möge der Wald dem schaffenden Garten gestalter die Erkenntnis geben, bei jeder Gartenerstellung schöpferische T at in formvollendeter Art zu gesunder, ausgeglichener Gartenlebensgemein schaft zu entwickeln. *) (Hier sei auf das neue Werk „FremdländischeWald- und Parkbäume" von C A. S c h e n k , Verlag Paul Parey, Berlin, verwiesen, das in seinen drei Bänden — 1. Klimasektio- nen und Urwaldbilder, 2. Nadelhölzer, 3. Laubhölzer wert volle Anhaltspunkte für die Wahl der Standorte dieser Gehölze gibt. Für die richtige Verwendung der einheimischen Gehölze und Kräuter bietet sich jetzt in dem Heft „Die Pflanzen soziologie in der Land Schafts- und Garten gestaltung“ von Gartenbau-Oberlehrer L. Kniese, Verlag Rud. Bechtold & Comp., Wiesbaden, eine bestgeeignete Unterlage. D. Schriftleitung.)