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Bild 6: Notwendig ist eine gesetzliche Ver ankerung des grundsätzlichen Bechts der Allge meinheit auf den ungehinderten Zutritt, zu den landschaftsbestimmenden Gewässern ihrer Heimat. Badestelle an der Dahme. Bild 7: Es geht nicht, daß die Qeffentlichkeit in der Zutrittsmöglichkeit zum Ufer auf die jenigen Stellen beschränkt wird, die wegen ihrer ungünstigen Lage gerade keine Käufer gefunden haben. Eine Badestelle bei Köpenick ist zwischen Fa briken. Schuppen. Brandgiebeln als öder Sand- l>latz der Oeffentlichkeit verblieben. Trotz dieser frühzeitigen Versuche, eine zum Nutzen weniger und zum Schaden der Allgemeinheit einsetzende Entwicklung zu verhindern, ist gerade in den letzten 30 Jahren die Inan spruchnahme der Ufer für private Zwecke immer weiter fort geschritten. Daran vermochte auch ein Erlaß des Ministers für Volkswohlfiahrt vom 4. Oktober 1920 nichts zu ändern, in dem es u. a. heißt; „Der Wunsch der Bevölkerung, insbesondere ihres wander- frohen Teiles, die Ufer der Seen und Flüsse ihrer Heimat für den allgemeinen Verkehr freizulassen, ist durchaus berechtigt. Nur allzu oft ist der Allgemeinheit der Zugang zu den See- ufern durch Ansiedlung mit Gittern und Zäunen versperrt. Wenn auch das Recht der Allgemeinheit auf 'die Seeufer noch nicht gesetzlich festgelegt ist, so bietet doch auch schon die bisherige Gesetzgebung den Gemeinden Handhaben, um die Freihaltung der Seeufer vor einer Bebauung durch Flucht linienfestsetzung zu schützen und die für Uferwege erforder lichen Flächen im Wege der Enteignung zu erwerben.“ Wie im Gegensatz zu diesem Erlaß die Tatsachen beweisen, hat in Wirklichkeit die bisherige Gesetzgebung jedoch den Ge meinden nicht genügend Han d h a b e n gegeben, die Freihaltung der Ufer zu sichern, bzw. haben die Gemeinden von den gegebenen Möglichkeiten nicht den erforderlichen Gebrauch gemacht. Jahr für Jahr gingen und gehen noch heute neue Uferflächen der Oeffentlichkeit verloren. An dieser Entwicklung vermochte auch ein zwei Jahre später erlassenes Gesetz nichts zu ändern, das eigentlich nur deswegen unsere Aufmerksamkeit verdient, weil in 'diesem am 29. Juli 1922 vom Preußischen Landtag beschlossenen „Gesetz zur Erhaltung des Baumbestan des und Erhaltung und Freigabe von Uferwegen im Interesse der Volksgesundheit“ (vgl. Aufsatz des Verfassers in Heft 3 der „Gartenkunst“, Jahrg. 1941) erstmalig ein gewisses Recht auf die Erhaltung von Uferwegen für die Oeffentlichkeit gesetzlich ver ankert wird. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang, daß ursprünglich im Gesetzentwurf auch die Möglichkeit zur Schaf fung neuer Uferwege vorgesehen war, diese Formulierung aber im Landtag eine Abschwächung dahingehend erfahren hat, daß die Freihaltung lediglich auf bereits bestehende Wege be schränkt wurde. Wir sehen also — wie hätte es in jener so gänzlich von egoistisch-materiellen Interessen beherrschten Zeit auch anders sein können —, daß selbst den 'zaghaft unter nommenen Versuchen, wenigstens Durchgangsmöglichkeiten für die Allgemeinheit zu retten, in einem entscheidenden Punkte die Spitze abgebogen wurde. Aber auch abgesehen davon, daß es sich hier um ein Landesgesetz handelte, das lediglich für Preußen Gültigkeit hat, muß die darin enthaltene gesetzliche Möglichkeit als vollkommen ungenügend angesehen werden. Es kann sich nicht 'darum handeln, öffentliche Durchgangs- möglichkeiten zu schaffen, sondern es geht darum, die Ufer- landschaft in ihrer natürlichen Form der Allgemeinheit zu er- halten. Es soll dabei nicht verkannt werden, daß die Industrie vielfach Ufergrundstücke in Anspruch nehmen muß — aller dings wird sie sich in den weitaus meisten Fällen auf die künst ¬ lichen Wasserstraßen der Kanäle beschränken. Es ist ebenfalls selbstverständlich, daß Bootswerften und Wassersport ihren Platz am Wasser beanspruchen müssen, und es werden auch vielfach Restaurationsbetriebe am Ufer erwünscht sein. Bei allen diesen Anlagen aber ist Vorausset z u n g , daß sie in ihrer Form und A u s f ü h r u n g i n die Uferlandschaft eingefügt werden und nicht, wie es vielfach der Fall ist, diese mit protzi gen Bauten verunzier e n oder d u r c h u n o r d ent liehe und p r i m i t i v e Sch u p p e n v e r s c h andeln (s. Bild 5). Nicht aber kann die Notwendigkeit anerkannt wer den, daß private Villen- und Wochenendgrundstücke Wasser fronten in Anspruch nehmen, mit ihren Bauten die Uferflächen umsäumen, mit landschaftsfremder künstlicher Flora die hei mischen Ufergehölze verdrängen und vor allem den öffentlichen Uferverkehr zerschneiden. Es geht dies teilweise so gar so weit, daß zu gewissen großen Seen die Oeffentlichkeit n u r n o c h a n e i n i g e n r e s e r - vierten Aussichtspunkten Zutritt hat (s. Bild 6). Hier muß im Zeitalter des Gemeinschaftsprinzips ein Wandel geschaffen werden, und es ist nicht unbillig zu verlangen, daß einige Wenige zugunsten der Allgemeinheit verzichten müssen. Es müssen ferner die Fließe, Seen und Flüsse vor einer Ver gewaltigung durch Maßnahmen der Kulturbau- und Wasserbau- technik geschützt werden, wenn auch hier, besonders infolge der unermüdlichen aufklärenden Arbeit von Reichslandschafts- anwalt Prof. Seifert, in der letzten Zeit schon ein Wandel der Anschauung 'und eine teilweise Umstellung auf die Forde rung eines naturnäheren Denkens erfolgt ist und neuerdings durch die E inschaltung v o n L a n d s c h a f t s a n w ä 1 - t e n eine Wiederholung der schwerwiegendsten Mißgriffe ver hütet werden wird. Trotzdem wird auch in dieser Beziehung erst eine einheitliche gesetzliche Maßnahme den erwünschten Erfolg verbürgen. Es sei daher als Ergebnis dieser Ausführun gen zusammenfassend festgestellt: Notwendig ist eine