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Fläche, auf der Tausende von Menschen auf einem Sandplatz zusammengepfercht sind. Der Charakter dieser Land schaft aber ist damit endgültig verloren gegangen (s. Bild 3). Die Notwendigkeit der Sicherung und Erhal tung der Uferlan d schaft für die Allgemein heit istschon früher vonvielenSeiten erkannt worden (s. Bild 4). So führt bereits in einer Rundverfügung vom 6. Juni 1911 der damalige Regierungspräsident in Potsdam u. a. folgendes aus: „Die Terraingesellschaften und Grundstücksspekulanten suchen in der näheren und weiteren Umgebung Berlins mit Vorliebe solche Gegenden baulich zu erschließen, welche ein durch Wasserflächen belebtes Landschaftsbild darbieten und welche weiterhin durch jene Wasserflächen Gelegenheit schaffen, den Wassersport vom eigenen Besitz aus zu betreiben. Bei den Verkäufen werden dann in erster Linie die mit Wasserfront versehenen Grundstücke verkauft, weil für diese gerade wegen ihrer Lage am Wasser besonders hohe Liebhaberpreise gezahlt werden. So ist durch Parzellierung der Zutritt zu einem großen Teil der märkischen Wasserstraßen- und Seen flächen unmöglich gemacht. Diese Entwicklung muß letzten Endes zu dem unerwünschten Ziel führen, daß einer der Hauptreize unserer märkischen Landschaft der Allgemeinheit völlig verschlossen wird und lediglich einzelnen Villen besitzern zur Verfügung steht.' 1 Der Regierungspräsident erklärt dann, daß es notwendig sei, rechtzeitige Maßnahmen gegen die unerbittliche Entwicklung zu treffen und schließt mit dem Satz: „Ich ersuche hiernach ergebenst, eine systematische Prüfung der durch Seen und Wasserläufe ausgezeichneten Gebiete vor zunehmen und die Gemeinden nachdrücklichst zu veranlassen, rechtzeitig durch Beschlußfassung oder Festsetzung von Bau fluchtlinien zum Zwecke der Anlegung von Uferstraßen oder Uferpromenaden die Zugänglichkeit der Wasserflächen zu er halten oder für die Zukunft zu sichern.“ Bild 4: Die Notwendigkeit der Sicherung der Uferlandschaft für die Oeffentlichkeit ist schon früher von vielen Seiten erkannt worden. Ein vorbildlicher Uferweg am Ostufer der Dahme. Bild 5: Bootswerften und Wassersport beanspruchen ihren Platz am Wasser. Voraussetzung ist jedoch, daß jene in ihrer Form und Ausführung sieh der Uferlandschaft einfügen. Baracken und Bootsschuppen bei Köpenick. suchen, inwieweit auch für diese eine im Sinne des Ge- meinschaftsgedankens liegende Regelung gewährleistet werden kann. Es könnte hier vielleicht die Frage erhoben werden, wieso die Uferflächen eines gesetzlichen Schutzes bedürfen, und welches Interesse die Allgemeinheit an diesem hat. ‘ Denn während die Notwendigkeit zur Schaffung eines einheitlichen Reichswassergesetzes schon hinsichtlich der vielfachen hier zusammenstoßenden Interessen offensichtlich ist, von denen nur z. B. die Fischerei, Reinwasserbedarf, Wasserkraftnutzung, Verkehr und Sport genannt seien, kann die Forderung zur Schaffung eines Gesetzes zum Schutz der deutschen Uferlandschaft nur mit der Notwendig keit der Erhaltung von unmessbaren und unwägbaren Werten begründet werden. Aber wir dürfen heute in einer Zeit leben, in der gerade die Dinge des Herzens und die Werle der Seele wieder den ihnen gebührenden Platz in unserem Volke ein zunehmen im Begriff sind. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die Gewässer und ihre Ufer das Gesicht der Landschaft u n d damit das Bild unserer Heimat entscheidend bestimmen (s. Bild 1). Für wen ist wohl das Wort Heimat nicht mit der Vision eines Stromes, Fließes, eines Sees oder eines sonstigen Gewässers verknüpft, an dessen Ufer man bewußt oder unbewußt einmal das Bild der heimat lichen Landschaft für alle Zeiten in sich aufgenommen, hat? Wie aber ist es, wenn man nach Jahren die Stelle wieder sucht, an der sich einmal die Seele der Heimat offenbarte, und findet statt des lieblichen Fließes einen betonierten Kanal oder statt des Uferwaldes eine Villenkolonie? Vielleicht aber kann es auch geschehen, daß der Zugang zu dem Gewässer gänzlich mit Zäunen versperrt ist, weil geschäftstüchtige Maxner die üppigen Uferwiesen inzwischen in Wochenendgrundstucke verwandelt haben! , Es ist eine selbstverständliche Pflich 144, Bild unsere r Gewässer u n d U f e r 1 a n d s c n " c " unzerstört nicht nur uns, son dern auch späteren Geschlech tern, so ursprünglich wie nur möglich, zu erhalten (s. Bild 2). Wie aber sieht es in Wirklichkeit damit aus? Weiher und Teiche verschwinden durch Trockenlegung; Fließe sind begradigt und in Gräben verwandelt; Flüsse rinnen in Betonbetten; der Uferwald ist der Axt zum Opfer gefallen und an den Rändern der Seen und Ströme entstanden und entstehen noch heute immer neue Kolonien stilistisch oft unerträglicher Villen, Wochenendhäuser, Lauben und Buden, soweit sie nicht bereits von Industriewerken oder Gaststätten in An spruch genommen sind. So wird nach und nach, besonders in der Nähe der Städte und Ortschaften, der Allgemeinheit der letzte Anteil an der deutschen Uferlandschaft ent zogen. Für das Volk verbleibt vielleicht zum Schluß eine als Freibad ausgewiesene